Zugunglück in Italien: Suche nach Vermissten unter dem Wrack

.
27 Tote, 52 Verletzte, davon elf in kritischem Zustand - das ist die vorläufige Bilanz des schweren Zugsunglücks nördlich der süditalienischen Hafenstadt Bari.

Die Suche nach Vermissten unter den Trümmern sei noch im Gange, berichtete Italiens Verkehrsminister Graziano Delrio in einem Bericht vor dem Parlament am Mittwoch. Die Zahl der Todesopfer könne daher noch steigen. Die Identifizierung der Opfer sei wegen der entstellten Leichen schwierig, berichteten die Behörden. Bisher konnten lediglich 18 der 27 Opfer identifiziert werden. Die meisten Opfer waren Universitätsstudenten, Pendler und Touristen, die zum Flughafen Bari unterwegs waren. Zu den Opfern zählen auch die Lok-Führer der beiden Regionalzüge, die am Dienstag auf der Strecke zwischen Andria und Corato in Apulien frontal zusammengestoßen waren. Einem der beiden Lok-Führern, Pasquale Abbasciano, fehlte nur noch ein Jahr bis zur Pension, berichteten Angehörige. Unter den Toten befand sich auch ein Bauer, der in seinem Olivenhain entlang der Bahnstrecke die Äste eines Olivenbaums schnitt. Er wurde von den Trümmern der Unglückszüge tödlich am Kopf getroffen. Die Gemeinde Adria rief drei Trauertage aus. Die meisten Toten stammten aus dieser Stadt. Eine Schweigeminute wurde um 12.00 Uhr auf allen italienischen Bahnhöfen als Zeichen der Trauer eingehalten.

Ermittlung wegen fahrlässiger Tötung

Die Suche nach der Ursache des Unglücks ist voll im Gange. Minister Delrio kündigte die Einrichtung einer Untersuchungskommission, die die Hintergründe der Katastrophe klären soll. Die Staatsanwaltschaft der Region ermittelt wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung gegen unbekannt. Sie will auch feststellen, warum Pläne, die Unglücksstrecke zweigleisig zu machen, bisher nicht umgesetzt wurden. Verschwendung öffentlicher Gelder wird befürchtet. Vermutet wird menschliches Versagen oder ein technisches Problem. Einer der beiden Züge war mit einer Verspätung von einigen Minuten unterwegs. Gefunden wurde bisher nur eine Blackbox, nach der zweiten wird noch gesucht. Sie sollen wichtige Informationen über die Ursachen eines der schwersten Zugsunglücke der vergangenen Jahrzehnte in Italien geben.

Veraltetes Bahnnetz

Nach dem Bahnunglück ist eine heftige Diskussion über das veraltete regionale Bahnnetz in Süditalien entflammt. Konsumentenschutzverbände klagten, dass die Staatsbahnen in den vergangenen Jahren massiv in das rentable Hochgeschwindigkeitsnetz auf der Nord-Süd-Achse Turin-Mailand-Rom investiert und dabei das regionale Bahnnetz, vor allem im Süden, schwer vernachlässigt hätten. Ein geplanter Ausbau der Strecke zwischen Corato und Andria auf zwei Gleise war erst kürzlich wegen Finanzierungsproblemen verschoben worden. Italiens Bahnchef Renato Mazzoncini bestritt, dass eingleisige Bahnlinien gefährlich seien. "In Italien und im Rest der Welt sind die meisten Bahnlinien eingleisig. Das Sicherheitssystem hängt nicht von der Zahl der Gleise ab", sagte der CEO der Staatsbahnen (FS). 2.700 Kilometer Bahnnetz seien in Italien eingleisig.

Kommentare