USA

Giftmittel läuft ab: Hinrichtungswelle in USA

.
Ab Mitte April sollen acht Häftlinge in zehn Tagen hingerichtet werden. Es wäre die größte Hinrichtungswelle seit mehr als 40 Jahren.

Gegner der Todesstrafe sprechen bereits von "Hinrichtungen wie am Fließband": Weil bei einem der Mittel für die Giftspritze das Haltbarkeitsdatum abläuft, sollen im US-Bundesstaat Arkansas ab Mitte April acht zum Tode verurteilte Häftlinge in zehn Tagen hingerichtet werden. Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten wäre es die größte Hinrichtungswelle in den USA seit mehr als 40 Jahren.

Der Grund für die Eile ist das Haltbarkeitsdatum der Vorräte an Midazolam, das bei Hinrichtungen als Betäubungsmittel verabreicht wird. Es läuft Ende April ab. Der republikanische Gouverneur von Arkansas, Asa Hutchinson, hat deshalb per Dekret angeordnet, bis Ende des Monats binnen zehn Tagen acht Verurteilte hinrichten zu lassen. Betroffen sind acht Männer, die im Schnitt seit 20 Jahren im Todestrakt sitzen.

Giftmittel läuft ab: Hinrichtungswelle in USA
(FILES) (COMBO) This combination of pictures obtained from the Arkansas Department of Correction and created on March 17, 2017 shows death row inmates (L-R, top) Don William Davis, Stacey Eugene Johnson, Jack Harold Jones and Ledelle Lee; (L-R, bottom) Jason F McGehee, Bruce Earl Ward, Kenneth D Williams and Marcel W Williams. The US state of Arkansas is racing to execute eight death row inmates in 10 days in April 2017 to beat the expiration date on a hard-to-get drug used in lethal injections. / AFP PHOTO / Arkansas Department of Correction / HO / RESTRICTED TO EDITORIAL USE - MANDATORY CREDIT "AFP PHOTO / Arkansas Department of Correction" - NO MARKETING NO ADVERTISING CAMPAIGNS - DISTRIBUTED AS A SERVICE TO CLIENTS
Gegner der Todesstrafe verweisen darauf, dass Arkansas seit 2005 kein Todesurteil mehr vollstreckt hat. Gouverneur Hutchinson plant nun jedoch gleich vier Doppelhinrichtungen in zehn Tagen: Er will jeweils zwei Verurteilte am 17., 20., 24. und 27. April hinrichten lassen.

Nach Angaben des Death Penalty Information Center (DPIC) wurden seit der Wiedereinführung der Todesstrafe in den USA im Jahr 1976 in keinem Bundesstaat acht Menschen innerhalb von zehn Tagen hingerichtet. Nur in Texas seien 1977 einmal acht Verurteilte in einem Monat hingerichtet worden.

Doppelhinrichtungen "äußerst ungewöhnlich"

Auch Doppelhinrichtungen seien äußerst „ungewöhnlich“, erklärte das DPIC. In den vergangenen 40 Jahren seien in den USA nur zehn Mal zwei bis drei Menschen am selben Tag hingerichtet worden. Mehrere Doppelhinrichtungen in einer Woche habe es noch nie gegeben.

Der Grund für die Hinrichtungswelle in Arkansas ist profan: In den USA werden die tödlichen Substanzen für die Giftspritzen knapp, weil sich viele europäische Pharmafirmen weigern, den US-Behörden Nachschub zu liefern. Midazolam steht bereits seit langem in der Kritik, weil es offenbar nicht stark genug ist, um Schmerzen der Todeskandidaten zu vermeiden.

Im April 2014 hatte der qualvolle Tod eines verurteilten Mörders bei einer Hinrichtung im Bundesstaat Oklahoma weltweit für Entsetzen gesorgt: Der Todeskampf von Clayton Lockett hatte nach einer Giftinjektion mit Midazolam 43 Minuten gedauert. Dabei wand er sich vor Schmerzen.

Die Hinrichtungen in Arkansas wurden durch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Februar ermöglicht. Die Richter wiesen eine Klage gegen das dort übliche Verfahren für Exekutionen mit der Giftspritze ab.

Betroffene: "Irreparables Leid"

In der vergangenen Woche reichten die betroffenen Häftlinge eine neue Klage ein: Die beschleunigte Vollstreckung ihrer Todesurteile gebe ihnen nicht genügend Zeit, um ihren Widerspruch vorzubereiten, erklärten die Männer. Durch den „wilden Hinrichtungszeitplan“ werde jedem Kläger „irreparables Leid“ zugefügt, schrieben sechs der acht Betroffenen in ihrer Klage.

Hutchinson sagte, er wünsche sich eigentlich eine Verlängerung des Haltbarkeitsdatums für Midazolam „um mehrere Monate oder Jahre“. Die Situation sei aber nun mal nicht so. Zudem sei „unsicher“, ob die Behörden ein anderes Mittel beschaffen könnten, erklärte der Gouverneur. Die Hinterbliebenen der Opfer der Straftaten sollten nach jahrzehntelangen Verfahren nun aber nicht länger „mit Ungewissheit leben müssen“.

Giftmittel läuft ab: Hinrichtungswelle in USA
(FILES) This file photo taken on June 29, 2016 shows an activist wearing a t-shirt calling for the end of executions during a fast and vigil to abolish the death penalty in front of the US Supreme Court in Washington, DC. The US state of Arkansas is racing to execute eight death row inmates in 10 days in April 2017 to beat the expiration date on a hard-to-get drug used in lethal injections. / AFP PHOTO / MANDEL NGAN
Die konservativen Wähler in Arkansas dürften die Hinrichtungswelle unterstützen: Der Heimat-Bundesstaat des demokratischen Ex-Präsidenten Bill Clinton ist seit Jahren fest in republikanischer Hand.

Außerhalb des landwirtschaftlich geprägten Staats im Süden der USA regt sich jedoch Protest. Der Direktor der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, Kenneth Roth, nannte das „Eiltempo“ bei den Hinrichtungen „grotesk“. Die „New York Times“ kritisierte Hutchinsons Begründung in einem Leitartikel als „absurd“: Der Gouverneur rechtfertige eine „staatlich sanktionierte Mordserie“ mit dem „Haltbarkeitsdatum auf einer Flasche“.

Kommentare