So wird man Namenspatron für Hochs und Tiefs

Bild vom Sturmtief "Joachim" aus dem Jahr 2011.
Hochdruckgebiete bekommen 2016 männliche Vornamen, Tiefdruckgebiete weibliche.

In wenigen Tagen startet an der Freien Universität Berlin wieder der Verkauf von Wetterpatenschaften für den deutschsprachigen Raum. "Ab dem 16. September nehmen wir Anträge für Hoch- und Tiefdruckgebiete für 2016 an", sagte Daniela Schoster vom "Team Wetterpate" am Institut für Meteorologie.

Im kommenden Jahr tragen die Tiefdruckgebiete weibliche und die Hochdruckgebiete männliche Vornamen. Für das laufende Jahr seien noch Patenschaften für Tiefdruckgebiete zu vergeben. Gesucht würden Interessenten für die Anfangsbuchstaben "I", "Q", "V", "X", "Y" und "Z".

"Tiefs sind meteorologisch interessanter", sagte FU-Meteorologe Thomas Dümmel. "Bei einem Hoch ist das Wetter eher langweilig - trocken, gleichförmig und gut zu vorhersagen." Wer einen Wetter-Interessierten beschenken wolle, sollte ein Tief wählen, empfiehlt Dümmel. Schäden infolge von Unwettern gebe es nur bei einem relativ kleinen Prozentsatz.

Ab 199 Euro ist man Tief

Das Institut vergibt seit 1954 Namen für Hoch- und Tiefdruckgebiete, die das Wetter in Mitteleuropa beeinflussen. Die Wetterdienste und Medien veröffentlichen diese Namen, die auf zahlreichen Wetterkarten erscheinen. Begonnen wird am Anfang eines jeden Jahres immer mit dem Buchstaben "A". In alphabetischer Reihenfolge werden dann jeweils die Namen der Hochs und Tiefs veröffentlicht. Erfahrungsgemäß gibt es mehrere Runden. Bei Hochdruckgebieten seien es meist zwei Durchläufe und bei weniger beständigen Tiefs fünf Runden pro Jahr, sagte Schoster.

Durch den Verkauf der Namen für Hoch- und Tiefdruckgebiete unter www.wetterpate.de könne die studentische Wetterbeobachtung an der Station Berlin-Dahlem fortgesetzt werden. 2002 stand das Projekt vor dem Aus. Patenschaften für Hochdruckgebiete kosten ab ca. 299 Euro. Tiefdruckgebiete gibt's billiger, ab rund 199 Euro. Buchstaben für Hochs oder Tiefs, die keine Paten finden, werden bei Ebay versteigert. Momentan sei der Buchstabe "Q" in der Versteigerung. Das Anfangsgebot liegt bei einem Euro. Die Online-Auktion läuft noch bis zum 6. September.

Wenn sich auch bei Ebay kein Käufer finde, werde der Namen von den Studenten aus dem Projekt vergeben, sagte Schoster. Eine Patenschaft gilt als beliebtes und originelles Geschenk zu Weihnachten, Geburtstagen oder zu besonderen Anlässen. In diesem Jahr machten etwa die Hochs "Walburga" und "Annelie" Schlagzeilen: Sie brachten im Juni und im Juli heißes Sommerwetter.

Zur Geschichte

Obwohl die Aufzeichnung von Wetterdaten teilweise bis in die Zeit der Renaissance zurückgeht, ist die Benennung von Druckgebilden bei weitem nicht so alt. Im 2. Weltkrieg begann der US-Wetterdienst , Taifune im Pazifik in alphabetischer Reihenfolge mit weiblichen Vornamen zu benennen. Damit konnte man sich einen besseren Überblick über die Wettersituation verschaffen, vor allem, wenn mehrere Taifune gleichzeitig auftraten. Diese Benennung war so hilfreich, dass bald auch Hurrikane im Atlantik mit Namen versehen wurden. Am Institut für Meteorologie der FU Berlin regte 1954 die damalige Studentin und spätere ZDF-Fernsehmeteorologin Dr. Karla Wege an, auch den Druckgebilden in Mitteleuropa Vornamen zu geben. Zur besseren Übersicht über die Wettersysteme in den Wetterkarten, wurden seitdem in alphabetischer Reihenfolge Tiefdruckwirbel mit weiblichen und Hochdruckgebiete mit männlichen Vornamen belegt. Dazu gab es zehn Durchgänge durch das Alphabet, die nacheinander abgearbeitet wurden, bis man wieder mit der ersten Liste begann. Somit gab es also zunächst 10 x 26 = 260 Namen für Hochs und entsprechend auch 260 Namen für Tiefs.

So wird man Namenspatron für Hochs und Tiefs
This NOAA weather map is diagramed to show where flooding and heavy wind and rain is expected from hurricane Isabel, on Thursday, 18 September2003. EPA/NOAA-EPA PHOTO EPA PHOTO/EPA/NOAA//

In den darauf folgenden Jahrzehnten wurde diese Praxis der Namensvergabe kaum über die Stadtgrenzen Berlins hinaus bekannt. Erst im Februar 1990, als ungewöhnlich viele und starke Stürme über Deutschland hinwegtobten, wurden die Medien in Deutschland durch die Orkantiefs "Vivian" und "Wiebke" auf die Praxis der Namensgebung aufmerksam. Seitdem wurde die Verbreitung der von der FU Berlin getauften Druckgebilde und deren Verwendung in den Medien zum Standard.

Keine Diskriminierung

Zu diesem Zeitpunkt wurden in den USA schon lange den Tiefdruckwirbeln immer abwechselnd weibliche und männliche Vornamen zugewiesen, allerdings nur diesen und auch nur dann, wenn sie das Unwetterstadium erreichten. Dagegen wurden hier in Berlin immer alle Hoch- und Tiefdruckgebilde "getauft", die das Wetter in Mitteleuropa beeinflussen.

In Deutschland kam 1998 in den Medien eine Diskussion über die Vergaberegeln wegen einer möglichen Diskriminierung der Frauen auf. Doch der Streit konnte bald beigelegt werden: In Absprache mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) und privaten Wetterfirmen wurde ein jährlich wechselnder Turnus eingeführt, den Hochs und Tiefs abwechselnd weibliche und männliche Vornamen zu geben.

Im November 2002 wurde schließlich die Aktion Wetterpate ins Leben gerufen. Mit Hilfe der Bevölkerung werden seitdem die alphabetischen Listen erstellt und gleichzeitig die studentische Wetterbeobachtung an der Wetterstation 10381 (Berlin-Dahlem) unterstützt, die seit März 2002 erfolgreich für die ununterbrochene Fortführung einer der längsten Beobachtungsreihen der Welt sorgt. Im November 2012 feierte die "Aktion Wetterpate" ihr 10-jähriges Jubiläum. Bis heute konnten bereits über 2000 Menschen aus 15 europäischen Ländern sowie Brasilien, Japan, den USA und Südafrika als Wetterpaten begrüßt werden.

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