Türkischer Vize-Premier gegen Frauen-Lachen
Der türkische Vize-Regierungschef Bülent Arinc will nicht, dass Frauen in der Öffentlichkeit laut lachen. Das vertrage sich ebenso wenig mit dem Wert der Tugendhaftigkeit wie die Zurschaustellung weiblicher Reize, sagte Arinc laut Zeitungsberichten vom Dienstag. Der Regierungssprecher beklagte einen Verfall der Moral in der Türkei. "Wo sind die Mädchen, die leicht errötend die Augen niederschlagen wenn sie uns anschauen, und so zu Symbolen der Sittsamkeit werden?", fragte er.
Arinc sagte, Probleme wie wachsender Drogenkonsum schon bei jungen Menschen sowie Gewalt gegen Frauen seien Zeichen eines moralischen Niedergangs. Fernsehsendungen führten zudem zu einer "Sex-Abhängigkeit" junger Leute. Als Gegenmittel empfahl Arinc den muslimischen Türken die Lektüre des Koran. Die Tugendhaftigkeit sei ein hoher Wert. Männer sollten ihren Frauen treu bleiben, und Frauen sollten in der Öffentlichkeit weder laut lachen noch ihre Attraktivität zeigen.
Der Vize-Regierungschef kritisierte auch einen angeblichen Hang von Frauen zu "stundenlangen" Gesprächen am Handy. Dabei würden Kochrezepte ausgetauscht und Klatschgeschichten erzählt. Frauen sollten sich solche Gespräche für persönliche Treffen aufsparen.
Protest
Die Türkinnen ließen die Forderungen Arincs nicht unbeantwortet: Die Fernsehjournalistin Banu Güven rief zu wöchentlichen Lach-Kundgebungen von Frauen auf. Im Internet luden die Menschen hunderte Fotos lachender Türkinnen hoch und beschimpften den Politiker als Sittenwächter. Der Kandidat der großen Oppositionsparteien für die Präsidentschaftswahl am 10. August, Ekmeleddin Ihsanoglu, wies Arincs Äußerungen ebenfalls scharf zurück. Nichts brauche die Türkei so sehr wie das fröhliche Lachen von Frauen, erklärte Ihsanoglu im Internetportal Twitter. Ihsanoglu tritt bei der Präsidentenwahl gegen den als haushohen Favoriten geltenden Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan an. Dieser hatte ja selbst in den vergangenen Jahren die Angst vor einer Islamisierung der Türkei angefacht - etwa durch Alkoholwerbeverbote, Vorschläge für die Bestrafung des Ehebruchs und mit seinem Auftreten gegen gemeinsame Studentenwohnheime für Frauen und Männer.
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