Simbabwe: Vom "Brotkorb" Afrikas zum Armenhaus

Simbabwes Farmen sind heute abgewirtschaftet
Wie Robert Mugabe durch die Enteignung weißer Farmer das reiche Simbabwe ins Chaos stürzte.

"Wir lebten wie im Paradies", erzählt Judy Clark, eine resolute britische Lady alten Stils, der man ihre knapp 75 Jahre kaum ansieht. Geboren wurde sie Anfang der 40er Jahre im ehemaligen Rhodesien.

Mit ihrem Mann Graham kaufte sie Anfang 1963 Land etwa 30 Kilometer außerhalb der Hauptstadt Harares. Über die Jahre bauten die Clarks dort einen der größten Landwirtschaftsbetriebe des Landes auf, mit einer Fläche halb so groß wie das Burgenland. Angebaut wurden Weizen, Mais, Sojabohnen und Gemüse für den Export.

Zu Erntezeiten beschäftigten die Clarks mehr als 1000 Arbeiter. Am Hof standen Häuser für die Angestellten, es gab eine Grundschule und ein Spital. Heute lebt das Ehepaar in Nigeria, dort haben sie mit anderen weißen Farmern in der Provinz Kwara eine neue Heimat gefunden und sind wie in Simbabwe Bauern.

Weiße sind schuld

Die Clarks waren eine der ersten Opfer der zum Teil blutigen Landreform in Simbabwe zwischen 2000 und 2004, die das Land bis heute ins Chaos stürzen sollte. Mehr als 4.000 weiße Bauern wurden damals gewaltsam enteignet, und aus dem Land getrieben. "Wenn Robert Mugabe an die Macht kommt, ist es für uns Weiße aus, wurde uns immer wieder gesagt", erzählt Judy. Umso überraschter waren sie, als Mugabe 1980 nach der Unabhängigkeit, in seiner ersten Ansprache als Premier, sehr moderat über die Landreform sprach und sich mit den Weißen offenbar arrangieren wollte. Er wollte sich an das mit England vereinbarte Lancaster-House-Abkommen, dort wurde unter anderem vereinbart, dass innerhalb von 15 Jahren keine weißen Farmen verstaatlicht werden dürfen, halten. "Uns Weißen war aber immer klar, dass es notwendig sein wird, das Land gerechter aufzuteilen", sagt Judy.

Simbabwe galt nach seiner Unabhängigkeit 1980 als afrikanisches Musterland, das den Sprung von der Kolonie in die Selbstständigkeit geschafft hatte. Das Land wurde als "Brotkorb" des Kontinents bezeichnet. Infrastruktur, Bildung und medizinische Versorgung funktionierten. Mugabe regierte freilich mit eiserner Hand. Demokratische Entwicklungen wurden im Keim erstickt und die im Freiheitskampf versprochene Landverteilung verschleppt.

An den Besitzverhältnissen änderte sich nichts. Anfang der Neunzigerjahre besaßen 6,9 Millionen Schwarze genauso viel Land wie 250.000 Weiße. Knapp 98 Prozent des intensiv nutzbaren Bodens waren unter weißer Kontrolle.

Mitte der Neunzigerjahre kam es zu ersten sozialen Spannungen. Das Regime musste sich nach jahrelanger Misswirtschaft Strukturanpassungen des Internationalen Währungsfonds beugen. Die Folgen waren für die schwarze Bevölkerung verheerend. Der Lebensstandard sank auf das Niveau der Siebzigerjahre. Gewaltsame Ausschreitungen und Generalstreiks folgten.

Blutige Enteignungen

Mugabe setzte zur Niederschlagung die Armee ein und spielte im Machtkampf seine letzte Trumpfkarte aus. Er beschuldigte offen die weißen Farmer, hinter den Unruhen zu stecken. Er versprach eine sofortige Landreform, von der vor allem die ärmsten Bevölkerungsschichten profitieren sollten. In Brandreden begann er, Veteranen des Befreiungskriegs aufzuhetzen; sie sollten die weißen Farmer aus dem Land jagen und ihre Ländereien besetzen.

Anfang 2000 verschlechterte sich die Lage immer mehr. "Alles lief drunter und drüber. Wir hörten von ersten Zwischenfällen und Übergriffen", erzählt Judy. Plündernde Banden zogen über das Land, sie terrorisierten die Menschen, die ersten Weißen wurden ins Gefängnis gesteckt. Das Anwesen von den Clarks wurde über Nacht enteignet. Ein Günstling Mugabes, ein ehemaliger General, krallte sich das Land. "Wir hatten nur wenige Stunden Zeit, um unser Haus zu verlassen", erzählt Judy.

Die unkontrollierte Enteignung hatte für Simbabwe fatale Folgen. Die Wirtschaft brach komplett zusammen, die Inflation stieg ins Unermessliche. "Den Menschen, die jetzt auf den Farmen lebten, fehlte das Know-how, das Land zu bewirtschaften", sagt Judy. War Simbabwe über Jahrzehnte Selbstversorger, mussten in Folge fast alle landwirtschaftlichen Produkte importiert werden. Heute wird nur mehr zehn Prozent der Nutzfläche bewirtschaftet.

"Eine faire Landreform funktioniert nur ohne politischen Einfluss über unabhängige Stellen. Aber das wusste Mugabe schon damals", sagt Judy. Aber für seinen Machterhalt habe er das Land bewusst und sehenden Auges in den Abgrund gestürzt. Und die Folgen werden für die Bevölkerung auch nach seinem Abgang noch jahrzehntelang zu spüren sein.

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