Angehörige decken Giftmorde auf

Bogumila Wojtas bei der Berufungsverhandlung in Wien
Lebenslang für polnische Pflegerin. Viele Vergiftungen kommen laut Experten nie ans Tageslicht.

Ihre letzten Worte vor dem endgültigen Urteil im Wiener Justizpalast lauteten: „Die Männer, die ich gepflegt habe, waren mit meiner Betreuung zufrieden.“ Das können Herbert Ableidinger und Alois F. leider nicht bekräftigen, denn die Betreuung durch Bogumila Wojtas war tödlich. Der 68-jährige Wiener und der 61-jährige Niederösterreicher wurden mit Arsen vergiftet.

Am Mittwoch bestätigte ein Berufungssenat des Oberlandesgerichts Wien die wegen zweifachen Mordes verhängte Höchststrafe von lebenslanger Haft für die polnische Pflegerin. Als besondere Erschwerungsgründe wurden die Kaltblütigkeit der 52-Jährigen sowie die monatelangen Qualen speziell beim ersten Opfer Herbert Ableidinger angeführt.

Dessen Tochter Karin Ojukwu hatte den Giftkrimi mithilfe der ORF-Sendung „Ein Fall für Resetarits“ und des KURIER aufgedeckt. Gerichtsmediziner Christian Reiter fand in den exhumierten Leichen toxische Mengen von Arsen.

Blauensteiner

Es sind häufig die Angehörigen, die Giftmorde ans Tageslicht bringen. Ein Neffe des pensionierten Postmeisters Alois Pichler aus der Wachau zeigte nach dem mysteriösen Tod des Onkels Ende 1995 die Witwe Elfriede Blauensteiner an, die im Haus des 76-Jährigen gewohnt und alles geerbt hatte. Schon damals wurde Gift-Experte Reiter eingeschaltet und konnte in insgesamt drei Todesfällen rund um die 2003 im Gefängnis gestorbene „schwarze Witwe“ Vergiftungen nachweisen.

Auch im mutmaßlichen Mordfall in Paraguay hatte der Bruder der vergifteten Niederösterreicherin Alarm geschlagen (siehe Zusatzbericht unten).

Als Karin Ojukwu – Krankenpflegerin im Wiener AKH – die Spitalsakte ihres 2010 verstorbenen Vaters Herbert Ableidinger las, schöpfte sie sofort Verdacht. Der 68-Jährige war verwahrlost, ausgetrocknet, unterkühlt, dabei will ihn Bogumila Wojtas fürsorglich gepflegt haben. Ableidinger hatte ihr bereits seine Eigentumswohnung überschrieben.

Wojtas wurde auch verurteilt, Ableidingers Tochter das vorenthaltene Erbe (60.000 Euro) auszuzahlen. Dieser ist bewusst, „dass das nur ein Stück Papier sein wird“, weil von der Polin nichts (mehr) zu holen ist. Karin Ojukwu hat dennoch erreicht, was sie wollte: „Gerechtigkeit“, wie sie zum KURIER sagt. „Und dass die Leute bei der Betreuung älterer Personen hellhöriger sind. Ich habe etwas in Gang gebracht, da müssen jetzt alle besser aufpassen.“

Laut Professor Christian Reiter werden jedes Jahr an die 20 mutmaßliche Morde übersehen. Weil die Toten nur noch der Pathologe im Spital anschaut und nur ganz selten in der Gerichtsmedizin seziert wird.

„Ich kann nicht jedes Jahr mit einem Giftmord rechnen“, sagt Reiter, aber so alle zehn Jahre landet einer auf seinem Tisch. Die meisten Gifte kann er mithilfe seiner Chemiker-Kollegen aufspüren. Aber „da gibt es afrikanische Pfeilgifte aus Schlingpflanzen, Gott möge abhüten, dass ein Nigerianer damit bei uns einen Mord begeht.“

„Durch die jüngsten Ermittlungsergebnisse besteht dringender Tatverdacht.“ Der Haftrichter am Landesgericht Wiener Neustadt hat am Donnerstag im Fall des möglichen Giftmordes an einer Niederösterreicherin in Paraguay die U-Haft über den Ehemann verhängt.

Wie vom KURIER berichtet, hat die Causa zwei Jahre nach dem Tod der 46-jährigen Wendy Freiherr während eines Urlaubs in Paraguay eine dramatische Wende genommen. Nach einem KURIER-Bericht wurde die Leiche in Südamerika exhumiert und untersucht. Gerichtsmediziner Wolfgang Denk konnte in den Knochen eine tödliche Dosis Schmerzmittel nachweisen. Im Zuge einer Hausdurchsuchung am vergangenen Dienstag wurden der Ehemann Gerhard H. (53), sowie dessen Lebensgefährtin Michaela S. (47) auf Antrag der Staatsanwaltschaft wegen Mordverdachts festgenommen. Die beiden waren zusammen mit Wendy Freiherr in Paraguay und urlaubten nach deren Tod noch mehrere Wochen in Südamerika. Bei der Hausdurchsuchung wurden diverse Schmerzmittel sichergestellt. Über die Untersuchungshaft von Michaela S. wird erst entschieden.

Das Urteil lebenslange Haft für die Polin Bogumila Wojtas ist rechtskräftig, jetzt will sie die Justiz schon allein wegen der Kosten loswerden. Einfach wird das nicht.

Zunächst hatte die 52-Jährige ja bei ihrem Verteidiger Timo Gerersdorfer selbst den Wunsch geäußert, die Strafe in Polen abzusitzen. Bisher war es dem Anwalt gelungen, seiner Mandantin das Gefängnis zu ersparen und sie wegen Selbstmordgefährdung in der Psychiatrie Mauer, NÖ, unterzubringen. Dort kann sie im Anstaltspark umherspazieren. So eine Behandlung kann der Anwalt in Polen aber nicht garantieren.

In Wojtas Heimat sind die Gefängnisse noch überfüllter als in Österreich, deshalb wird Polen über den Zuwachs wenig erfreut sein. Ein EU-Beschluss sieht zwar die Verbüßung im Heimatland vor, zumindest verzögern kann Polen die Übernahme allemal.

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