Demo aufgelöst: Pegida trat auf der Stelle

Aufmarsch in Wien
Hitlergrüße, Flaschenwürfe: Gegendemonstranten behinderten die erste Pegida-Veranstaltung in Wien.

Friktionsfrei ging die erste Demonstration der Pegida in Wien nicht über die Bühne. Nach einer stundenlangen Blockade auf der Freyung in der Innenstadt beendete die Polizei die explosive Situation. Pegida-Anhänger und linke Gegendemonstranten standen einander gegenüber und skandierten Parolen. Es kam auch zu Handgreiflichkeiten, Flaschen flogen. Um kurz nach 20 Uhr ließ die Polizei durchsagen, dass die Demo aufgelöst wird. Die Polizei hatte die Gruppen eingekesselt und wollte die Teilnehmer einzeln kontrollieren - auch unsere Reporterin Birgit Seiser. Sie wurde ins Polizeiauto abgeführt, ihre Daten wurden aufgenommen. Die Kontrollen dauerten noch bis spät in den Abend.

Demo aufgelöst: Pegida trat auf der Stelle

Was war passiert? Der heimische Pegida-Ableger wollte ursprünglich mit 600 Mitgliedern erstmals in Österreich gegen die "Islamisierung des Abendlandes" demonstrieren. Mit dabei: der frühere Dritte Nationalratspräsident Martin Graf von der FPÖ, auch einige Identitäre wurden gesichtet. Um 18:30 wollte der Zug loslegen, von der Freyung über Graben und Kohlmarkt hin zum Michaeler Platz, später wieder zum Ausgangspunkt. Doch es fanden sich auch auf der Freyung Gegendemonstranten ein - es kam zu brenzligen Situationen. Unser Reporter Dominik Schreiber berichtete davon, dass die Polizei Identitätsfeststellungen durchführte. Unter die "Pegida"-Anhänger hatten sich offenbar auch Neonazis gemengt. Denn sowohl der Hitlergruß als auch der so genannte "Kühnengruß" wurden mehrfach beobachtet. Die Polizei twitterte dazu, alle Einsatzkräfte seien angewiesen, Verstöße gegen das Verbotsgesetz zu ahnden, "falls der Zugriff möglich ist".

Eine Verletzte

Die beiden Demo-Gruppen wurden von einem Kordon behelmter Polizisten getrennt. Nahezu zwei Stunden lang standen einander Pegida und NoPegida skandierend und provokant gegenüber. "Lügenpresse"-Sprüche wurden von "Nieder mit Pegida"-Schreien zurückgeworfen. Auf beiden Seiten gab es Vermummte, die Stimmung war aufgeheizt. Die Pegida-Demonstranten versuchten schließlich die Blockade der Linken zu umgehen und die Freyung in einer anderen Richtung zu verlassen. Es kam auch zu Flaschenwürfen zwischen den gegnerischen Seiten. Auch Fäuste flogen, ein Rauchkörper wurde abgefeuert. Die Situation war auch chaotisch, als Pegida Wien-Sprecher Georg Immanuel Nagel per Megafon Botschaften an die Teilnehmer kundtun wollte, wurde er dabei sogar von eigenen Anhängen immer wieder gestört.

Die "Offensive gegen Rechts" beklagte am Abend auch eine verletzte Aktivistin. Wie eine Sprecherin mitteilte, wurde eine Frau nach Auflösung der "Pegida"-Demo von Männern verfolgt, niedergeschlagen und auch am Boden noch getreten. Die Frau ist nach Angaben der "Offensive gegen Rechts" in Spitalsbehandlung.

Schließlich beendete die Polizei die Pattstellung und schickte alle nach Hause - Pegida konnte nicht marschieren. Als Niederlage wollte man das aber nicht sehen: "Wir werden wiederkommen", so ein Sprecher. Im Gespräch mit der APA konkretisierte Sprecher Georg Immanuel Nagel, dass bereits kommende Woche eine neue Kundgebung geplant sei, an welchem Tag ließ er offen. Festnahme gab es zunächst nur eine und zwar "nach Verwaltungsstrafrecht".

Demo aufgelöst: Pegida trat auf der Stelle
ABD0129_20150202 - WIEN - ÖSTERREICH: Gegendemo gegen die Pegida-Kundgebung (für "Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes") am Montag, 2. Februar 2015, in Wien. Im Bild: Ein Teilnehmer der Pegida Kundgebung (vorne mit weisser Kapuze). - FOTO: APA/HERBERT P.OCZERET

Dabei sollten die beiden Demonstrationszüge einander nicht in die Quere kommen, alle sollten auf ihren Routen bleiben. Von etwaigen Blockadepunkten der Gegendemonstranten, wie am vergangenen Freitag, war der Polizei nichts bekannt. Die Beamten wollten bei ihrer Taktik mit "Dialog und Deeskalation" bleiben. Die Polizei ist mit 1.200 Beamten im Einsatz.

Gegenveranstaltung größer

Die Hauptveranstaltung der Pegida-Gegner marschierte gleichzeitig friedlich Richtung Stephansplatz. Sie waren weit in der Überzahl. Bereits am späten Nachmittag versammelten sich Hunderte beim Museumsquartier, die Polizei sprach schließlich von 5000 Teilnehmern, als sich der Zug in Bewegung setzte.

Nachdem der Demonstrationszug sein Ziel erreicht hatte, waren noch einige Reden geplant. Linke Gruppen versuchten jedoch auch an anderen Punkten in der Wiener Innenstadt, die Pegida-Demonstration zu stören. Die Sperren in der Innenstadt wurden zuletzt ein wenig geändert. Der Graben war schließlich wieder frei begehbar, an den Tuchlauben blockierte die Polizei allerdings ein paar dutzend linksgerichtete Demonstranten, um diese am Vordringen Richtung Freyung zu hindern.

Die NOWKR-Gruppe hatte übrigens zuvor ihren Rückzug angekündigt: Beim nächsten Akademikerball werde es keine eigenen Aktionen mehr geben. "Die Strategie der Polizei habe eine effektive Störung des Akademikerballs" verhindert, meinen die Linksaktivisten. Polizeipräsident Gerhard Pürstl gelang damit am Freitag offenbar ein Erfolg.

Die Wiener Linien hatten sich ebenfalls auf die Situation eingestellt und empfahlen, auf die U-Bahn auszuweichen. Die U1 und U3 haben am Stephansplatz vorübergehend aber auch den Betrieb eingestellt. Die Straßenbahnen waren beeinträchtigt, die innerstädtischen Autobuslinien wurden eingestellt. Auch der Ring wurde gesperrt.

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Auch in München wurde demonstriert - für den Frieden. Mehr dazu hier.

Jetzt gibt’s also auch Pegida Österreich — und die Stimmung in Österreich ist kaum anders als in Deutschland. Viele Bürger haben das Gefühl, dass ihr Sorgen und Ängste von Politik und Medien kleingeredet wurden. Davon profitiert hat bisher die FPÖ.

Aber Österreicher sind anders als Deutsche und vertreten ihre Meinung nicht so gern öffentlich. Deshalb wird Pegida Österreich kaum so groß werden wie das deutsche Pendant. Außerdem übernehmen gerade die Regierungsparteien deren Themen, weil heuer ein paar Landtagswahlen stattfinden. Sie entdecken damit, was die Bürger (vor allem Lehrer, Ärzte, Richter) schon länger wussten: Dass es Probleme im multikulturellen Zusammenleben gibt, weil streng religiöse Gruppen ihre Mädchen nicht zum Turnunterricht schicken, Väter nicht mit Schuldirektorinnen reden zum Beispiel.

Mangelnde Integrationswilligkeit soll Konsequenzen haben – bis zum Wegfall von Familienbeihilfe. Juristisch ist eine Durchsetzung zwar höchst zweifelhaft. Doch man muss zumindest nicht für Pegida auf die Straße gehen. Das wird jetzt von der österreichischen Politik selbst thematisiert.

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