Causa Alijev: Haft für Polizisten

Causa Alijev: Haft für Polizisten
Der 51-jährige Polizist hat einem angeblichen KNB-Offizier geheime Daten weitergegeben. Das Gericht brummte ihm drei Jahre Haft auf.

Ein 51-jähriger Polizist, der einem angeblichen Offizier des kasachischen Geheimdiensts KNB in der Causa Rakhat Alijev der Amtsverschwiegenheit unterliegende Daten weitergegeben, für den Agenten während der Dienstzeit Observationen durchgeführt und dafür vor allem mehr als 36.000 Euro erhalten haben soll, ist am Donnerstagabend im Wiener Straflandesgericht wegen Amtsmissbrauchs schuldig erkannt worden. Das Schwurgericht verhängte drei Jahre Haft, davon sechs Monate unbedingt.

Von der mitangeklagten geheimen nachrichtendienstlichen Tätigkeit zum Nachteil der Republik Österreich wurde der Polizist freigesprochen. Dessen ungeachtet wäre er seine Amtsstellung los, sollte das Urteil, gegen das Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter Strafberufung anmeldete, während Verteidiger Martin Dohnal Bedenkzeit erbat, in Rechtskraft erwachsen: Bei über einjährigen Freiheitsstrafen ist der Amtsverlust automatische Rechtsfolge einer strafgerichtlichen Verurteilung.

Ohne Auftrag

Für einen zweiten Polizisten, der auf Bitte des Hauptangeklagten ebenfalls verbotenerweise im Polizeicomputer recherchiert und Daten weitergegeben haben soll, setzte es acht Monate bedingt. Auch dieses Urteil war dem Staatsanwalt zu milde, weshalb er Rechtsmittel anmeldete.

Der Hauptangeklagte, der in der Vergangenheit einige Zeit beim mittlerweile aufgelösten Büro für Interne Angelegenheiten (BIA) gearbeitet und dabei allfällige strafrechtliche Verfehlungen von Kollegen untersucht hatte, hatte die Abfragen im Polizeicomputer gar nicht in Abrede gestellt. Schuldig fühlte sich der 51-Jährige aber nicht: "Die Abfragen habe ich gemacht. Aber im dienstlichen Interesse."

Denn die Causa Alijev "stinke gewaltig", betonte der Polizist. Während Rakhat Alijev (Alijew), der ehemalige Schwiegersohn des kasachischen Ministerpräsidenten Nursultan Nasarbajew, in seiner Heimat wegen der Entführung zweier mittlerweile ermordet aufgefundener Bankmanager in Abwesenheit zu 20 Jahren Haft verurteilt worden sei, habe man in Österreich "ein Bedrohungsszenario" geschaffen, das diesem die Auslieferung an die kasachischen Behörden ersparte. Für den Angeklagten insofern ein untragbarer Zustand, als Alijev von "denselben Personen beim BVT (dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, Anm.) geschützt" werde, die seinerzeit zunächst auch den polnischen Mafia-Paten Jeremiasz Baranski vor behördlicher Verfolgung bewahrt hätten.

Er könne "beweisen, dass gewisse Stellen die Staatsanwaltschaft und das Gericht von der ersten bis zur letzten Seite belügen", sagte der Polizist. Er sei deswegen ohne Auftrag und dienstliche Zuständigkeit tätig geworden und habe im Umfeld Alijevs recherchiert: "Wenn die Polit-Staatsanwälte und das BVT ermitteln, kommt nix raus. Da können Leute mit einer Handgranate in der Hand sterben, es kommt nix raus."

Schutzbehauptungen

Für Staatsanwalt Kronawetter waren das alles Schutzbehauptungen. Der Beamte habe für den lange Jahre mit ihm befreundeten Agenten des kasachischen Geheimdiensts KNB die kasachische Botschaftsresidenz observiert, um den aktuellen Aufenthaltsort Alijevs herauszufinden. Zudem soll der Beamte diesem internes Behördenwissen über Waffenschiebereien über die kasachische Grenze anvertraut und damit das Leben eines V-Manns des deutschen Bundesnachrichtendiensts (BND) gefährdet haben.

Die Verantwortung des Polizisten, der versichert hatte, bei seinem Bekannten Leonid B. handle es sich um keinen kasachischen Spion, sondern "ein altes Mandl aus der Sowjet-Zeit", bekam während der zweitägigen Verhandlung erhebliche Kratzer ab. Zunächst deponierte Alnur Mussayev, von 1997 bis 2001 KNB-Chef, im Zeugenstand, Leonid B., der von 1998 bis 2002 Botschaftsrat an der kasachischen Vertretung in Wien und nachher bis 2007 in derselben Funktion in der Botschaft in Budapest tätig war, sei unter seiner Führung beim Auslandsgeheimdienst beschäftigt gewesen.

Leonid B. konnte nicht zeugenschaftlich befragt werden, da sein aktueller Aufenthaltsort nicht bekannt ist und ihm daher keine gerichtliche Ladung zustellbar war. Er hatte allerdings im August 2009 gegenüber der Staatsanwaltschaft Wien als Beschuldigter ausgesagt und dabei erklärt, dem Polizisten in mehreren Tranchen 27.000 Euro sowie 15.000 US-Dollar (10.547 Euro) übergeben zu haben. Dabei habe es sich um KNB-Gelder gehandelt, die - so die damaligen Angaben des mutmaßlichen Spions - Reisekosten des Polizeibeamten abdecken hätten sollen. Außerdem hätten damit Journalisten und Privatdetektive bezahlt werden sollen.

Damit konfrontiert, hatte der Angeklagte eingeräumt, von seinem kasachischen Bekannten Bargeld erhalten und auf sein Girokonto einbezahlt zu haben. Dabei habe es sich jedoch nur um Spesenersatz für Reise- und Versicherungskosten nach Kasachstan und Dubai gehandelt, zu denen er sich auf Bitte seines Freundes bereiterklärt hätte: "Das waren Bewegungen, die ich gezahlt gekriegt habe." Mit einem Teil des Geldes hätte er Leonid B. außerdem noch einen Pkw anschaffen sollen, versicherte der Polizist.

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