5-Sterne-Zimmer um 99 Euro

20 Fünf-Sterne-Hotels gibt es derzeit in Wien.Um Kunden anzulocken, senken einige drastisch die Preise
Boom der Luxushotels führt zu Preisverfall. Die Konsumenten profitieren davon

Hotelzimmer in der Größe von kleinen Wohnungen; mit Himmelbett, Holzvertäfelung und Kristallluster. Wenn man an Unterkünfte im 5-Sterne-Sektor denkt, stellt man sich Luxus, Pomp und Dekadenz vor – und sicherlich keine Preise im zweistelligen Bereich. Doch genau solche Angebote tauchen zuletzt immer öfter auf – sehr zum Ärger vieler Hoteliers.

„Ich kenne Konkurrenten im 5-Sterne-Sektor, die Zimmer um 99 Euro anbieten“, sagt ein Hotelier. Eine Online-Recherche bestätigt das: Auf der Buchungsplattform Trivago gibt es etwa ein Angebot im Hilton Vienna Plaza am Schottenring um 99 Euro. Das Hotel wollte dazu keine Stellungnahme abgeben.

Preisniveau

5-Sterne-Zimmer um 99 Euro
Alexander Moj ist Direktor im Sofitel Vienna Stephansdom. Der Deutsche durchlief im Kempinski Hotel Vier Jahreszeiten seine Ausbildung. Nach weiteren Stationen bei Kempinski und im Pariser Hotel Ritz absolvierte er ein Masterstudium in Hospitality Management am IMHI, einen Studiengang der französischen ESSEC Business School und der amerikanischen Cornell Universität. 1998 begann er seine Karriere bei Accor in Paris im Internal Audit, wechselte in die USA und fungierte dort unter anderem als Regional Controller für Sofitel. Im September 2009 wechselte er ins Sofitel Munich Bayerpost als Hotel Manager. Im Juni 2013 folgte er William Haandrikman als Hoteldirektor des Sofitel Vienna Stephansdom, der das Luxushotel am Wiener Donaukanal eröffnet hatte. Wien am 02.12.2013.
Gabriela Benz vom Le Meridien Wien stellt jedoch klar: „Bei so einem ungesunden Preiskampf macht sich die Wiener Hotellerie den Markt selbst kaputt.“ Alexander Moj, General Manager im Sofitel Wien Stephansdom ergänzt: „Die Wiener Durchschnittspreise sind im Vergleich zum Rest von Europa sowieso schon niedrig. Es braucht ein gewisses Preisniveau, um als Destination attraktiv zu bleiben. “

Ein Grund für die niedrigen Preise ist das derzeit herrschende Überangebot an Betten. Mittlerweile gibt es in Wien 20 Luxushotels mit insgesamt 7705 Betten. In den vergangenen Jahren kamen viele namhafte Marken nach Wien; im Frühjahr 2014 wird zudem ein Park Hyatt am Hof eröffnen. Doch die Zahl der Touristen kann mit dem Betten-Zuwachs nicht mithalten. Ein beinharter Kampf um die Kunden ist die Folge.

Negativspirale

Die niedrigen Preise im Luxus-Sektor haben auch Auswirkungen auf das darunterliegende Marktsegment. Manfred Mayer, Vorstand der 4-Sterne Arcotel Hotel AG, gibt zu, dass die Zimmerpreise in Wien im Durchschnitt um sieben Euro gesenkt werden mussten.

Noch schlechter als den Ketten geht es kleinen Einzelunternehmen. Michael Strafinger führt die Hotel-Pension Suzanne, eine 3-Sterne-Unterkunft im 1. Bezirk. „Es wird von Jahr zu Jahr schwieriger“, erzählt der Hotelier. „Wir versuchen durch persönliche Betreuung zu überzeugen und so die Kunden an uns zu binden.“ Ursprünglich verlangte er für seine Zimmer zwischen 115 und 136 Euro. „Wie soll das funktionieren, wenn jetzt schon 5-Sterne-Hotels billigere Zimmer anbieten?“ Eine Tatsache, die ihn zusätzlich beunruhigt: Ende 2014 soll am Karlsplatz ein neues Motel One mit 400 Betten aufmachen. Strafinger: „Es bleibt nur zu hoffen, dass die Hoteliers wieder zur Besinnung kommen.“

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