Wenn die Meister baden gehen

Nicht nur Regen trübt Vergnügen. In Deutschland gibt es zuwenig Bademeister.
In Deutschland herrscht akuter Mangel an Bademeistern, mindestens 2500 fehlen.

Regen bremst derzeit etwas die Laune im Freibad in Hausach, einem Städtchen im Mittleren Schwarzwald. Ansonsten wird das Schwimmbad gern besucht – die 50-Meter-Bahn, der Fünf-Meter-Sprungturm ziehen die Menschen aus den umliegenden Ortschaften an, Feriengäste aus ganz Deutschland und den Beneluxländern finden sich jeden Sommer ein.

Doch der Badespass ist diese Saison eingeschränkt, nicht allein durch Regen: die Öffnungszeiten sind um drei Stunden gekürzt, das beliebte Frühschwimmen, bei dem Berufstätige noch vor Arbeitsbeginn ihre Bahnen zogen, ist ebenfalls passé.

"Wegen Fachkräftemangels" – so erklärt ein Zettel am Eingangsgebäude aus Backstein die Einschränkungen. Es gibt zu wenig Bademeister und Bademeisterinnen. Nicht nur in Hausach: es ist ein deutschlandweites Phänomen.

"Wir haben in diesem Jahr einen Mangel an Schwimmmeistern von etwa 2500 im Land, die Zahl sollte eher nach oben korrigiert werden, Tendenz steigend", so Peter Harzheim, Präsident des Bundesverbands Deutscher Schwimmmeister.

Auf das Problem habe er seit Jahren hingewiesen. Die Ursachen seien vielfältig – der Beruf, der seit 1975 Lehrberuf ist, habe ein Imageproblem. Denn der Bademeister schlendere nicht allein am Beckenrand entlang. Schwimmmeister, wie sie offiziell genannt werden, würden auch in Technik und Chemie ausgebildet, Psychologie sowie Management. Und vor allem gebe es da die Verantwortung für die Gäste. "Es geht um Menschleben", betont Harzheim.

Vielen Kommunen seien die Fachkräfte heute zu teuer, einige würden die Bäder privatisieren. Dann bekämen Schwimmmeister meist nur noch 1500 Euro brutto, in kommunalen Bädern liege die Bezahlung bei Berufsanfang noch bei 2200 bis 2300 Euro brutto. " Freibäder sind Zuschussbetriebe und werden es immer sein, sonst werden die Eintrittpreise zu hoch." Immer mehr Schließungen würden drohen.

Titisee

Als prominenter Fall gilt die Doppelstadt Titisee-Neustadt, mit 550.000 Übernachtungen im Jahr einer der beliebtesten Ferienorte im Schwarzwald. Der Titisee, entstanden durch Gletscher aus den letzten Eiszeiten, lockt traditionell Badelustige. Dort ist das Strandbad nur noch eine Badestelle ohne Aufsicht. Die Becken am Seerand daneben stehen leer und wurden unzugänglich gemacht. "Wir hatten im Januar und Februar zwei Kündigungen und konnten später niemanden mehr finden, obwohl wir breit annonciert hatten", so Lothar Huber der Hauptverwalter der Stadt. Der Ort ist nicht unvermögend, an der Bezahlung kann es nicht gelegen haben.

Als Erklärung greift Huber zurück in seine Kindheit. "Früher, da hatten wir einen Bademeister pro Schwimmbad, der hat dann in der Saison 12 bis 14 Stunden am Tag geschrubbt, das geht von den heutigen Arbeitsschutzbestimmungen nicht mehr."

Zunehmend würden die Versicherungen immer mehr Ansprüche an die Anlagen stellen, damit Badeunfälle vermieden werden. Nach der Badesaison werde in einer Gemeindesitzung besprochen, wie es denn weiter gehen soll.

Mittlerweile sollen in den rund 400 Freibädern im wirtschaftlich prosperierenden Baden-Württemberg etwa 300 bis 400 Stellen unbesetzt sein. Besonders im Großraum Stuttgart, wo die Autoindustrie mit ganz anderen Gehältern locke, gebe es Mangel,erfährt man von Peter Harzheim.

Deutschlands erster Bademeister verlangt von der Politik mehr Investitionen in die Ausbildung und eine bessere Finanzierung der Bäder für notwendige Sanierungen. Die Diskussion um Flüchtlinge als Bademeister mag Harzheim jedoch nicht so sehr ("Fangen Sie nicht mit diesem Thema an!"), da habe es letztes Jahr in den Medien Wirbel gegeben, als er vorschlug, Flüchtlinge zum Bademeister auszubilden. "Wenn sie die Voraussetzungen wie Sprachkenntnisse mitbringen, sei dies möglich", dazu stehe er immer noch. Einige Fallbeispiele gebe es bereits.

Kommentare