Der geläuterte "Super-Räuber" hat eine Mission

Friedrich Olejak will Häftlingen und ihren Angehörigen helfen.
Friedrich Olejak saß 28 Jahre in Haft. Nun will er Häftlingen und ihren Angehörigen helfen.

"Da drinnen ist noch ein Steckschuss", sagt Friedrich Olejak und zeigt auf seinen Arm. "Da ist auch noch eine Kugel". Er greift sich an die Seite. "Vier Mal bin ich im Bauch getroffen worden." Friedrich Olejak ist einer, den Zeitungen in den 1980er-Jahren "Super-Räuber" oder "Gangster" nannten. "Ich bin halt ein Krimineller", sagt der Wiener über sich selbst. 28 Jahre verbrachte er hinter Gittern. Jetzt will er selbst Häftlingen und ihren Angehörigen helfen.

"AufGefangen" heißt der Verein, dessen Obmann Olejak seit Kurzem ist. "Wir arbeiten mit Anwälten, Sozialarbeitern und Psychologen zusammen", sagt er. Der Experte für Haft, das ist er selbst.

Olejak lacht viel und laut. Er ist leidenschaftlicher Billard-Spieler und Raucher. Und seit einigen Jahren in Pension. "Ich mache das, weil ich die Mittel dafür habe", sagt er und meint damit nicht das Geld – Olejak bezieht Mindestsicherung. "Aber ich kenne die Leute."

Kriminelle Karriere

Der 68-jährige ist geläutert, sagt er. Über seine Vergangenheit spricht er offen. "Ich bin aus einem guten Haus gekommen. Aber seit meinem zwölften Lebensjahr war ich kriminell, ich hab’ allein 300 Räder gestohlen, später Mopeds, dann Autos."

Olejaks Biografie gäbe Stoff für mehrere Filme her. 1970 überfiel er eine Dorotheum-Filiale in Wien. 1983 schoss er einen Komplizen in den Bauch, weil ihm dieser Geld schuldete, und er überfiel mehrere Banken. Als die Polizei vor seiner Tür stand, griff er zur Maschinenpistole, doch seine Schüsse gingen ins Leere. Olejak wurde angeschossen und überlebte schwer verletzt.

Schon in Haft, stellt sich heraus, dass er mit einem Komplizen den damaligen Chef der Avanti-Tankstellen, Hannes Nouza, kidnappen wollte. In der Justizanstalt Garsten brachte er dann tatsächlich einen Menschen in seine Gewalt: Bei einer Weihnachtsfeier überwältigte er den Diözesanbischof Maximilian Aichern aus Linz, wurde aber vom Gefängnisdirektor gestoppt.

Der geläuterte "Super-Räuber" hat eine Mission
Friedrich Olejak

"Das war eine wilde Zeit damals", sagt Olejak. "1983 hatte ich vier Frauen und vier Wohnungen. Aber ich war nie der Boss, ich war immer Mitläufer." Er hat viele Justizanstalten von innen kennen gelernt. "In den Gefängnissen gibt es Potenzial. Man könnte aus den Leuten etwas machen", meint er. Er selbst habe in Haft Büroarbeiten übernommen, viel gelesen, heimlich mit den anderen Insassen Lotto gespielt. Eine Erbschaft hat Olejak für einen gemeinschaftlichen Billard-Tisch geopfert, und vom Fernsehen lernte er, wie man Autos knackt. "Das hätt ich sonst gar nicht gewusst."

"Schon wenn man einfährt, sollte man mit einer Ausbildung beginnen", meint er. "Ich hab’ einen Räuber gekannt, der hat im Gefängnis Fremdsprachen studiert und ist jetzt Dolmetscher. Aber das ist die große Ausnahme. Schon Deutsch-Kurse sind ein großes Problem, weil du ja auch Justizwache brauchst, zum Aufpassen."

Stigmatisiert

Auch für die Angehörigen eines Häftlings tun sich große Hürden auf. "So etwas bricht herein. Und die Familien haben niemanden, der sie unterstützt", sagt Anwältin Astrid Wagner, die sich im Verein AufGefangen engagiert. "Für die Familie ist das oft eine Schande, Menschen wenden sich ab. Angehörige werden stigmatisiert", weiß sie. Ihnen wolle man beistehen, etwa in Kooperation mit einem Psychotherapeuten. "Aber es geht auch um ganz alltägliche Fragen wie: Was darf ich an Kleidung ins Gefängnis mitnehmen? Woher sollen die denn wissen, was sie genehmigen lassen müssen?"

Es geht aber auch um Menschen, die nach langer Zeit in Haft kein Netzwerk haben. "Ich hatte damals Glück", sagt Olejak. "Von Freunden hab’ ich einen Wohnplatz bekommen, aber einen Job zu finden, war schwer. Mit 62 und schwer vorbestraft – da will dich keiner. Über Bekannte konnte ich dann als Aufpasser im Stundenhotel arbeiten", sagt er – und weiß, dass er eine Ausnahme ist. Der Verein will auch Ratgeber und ein Platz zum Austausch sein. Treffen gibt es regelmäßig.AufGefangen – Hilfe für Menschen in Haft und deren Angehörige

Kommentare