Bauarbeiter fanden Schatz: Prozess um 20 Kilo Gold

Bis zu 20 Kilogramm Gold sollen die Bauarbeiter gehoben haben - der Schatz ist danach jedoch verschollen. (Symbolbild)
Zwei Männer sollen bei Abbrucharbeiten Vermögen gefunden und geteilt haben.

Ein äußerst ungewöhnlicher Prozess ist am Dienstag im Wiener Straflandesgericht über die Bühne gegangen. Ein 37-jähriger Bauarbeiter musste sich wegen Unterschlagung vor einem Schöffensenat (Vorsitz: Martina Hahn) verantworten, weil er mit einem Kollegen bei Abbrucharbeiten auf einer Liegenschaft in Wien-Liesing einen Schatz gefunden und diesen nicht den rechtmäßigen Besitzern übergeben haben soll. Laut Anklage sollen die Männer bis zu 20 Kilogramm Gold im Wert von 700.000 Euro zutage gefördert - und behalten haben.

Die Hilfsarbeiter sollten auf dem 3.000 Quadratmeter umfassenden Gelände in Mauer, das früher den Eigentümern des bekannten Wiener Modehauses Tlapa gehörte, ehe es von einer Immobilien-Firma erworben wurde, zwei darauf befindliche Villen sowie einen Swimmingpool abreißen und Bäume fällen. Im Zuge von Baggerarbeiten dürfte der ältere der beiden Arbeiter - ein 43-jähriger Mann mit türkischen Wurzeln - am 22. April 2013 auf das Gold gestoßen sein.

Schatzsuche

Nach Angaben von Carlos Vitaly, der heute als Zeuge vernommen wurde, hatte sein längst verstorbener Großvater Karl Vitaly - seit 1947 Teilhaber des Modehauses - vor Jahrzehnten an jedenfalls drei Stellen Gold vergraben. Als dieser starb, machte sich die Familie auf "Schatzsuche" - Karl Vitaly soll zwar eine Karte angelegt haben, wo genau er die Dukaten und Münzen deponiert hatte, doch war diese nach seinem Ableben nicht mehr aufzufinden.

Nach Darstellung seines Enkels wurde daher nach dem Begräbnis auf dem Gelände eingehend gesucht und teilweise in eine Tiefe von bis zu einem Meter gegraben. Laut Carlos Vitaly wurden aber nur zwei der angeblich drei Verstecke entdeckt. Dabei kamen jeweils knapp 20 Kilo Gold zutage, so dass die Familie davon ausgeht, dass im heurigen Frühjahr ein ähnlich schwerer Fund gemacht wurde.

Der 43-jährige Arbeiter dürfte sich allerdings mit einem erheblichen Teil des Goldes abgesetzt haben. Er ist für die Justiz nicht mehr greifbar. Möglicherweise ist er mit jenem Mann ident, der laut einem Interpol-Bericht Anfang Mai an der bulgarisch-türkischen Grenze auffiel, weil er 4,2 Kilogramm Gold - 150 Münzen aus Österreich, Kanada und Südafrika - bei sich hatte. Der in Wien verbliebene Angeklagte erzählte nun dem Gericht, er habe von seinem Kollegen, dem eigentlichen Finder, nur 35 Münzen erhalten. Diese habe er um 30.000 Euro verkauft.

Der angeklagte Bauarbeiter versicherte dem Schöffensenat eingehend, er habe lediglich aus 100 Meter Entfernung gesehen, wie sein Kollege mit dem Bagger "auf etwas" stieß, nachdem er einen Baum zu Fall gebracht hatte. Er sei dann von diesem am Näherkommen gehindert worden, habe jedoch am Abend von ihm erfahren, dass er Gold gefunden hatte. Für sein Schweigen habe er 35 Münzen erhalten, die er später in zwei Bankfilialen zu Geld machte. Vom Ausmaß des zutage gebrachten Schatzes habe er keine Ahnung gehabt.

Acht Monate bedingt

Diese Version war dem 37-jährigen Arbeiter (Verteidiger: Philipp Winkler) nicht zu widerlegen, so dass er nicht - wie angeklagt - wegen Unterschlagung eines Millionen-Schatzes, sondern bloß wegen Hehlerei verurteilt wurde, wobei sich das Gericht dabei auf die 35 sichergestellten Goldmünzen beschränkte. Dafür setzte es acht Monate bedingt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, der Staatsanwalt gab vorerst keine Erklärung ab.

Der Verbleib des restlichen Goldes sowie des - schenkt man der Darstellung des verurteilten Arbeiters Glauben - möglicherweise steinreichen zweiten Hilfsarbeiters ist unklar. Länderübergreifende Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden sind im Gange. Wem der gefundene und wieder verschwundene Schatz zustünde, ist ebenfalls offen: Dem Strafverfahren hatten sich der Enkel von Karl Vitaly, Carlos Vitaly, dessen Stiefmutter sowie ein Vertreter jener Projektentwicklungs-Gesellschaft angeschlossen, die die Liegenschaft gekauft hatte, um darauf noble Reihenhäuser zu errichten. Sie alle sehen sich als rechtmäßige Eigentümer des Goldes. Diese Frage ist strafrechtlich kaum zu klären, daher verwies der Schöffensenat die Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg.

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