Das Höhenwachstum und seine Gegner

Herber Stark Hochhaus
Der Hochhaus-Boom hält an. Bei Anrainern stoßen die Türme nicht immer auf Gegenliebe.

Ich sehe in die Innenstadt und bis nach Schwechat. Das ist schon überwältigend. Das Problem ist nur: Man gewöhnt sich daran“, sagt Herbert Stark. Vor rund zehn Jahren hat sich der Mediziner eine Wohnung im 29. Stock des Seidler-Towers in der Donaustadt gekauft.

Mit seinen 150 Metern ist er derzeit das höchste Wohn-Hochhaus der Stadt und eines der prominentesten Beispiele für das Höhenwachstum in Wien. Nach einem eher verschlafenen Start boomt der Hochhausbau seit den 90er-Jahren in der Bundeshauptstadt. Und dieser Boom scheint noch lange nicht zu Ende. Weitere Türme werden etwa am Hauptbahnhof, am Gelände des Nordbahnhofs und entlang der U2 entstehen.

Proteste

Oft zum Leidwesen der Anrainer. So wehren sich Bewohner des Seidler-Turms gegen die Danube Flats mit ihren 145 Metern, die direkt vor ihrer Haustüre errichtet werden sollen. Viele können nicht verstehen, dass ausgerechnet unter einer grünen Regierungsbeteiligung derartige Projekte vorangetrieben werden.

Das Dilemma dabei: Wien braucht dringend neuen Wohnraum. „Die Stadt hat allein im Vorjahr 26.000 Einwohner dazubekommen. Es wäre ökologisch nicht sinnvoll, wenn sie sich alle im Speckgürtel ansiedeln würden. Das würde nur noch mehr Verkehr bedeuten“, sagt der grüne Planungssprecher Christoph Chorherr.

„Es gibt gute Gründe dafür, dass sich die Stadt im Zentrum verdichtet. Richtig gemacht sind Hochhäuser eine Bereicherung“, sagt auch Erich Raith, Städtebau-Experte an der TU. In Wien sei das freilich nicht immer der Fall: Ein negatives Paradebeispiel ist für Raith die Wienerberg City in Favoriten, die ohne ausreichende Öffi-Anbindung errichtet wurde.

Oft fehle auch die nötige Durchmischung von Wohn- und Büroflächen. „Das sieht man etwa in der Donaucity, in der sich keine Urbanität herausgebildet hat“, sagt der Experte. Wichtig sei daher, dass bei einem Hochhaus auch zusätzliche Angebote im umgebenden Viertel gleich mitgeplant werden.

Für Herbert Stark war es nicht das Hochhaus an sich, sondern dessen verkehrsgünstige Lage, die bei seinem Wohnungskauf ausschlaggebend waren. Das Wohnen im 29. Stock habe nicht nur Vorteile: „Wir haben Lehrgeld zahlen müssen: Man kann nicht nach Belieben die Fenster öffnen. Gerade auf der Donauplatte ist der Wind manchmal gewaltig. Und bei einem richtigen Sturm schwankt der Turm sogar“, sagt der Arzt. Wegen der Hitze im Sommer habe man nachträglich eine Klima-Anlage einbauen müssen. Eine weitere Ausgabe neben den den ohnehin schon hohen Betriebskosten.

Das Höhenwachstum und seine Gegner

Heftiger Widerstand formiert sich gegen den geplanten Viola Park in Favoriten. Auf dem 200.000 Quadratmeter großen Areal neben der Generali Arena will der Bauträger Mischek in Kooperation mit der Austria Wien bzw. Generali ein neues Stadtviertel mit 800 Wohnungen, Schulen und einer Ballsport-Akademie errichten.

Mittlerweile haben Anrainer 700 Unterschriften gegen das Projekt gesammelt. Sie fühlen sich mangelhaft informiert und befürchten vor allem, dass es durch den Bau zu einem Verkehrskollaps im Grätzel kommen wird. Darum ging es auch in einer Bürgerversammlung, die am vergangenen Mittwoch stattfand. Man habe sich im Wettbewerb für die Variante mit den niedrigsten Bauhöhen und der geringsten Dichte entschieden, beschwichtigte hingegen Jury-Vorsitzender Albert Wimmer. Eine besorgte Anrainerin fragte sich dennoch, ob angesichts der laufenden Belästigungen durch randalierende Fußballfans hier überhaupt der geeignete Platz für Wohnungen sei. „Die Besucherströme werden sicher nicht durch das Wohngebiet geleitet“, betonte Markus Kraetschmer von der Austria. Auch die Verlängerung der U1 werde zu einer Verbesserung der Lage beitragen.

Noch fehlt die Widmung für den Bau. Offen ist noch, wann er starten wird.

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