Kreditkarten-Klau aus Postkästen

Kreditkarten-Klau aus Postkästen
Mit 90 Karten wurde Luxusleben finanziert. Der Schaden beträgt rund 130.000 Euro.

Zwei Nobel-Ganoven narren seit vier Jahren nicht nur die Polizei, sondern erleichterten bisher 90 Kreditkartenbesitzer um 133.500 Euro.

Denn das Betrüger-Duo (etwa 50 und 70 Jahre alt) fischte aus Wiener Postkästen zugeschickte Kreditkarten plus die Kuverts mit den passenden Codes. Neben großer Geduld und zarten Händen müssen die Männer ihre Opfer auch lange observiert haben.

Insiderwissen

Denn die beliebten Kreditkarten werden erst nach Bonitätsprüfungen durch Banken an ihre zukünftigen Besitzer verschickt. Die Kuverts mit den dazugehörigen Codes landen dann wenige Tage später in den Postkästen.

Bleibt die Frage, woher die Betrüger wussten, dass die ausspionierten Empfänger auch Plastik-Money bestellt hatten. Die dreisten Langfinger könnten entweder selbst Insiderwissen gehabt, oder durch einen Mittelsmann aus der Branche Informationen erhalten haben.

Denn auf gut Glück knapp 100 Karten inklusive Codes aus Wiener Briefkästen zu stehlen, gilt als kaum machbar. Und es wurden ausschließlich Kreditkarten (der verschiedensten Anbieter) gefischt. Obwohl bestellte Bankomat-Karten ebenso mit der Post verschickt werden, war laut Fahndern des Landeskriminalamtes Wien (LKA) keine Bankomatkarte unter der Beute.

Tatsache ist, dass seit Beginn der Diebstahls-Serie 2009 insgesamt 397 Kreditkarten-Behebungen mit den gestohlenen Geldkarten getätigt wurden. Dabei konnten die Beschuldigten an Bankomaten auch gefilmt werden.

Hang zum Luxus

Einen gewissen Hang zum Luxus zeigten die Betrüger schließlich auch beim Geld ausgeben. Polizeisprecherin Barbara Riehs spricht von einer umfangreichen Shopping-Tour: „Die Männer investierten in Goldschmuck, Elektronikartikel, teure Kleidung, edles Geschirr, Sportartikel, Bücher, Reiseführer und Kunst.“

Kreditkarten-Klau aus Postkästen

Kaum hatten die Täter eine Karte inklusive Code erbeutet, wurden sofort spezielle Wünsche erfüllt. So muss einer der Männer Golfer sein. Denn die meisten Waren wurden umgehend mit den gestohlenen Karten bezahlt. Darunter auch eine sündteure Golf-Ausrüstung.

Das Betrüger-Tandem zeigte auch Kunstsinn. Mit einer gestohlenen Karte wurde das Gemälde „Nackte Frau“ von Franz Windhager (1879–1959) bezahlt. Der Schätzwert beläuft sich um die 10.000 Euro. Und waren die Männer hungrig, wurde im Supermarkt die eine oder andere Wurstsemmel mit Plastik-Money berappt.Der Staatsanwalt sucht die Täter jetzt mit Video-Bildern. Der Jüngere ist etwa 50 Jahre alt, 180 cm groß, schlank, hat dunkles Haar und trägt eine Lesebrille. Der mutmaßliche Golfspieler kaufte auch das Gemälde.

Sein Komplize dürfte 65 bis 70 Jahre alt sein, korpulent (starker Bauch), rundes Gesicht, breite Nase, trägt graues Haar mit auffälligen Stirnecken und ist Brillenträger. Beide dürften Inländer sein. Infos bitte an das LKA Wien 01/31310-33800 od. 33761. Für sachdienliche Hinweise ist eine Belohnung von 500 Euro ausgelobt.

Rund drei Millionen Kredit- und 8,7 Millionen Bankomatkarten sind in Österreich im Umlauf. Oft werden die Karten mit der Post verschickt – in neutralen Kuverts. Einige Tage später folgt in einem separaten Brief der dazugehörige Code. Ein sicheres System – bis jetzt.

Doch zumindest für die tatsächlichen Besitzer der im aktuellen Fall gestohlenen Kreditkarten gibt es eine gute Nachricht: Die Haftung übernimmt PayLife. „Den Kunden entsteht kein Schaden“, versichert Sprecherin Tamara Berger-Feichter.

Umgerüstet

Die Täter dürften sich aus den Briefkästen der Betroffenen bedient haben (siehe Haupttext). Wie? Das ist noch nicht geklärt. Denn auch das ist nicht ganz so einfach: 30 Millionen Euro investierte die Österreichische Post in die Umrüstung der Briefkästen. Eine Million Fächer wurden erneuert – wenn auch nicht ganz freiwillig. Denn auch Post-Mitbewerber sollten Zugang haben.

Statt der leicht knackbaren Schlüsselkästchen gibt es nun fast ausschließlich die silbernen, EU-konformen Briefkästen mit Einwurfklappen. „Zu denen hat der Post-Mitarbeiter auch keinen Schlüssel mehr“, sagt Sprecher Stefan Fuchs. „Den hat nur noch der Haus- oder Wohnungsbesitzer.“

Um sich vor Diebstählen zu schützen, gibt es dennoch ein paar Tipps: „Kreditkarten werden innerhalb einer Woche nach Bestellung zugestellt. Dauert es länger, Alarm schlagen“, rät Berger-Feichter. Bei gängigen Kreditkarten ist es möglich, eine SMS-Info zu bestellen. „Immer, wenn mit der Karte ein Umsatz getätigt wird, kommt ein SMS“, sagt Berger-Feichter. Kosten: Ein Euro pro Monat, für Besitzer von Black Cards ist dieser Service gratis.

Eine andere Möglichkeit, zumindest bei Bankomatkarten: Einige Banken bieten ihren Kunden an, die Bankomatkarten und/oder Codes persönlich im Institut abzuholen.

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