"Castor-Transport light" in Wien

"Castor-Transport light" in Wien
Der Reaktor der TU Wien wird noch bis 2025 betrieben. Kosten: 6 Millionen Euro. Noch heuer wird der Atommüll entsorgt.

Skurril, aber wahr: In­mitten der Wiener Prateridylle – unweit von Kleingartensiedlung und Riesenrad – steht ein kleines Kernkraftwerk. Unfallfrei seit 50 Jahren. In den letzten 10.488 Betriebstagen er­arbeiteten sich auch Waffeninspektoren der internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in dem grauen Gebäude jene Expertise, die sie für ihre Inspektionen im Iran benötigen.

Die Mär vom atomkraftfreien Österreich wird in der Wiener Kleingartensiedlung widerlegt – auch wenn die thermische Leistung des Reaktors nur jener eines Mittelklassewagens entspricht. Das Kraftwerk in Temelin ist 12.000-mal leistungsstärker als der Prater-Reaktor. Die Grüne Bundespartei und ihr Wiener Ableger sind dennoch in Sorge. "Der Reaktor ist nicht so sicher, wie gerne behauptet wird", sagt der Wiener Umweltsprecher Rüdiger Maresch. Die Grünen stellten eine Anfrage an Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP). Die Antworten , die nun vorliegen, überraschen. "Aus ihnen geht hervor, dass uns wohl noch 2012 ein Castor-Transport light bevorsteht", sagt Maresch nicht ganz frei von Ironie.

Pakt mit USA

Wie das? Der Bund hat beschlossen, die Laufzeit des kleinen Kraftwerks (ähnliche Modelle stehen in München oder Rom) bis 2025 zu verlängern. Um das zu ermöglichen, müssen die alten, mit Uran ange­reicherten Brennstäbe entsorgt und ausgetauscht werden. Ein entsprechender Vertrag mit dem US-Energie­ministerium wird noch unterzeichnet. Bereits im Mai reisten US-Experten nach Wien, um den Reaktor zu begutachten. Im August sind es dann Wissenschaftler der TU, die nach Idaho fahren, um neue, niedrig angereicherte Brennstäbe auszusuchen.

Voraussichtlich 2012 werden die "hochangereicherten Brennelemente in die USA rückgeführt". Und – so heißt es in dem Schreiben weiter – "der Transport wird durch eine Firma durchgeführt, die jahrelange Erfahrung im Bereich des Transports von Nuklearmaterial verfügt". Aller Wahrscheinlichkeit nach wird die Nuclear Assurance Company (NAC) die geringen Mengen des heiklen Materials auf einen Lkw verladen, nach Slowenien bringen und von dort nach Savannah River in den USA verschiffen.

Und wie sicher ist der Reaktor? "Sicherheitskontrollen durch EURATOM bzw. die IAEA werden jährlich vorgenommen", heißt es in Töchterles Büro. Insgesamt sollen für die neuen Brennstäbe, den laufenden Betrieb und die Entsorgung alter Brennelemente knapp 6 Millionen Euro ausgegeben werden. "Geld, das in anderen Forschungs­bereichen besser aufgehoben wäre", glaubt Maresch.

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