Bernardins burgerliches Abendbrot

Stefano Bernardin im „St. Ellas“
Nach seinen Vorstellungen kehrt Schauspieler Stefano Bernardin gern im Restaurant "St. Ellas" ein.

Zwei Theaterpremieren in vier Tagen: Das war auch für den geübten Schauspieler Stefano Bernardin nichts Alltägliches. Ein paar Kilo hat er stressbedingt in den vergangenen Tagen sicherlich verloren. Gut, dass er nach seinen Vorstellungen nun wieder vermehrt ins "St. Ellas" einkehrt, um sich bei Burger und Bier zu stärken.

Das "St. Ellas" mit den gelben Wänden, dem buntgläsernen Luster und den dunkelroten, gemütlich-breiten Barhockern in der Zieglergasse hat der 39-Jährige lange nur vom Gassigehen mit Hund Laszlo gekannt; betreten hat er es erst mit seiner Freundin und dann gleich beim ersten Burger Blut geleckt. Obwohl er sich jedes Mal vornimmt, diesmal wirklich nicht lange zu bleiben – schließlich war der Tag lang und die Vorstellung anstrengend – zieht es ihn doch wieder an die Bar. Während es sich draußen zunehmend verfinstert, wird er wieder munter.

Bernardins burgerliches Abendbrot
Interview mit dem österreichischen Schauspieler Stefano Bernardin im Restaurant St. Ellas am 11.11.2016 in Wien.

Dabei hatten Martina Kraler und Rodschel Rachnaev das Lokal eigentlich als Mittagslokal geplant. Als preisgünstigere (und dennoch geschmackvolle) Variante ihres "Gaumenspiels", das sich eine Tür weiter befindet. Mittlerweile ist aber auch das "St. Ellas" zum Abendlokal avanciert. Im Mittelpunkt stehen Steaks vom Lavagrill, frischer Fisch und derzeit auch Wild-Spezialitäten.

Fleischeslust

Fleisch wird auch gern von den Protagonisten in der ersten von Bernardins aktuellen Theaterproduktionen verzehrt. In dem Fall handelt es sich jedoch um Menschenfleisch. Die schräge Operette "Häuptling Abendwind" handelt von Kannibalen auf einer Südseeinsel, auf der die beiden Häuptlinge, die Frauen des jeweils anderen aufgegessen haben und nun auf der Suche nach dem nächsten Menschenbraten sind.

Verfasst wurde das Stück von Johann Nestroy, der auf diesem Weg seine Kritik am Nationalismus und am heuchlerischen Stolz der Zivilisation zum Ausdruck brachte. Adaptiert wurde es nun von Regisseur und Schauspieler Hubsi Kramar, der für seine politischen Aktionen (nicht zuletzt wegen seines Auftritts als Hitler am Opernball 2000) bekannt ist und von Stefano Bernardin genau deswegen geschätzt wird.

Auch wenn sich Bernardin bewusst ist, dass Theater alleine die Welt nicht verbessern kann, so sei es doch die Pflicht von Theater, zu fordern, zu provozieren. "Wer soll das machen, wenn nicht wir?", fragt Bernardin und nimmt einen Schluck Espresso, "Wir haben die Narrenfreiheit. Wir sind die Augustins, die in der Pestgrube tanzen."

Und so meint bei "Häuptling Abendwind" ein Kannibale zum Gulasch: "Ich hab dir gesagt, du wirst dich noch wundern, was alles geht!" Und am Ende verkündet ein Höchstrichter, dass das Stück wiederholt werden muss.

Der schwule Bruder

Apropos Wiederholung oder eher: zurücksetzen. Davon handelt das zweite Stück, in dem Bernardin derzeit zu sehen ist. "Reset – alles auf Anfang" ist eine Verwechslungskomödie, in der der erfolgreiche Geschäftsmann Herbert nach einem Gedächtnisverlust versucht, in sein altes Leben zurückzufinden. Bernardin spielt Herberts schwulen Halbbruder, eine "richtige Tunte". Es ist eine Rolle, die ihm nicht nur viel Spaß bereitet, sondern die ihm auch gesellschaftspolitisch am Herzen liegt. Weil Homosexuelle immer noch nicht dieselben Rechte haben wie Heterosexuelle und es gilt, das zu thematisieren. Weil Gleichberechtigung das oberste Ziel ist. Weil Angst nicht stärker werden darf, als die Fakten.

Bernardins Wangen sind vom Echauffieren gerötet, der Mund trocken. Also geht er zum Wasserhahn am Ende des Tresens, "eine der besten Einrichtungen" am "St. Ellas". Weil es ihn Dutzende Male vor einem Kater bewahrt hat.

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