Die Welt steuert auf einen neuen Flüchtlingsrekord zu
Bereits 60 Mio. Menschen weltweit. Hauptursache Syrien-Krieg. Am meisten Asylanträge in Deutschland.
18.12.15, 12:19
Die EU-Staaten wollen bis Juni über die Kommissionspläne für einen europäischen Grenzschutz entscheiden, der notfalls auch gegen den Willen nationaler Regierungen eingreifen soll. Das war das zentrale Thema beim Mini-Gipfel der "Koalition der Willigen" am Donnerstag in Brüssel. Doch Uneinigkeit zwischen Netto-Zahlern und Netto-Empfängern blockiert eine gemeinsame EU-Flüchtlingspolitik.
2015 erstmals mehr als 60 Millionen Menschen
Die Zeit drängt jedenfalls. Die Welt steuert nach Angaben des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR in diesem Jahr auf einen neuen Flüchtlingsrekord zu. 2015 dürften nach Schätzung der
Vereinten Nationen erstmals mehr als 60 Millionen Menschen auf der Flucht sein. Einer von 122 Menschen weltweit wäre damit Flüchtling, Asylsuchender oder innerhalb seines Heimatlandes auf der Flucht, teilte das Flüchtlingshilfswerk am Freitag mit.
Frontex wird verstärkt
Die EU-Grenzschutzagentur Frontex weitet ihr Engagement im östlichen Mittelmeer aus. Um Griechenland bei der Bewältigung der Flüchtlingslage zu helfen, beginne am 28. Dezember der neue Einsatz "Poseidon Rapid Intervention" (Poseidon schneller Eingriff), teilte die Behörde in Warschau am Freitag mit. Sie solle einen stärkeren Akzent auf Sicherheitsüberprüfungen der Flüchtlinge setzen. Rund 375 Beamte und Dolmetscher kämen zum Einsatz, darunter Experten für Fingerabdrücke und gefälschte Dokumente. Zusätzlich sollen mehrere Schiffe das Mittelmeer patrouillieren.
Syrien-Krise dominiert
Hauptursache sei der Syrien-Krieg. Doch selbst ohne Berücksichtigung des Konflikts nähmen Flucht und Vertreibung zu. 2015 könnte somit ein absoluter Höchststand erreicht werden. "Es war nie wichtiger, Toleranz, Mitgefühl und Solidarität gegenüber den Menschen zu zeigen, die alles verloren haben", erklärte UNO-Flüchtlingskommissar António Guterres.
Die Schätzung basiert auf dem UNHCR-Halbjahresbericht, der die ersten sechs Monate dieses Jahres abbildet. Demnach überstieg die Zahl der Flüchtlinge Mitte 2015 mit 20,2 Millionen Menschen weltweit zum ersten Mal seit 1992 die 20-Millionen-Marke. Geschätzte 34 Millionen Menschen seien Binnenvertriebene gewesen.
Die Zahl der Asylanträge sei im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 78 Prozent auf 993.600 geklettert. Die meisten seien in Deutschland gestellt worden. Mit 159.000 seien es in der ersten Jahreshälfte bereits fast genauso viele wie ganz 2014 gewesen.
Dabei spiegle der Bericht die aktuellen Fluchtbewegungen über das Mittelmeer nach Europa nur teilweise wider, da die Ankünfte erst in der zweiten Jahreshälfte stark angestiegen seien.
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