Akademikerball: Vermummen verboten

Heuer strafbar: Ein vermummter Demonstrant bei der Demo gegen den Akademikerball im Vorjahr.
Die Polizei trifft Vorkehrungen für eine mögliche Eskalation und warnt vor deutschen Aktivisten.

Trotz der Ankunft einer Kältefront dürften viele Wiener am Wochenende ihr Gesicht - theoretisch - nicht im Schal verhüllen. Der Grund: Die Polizei hat in einigen Bezirken ein Vermummungsverbot ausgesprochen. Anlass sind drohende Ausschreitungen rund um den rechten Akademikerball am Freitag in der Hofburg. Die Polizei befürchtet eine ernste Eskalation.

"Wir wissen von Personen innerhalb der Demonstrationszüge, die nicht bereit sind, ausschließlich friedlich gegen den Akademikerball zu protestieren", sagte Erich Zwettler, Leiter des Wiener Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT), am Mittwoch bei einem Pressegespräch. Bereits im Vorfeld habe es Aktionen gegeben: Zwettler sprach unter anderem von einem angezündeten Funkraum im Polizeianhaltezentrum am Hernalser Gürtel und von vier schweren Sachbeschädigungen bei Burschenschafterbuden in der Josefstadt. "Man kann davon ausgehen, es wird nicht gänzlich friedlich ablaufen", so der LVT-Chef.

Busse aus Deutschland

Zwettler berichtete von gesicherten Informationen, dass die Aktivisten Unterstützung aus Deutschland bekommen werden. Zumindest sieben Busse aus mehreren deutschen Städten - der LVT-Chef nannte Hamburg, Köln, Magdeburg und Göttingen- sollen den Polizeierkenntnissen zufolge unterwegs sein. Der Verfassungsschützer verwies auf schwere Ausschreitungen in Hamburg im Dezember, als gegen die Schließung eines linken Kulturzentrums protestiert wurde. 123 Polizisten seien dabei verletzt worden, davon 19 schwer. "Wir wissen, dass deutsche Aktivisten wesentlich brutaler vorgehen, als hierzulande geplant", lautete die Einschätzung Zwettlers.

Sollte man rechtzeitig Kenntnis vom Anfahrtsweg der Busse erhalten, sei es durchaus möglich, dass die Insassen bereits auf der Anreise kontrolliert werden. Beim Vorliegen entsprechender Verdachtsmomente könne es auch sein, dass den Businsassen die Weiterreise verweigert wird und diese zur Grenze zurückbegleitet werden, so der LVT-Chef. Man solle aber nicht davon ausgehen, dass diese Demonstranten - anders als manche Fußballfans - so dumm seien, schon auf der Anreise Ellbogenschützer, Zahnschutz oder Wurfgegenstände bei sich zu haben.

Bilder von den Demos im Vorjahr

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Akademikerball: Vermummen verboten

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Akademikerball: Vermummen verboten

Akademikerball, Demonstrationen…
Akademikerball: Vermummen verboten

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Akademikerball: Vermummen verboten

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Akademikerball: Vermummen verboten

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Akademikerball: Vermummen verboten

Demonstration, Akademikerball…
Akademikerball: Vermummen verboten

Member of the European Parliament Andreas Moelzer
Akademikerball: Vermummen verboten

Akademikerball, Demonstrationen…
Akademikerball: Vermummen verboten

WIEN: DEMONSTRATION GEGEN DEN AKADEMIKERBALL DER F
Akademikerball: Vermummen verboten

Demonstration, Akademikerball…
Akademikerball: Vermummen verboten

Akademikerball, Demonstrationen…
Akademikerball: Vermummen verboten

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Akademikerball: Vermummen verboten

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Akademikerball: Vermummen verboten

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Akademikerball: Vermummen verboten

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Vermummungsverbot

Die Vorkehrungen der Polizei sind entsprechend umfangreich. Um die Hofburg wird ein großräumiges Platzverbot erlassen. In allen Bezirken innerhalb des Gürtels wird außerdem ein Vermummungsverbot verhängt, gegen das sieben Aktivisten am Freitag vor der Landespolizeidirektion mit Parolen wie "Antifaschist_innen ist auch kalt", "406.946 Schnupfen - 1 Burschiball" oder "Schal & Haube statt Deckel & Säbel" protestierten.

Das Vermummungsverbot in den Bezirken Innere Stadt, Leopoldstadt, Landstraße, Wieden, Margareten, Mariahilf, Neubau, Josefstadt und Alsergrund gilt von Freitag, 15 Uhr, bis Samstag, 3 Uhr. Wer gegen die Verordnung verstößt, dem droht eine Geldstrafe von bis zu 500 Euro oder, im schlimmsten Fall, eine zweiwöchige Gefängnisstrafe (siehe Gesetzestext unten). Die Polizei stellte jedoch klar, dass Vermummte nur dann belangt werden, wenn eine Straftat zu befürchten ist. Wer also am Freitagnachmittag einen Spaziergang im Prater unternehmen will und das Gesicht mit einem Schal verhüllt, muss sich vermutlich keine Sorgen wegen einer Strafe machen.

Die Verordnung der Polizei soll wohl der Abschreckung dienen, denn das Vermummungsverbot bei Demonstrationen ist bereits seit 2002 im Gesetz festgeschrieben.

Drei Demos

Generell sind drei Hauptdemonstrationszüge angemeldet, die Veranstalter rechnen laut Polizei mit jeweils 1.000 bis 1.500 Teilnehmern. Für zwei wird um 16.45 Uhr bei der Universität im Siegmund-Freud-Park gesammelt, der eine Zug wird sich um 17.30 Uhr in Richtung Stephansplatz bewegen. Der andere startet zur selben Zeit in Richtung Marcus-Omofuma-Denkmal beim Museumsquartier. Diese beiden Protestaktionen sollen um 19.00 Uhr beendet sein. Die dritte Demo ist ab 12.00 Uhr beim Bahnhof Wien-Mitte angemeldet, die Auftaktkundgebung soll um 15.00 Uhr stattfinden. Sie wird sich in Richtung Innenstadt bewegen und dabei den Morzinplatz passieren. Sie soll offiziell um 20.00 Uhr am Stephansplatz enden. Die Polizei vermutet, dass es im Umfeld dieses Demozuges am ehesten zu Ausschreitungen kommt. Angemeldet sind auch mehrere kleinere Kundgebungen.

Der Ball, die Proteste und die Polizeimaßnahmen werden am Freitag jedenfalls schon am Nachmittag umfangreiche Verkehrsbehinderungen zur Folge haben. Josef Binder, stellvertretender Leiter der Landesverkehrsabteilung der Wiener Polizei, appellierte an alle Verkehrsteilnehmer, ab 16.00 Uhr möglichst die Innenstadt zu meiden. Dazu gehören auch die Bezirke drei bis neun. Betroffen sind demnach ebenfalls die Hauptausfallsrouten entlang des Donaukanals zur Südosttangente und Richtung Norden zur Nordbrücke. Radfahrer und Fußgänger werden umfangreiche Umwege in Kauf nehmen müssen. Die Linien 1a, 2a und 3a werden eingestellt. Die Ringstraßenbahnlinien werden kurzgeführt.

§ 9 Versammlungsgesetz im Wortlaut

§ 9. (1) An einer Versammlung dürfen keine Personen teilnehmen,

1. die ihre Gesichtszüge durch Kleidung oder andere Gegenstände verhüllen oder verbergen, um ihre Wiedererkennung im Zusammenhang mit der Versammlung zu verhindern oder

2. die Gegenstände mit sich führen, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern.

(2) Von der Festnahme einer Person gemäß § 35 Z 3 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 wegen eines Verstoßes gegen Abs. 1 ist abzusehen, wenn der gesetzmäßige Zustand durch Anwendung eines gelinderen Mittels hergestellt werden kann; § 81 Abs. 3 bis 6 des Sicherheitspolizeigesetzes gilt sinngemäß.

(3) Darüber hinaus kann von der Durchsetzung der Verbote nach Abs. 1 abgesehen werden, wenn eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung, Ruhe und Sicherheit nicht zu besorgen ist.

Der Akademikerball in der Wiener Hofburg und die dagegen angekündigten Proteste am Freitag führen im Vorfeld weiter zu politischen Auseinandersetzungen. Im Visier der Kritiker aller Couleurs standen - je nach Standpunkt - am Mittwoch die Polizei, die Ballveranstalter sowie die Aktivisten, welche die Demos organisieren.

Der Klubobmann der Wiener Grünen, David Ellensohn, sah im geplanten Platzverbot einen "neuerlichen Kniefall (der Polizei, Anm.) vor dem Burschenschafter-Sprudelwasser-Abend in der Hofburg". Er zitierte den Wiener Polizeipräsidenten Gerhard Pürstl, der in einem Interview nach dem vorjährigen Ball auf die Frage, ob er im Jahr darauf wieder Demos gegen den Ball genehmigen werde, geantwortet hatte: "Die FPÖ hätte am liebsten, dass wir ganz Wien absperren und nur die Ballgäste in die Stadt lassen." Ellensohn dazu: "Der FPÖ-Wunsch ist für die Wiener Polizei Befehl - oder wie erklärt und Präsident die Untersagung der Kundgebungen und die Ausweitung des Platzverbotes?" Es sei "eine Schande für Wien, dass Holocaust-Überlebende, die an den geplanten Demonstrationen teilnehmen möchten, in ihren Grundrechten eingeschränkt werden, während zur gleichen Zeit Rechtsradikale in Lackschühchen statt Springerstiefeln in der Hofburg feiern." Der Grüne Justizsprecher Albert Steinhauser appellierte: "Die Wiener Polizei darf sich von der FPÖ nicht in eine Eskalationsstrategie gegenüber den DemonstrantInnen hetzen lassen."

Der Wiener FPÖ-Landesparteisekretär Hans-Jörg Jenewein richtete Ellensohn daraufhin aus, dieser sollen sich "um sein MAHÜ-Debakel kümmern". Tatsache sei jedoch, dass es bis heute "keine Distanzierung von Ellensohn und seinen linksextremen Stiefeltruppen zu den Gewaltexzessen der letzten Jahre" gegeben habe. Unterdessen kündigte der Wiener FPÖ-Kultursprecher Gerald Ebinger eine Anfrage an Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) an, da eine sogenannte "Aftershowparty" von Demonstranten in der Theaterlocation GarageX beworben werde, diese wiederum erhalte Subventionen der Stadt.

SOS Mitmensch forderte unterdessen ein Ende von Parteiveranstaltungen in der Hofburg. "Damit würde die Öffnung der Prunksalons der Republik für Vertreter rechtsextremer Verbindungen ein Ende finden. Der von der Hofburg-Betriebsgesellschaft viel strapazierten 'politischen Neutralität' würde mit dieser Lösung genüge getan. Darüber hinaus würde auch der geplante Umzug des Parlaments in die Hofburg davon profitieren, dass die Räume der Republik zur parteineutralen Zone erhoben werden", so SOS Mitmensch in einer Aussendung.

Kritik am Vermummungsverbot kam auch vom Bündnis "NOWKR": Die innerhalb des Gürtels geltende Verordnung gehe "weit über das ohnehin bestehende Versammlungsgesetz hinaus, das in § 9 regelt, dass auf Kundgebungen oder Demonstrationen die Verhüllung der Gesichtszüge verboten ist", erklärte Bündnissprecherin Elisabeth Litwak. "De facto können alle Menschen in den inneren Bezirken zu Personenkontrollen und -durchsuchungen angehalten werden - das kommt einem Polizeistaat gleich." Bei vorausgesagten Temperaturen um die null Grad und Schneefall sei es "geradezu böswillig, Fussgänger_innen rechtlich vorzuschreiben, ihre Schals zu Hause zu lassen".

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