Habsburger-Nostalgie blüht in Polen

Die k.u.k. fans in Polen
Ein kleiner Traditionsverein will einen K.u. K. Raddampfer restaurieren.

Przemyslaw Jaskolowski und das Schiff Krystyna scheinen beide aus der Zeit gefallen: hier, der etwas untersetzte Herr in einer K.u.K. Sommer-Felduninform im Range des Majors und daneben ein 38 Meter langes schmales Schiff, dass am Ufer eines Seitenkanals der Weichsel nahe Warschau vor sich hinrostet.

Krystyna hat eine Geschichte, an die Jaskolowski gemahnen will. Damals, als SMS noch nicht "Short Message Service" sondern "Seiner Majestät Schiff" hieß – gehörte der Seitenschaufeldampfer "S.M.S. Krystyna" zur Flotille des K.u.K Festungsartillerieregiment No. 2 bei Krakau. Am 5. August 1914, ein Tag vor der Kriegserklärung Wiens an das Zarenreich, war das Schiff in einem Verband bei einem Angriff auf russische Schiffe auf der Weichsel engagiert. Die Grenze zwischen Österreich-Ungarn und Russland verlief nur wenige Kilometer nördlich von Krakau.

"Mein Ur-Urgroßvater war ein ungarischer General in der K.u.K. Armee und mein Großvater hat viel davon erzählt", erklärt der 41-jährige seine Begeisterung für das Habsburgerreich mit der er andere angesteckt hat.

Als Student der Ingenieurwissenschaften gründete er 1996 die Vereinigung "Festungs-Artillerie-Regiment No. 2" um mit 15 Getreuen an die alte Militärtradition zu erinnern. Seiner Frau Magdalena ist die Rolle der Sanitäterin zugedacht, die meisten Mitglieder leben jedoch in Krakau, von wo auch Jaskolowski stammt. Zwei pensionierte österreichische Diplomaten haben sich zudem eingetragen.

Wird der geschichtsbegeisterte Ingenieur angerufen, so braust "Unter dem Doppeladler", der populäre Marsch von Josef Wagner, aus dem Smartphone.

Gute Erinnerungen

Allgemein hat das Wort "Habsburg" in Polen keinen schlechten Klang. Die Monarchie ist dort im Vergleich zu den weiteren Mächten Preußen und Russland, die sich Polen im 18. Jahrhundert aufteilten, in relativ guter Erinnerung.

Jaskolowski verweist so auf die Ablösung von der alten Regentschaft – die Entwaffnung der Österreicher und Deutschen durch polnische Truppen in Krakau zwischen dem 30. Oktober und 1. November 1918 – ohne dass es dabei zu Blutvergießen kam. Dieser Übergang wird von seinem Verein Jahr für Jahr nachgestellt. Im Jahr 2018 gibt es dann anlässlich der Hundertjahrfeier der polnischen Unabhängigkeitsfeier den großen Auftritt.

Oft trifft sich der Verein mit anderen Traditionsklubs in ganz Europa, oft in Österreich, kürzlich war man in St. Pölten im Haus der Geschichte und in Kroatien.

Auf die "SMS Krystyna" stieß Jaskolowski über den Philosophen Ludwig Wittgenstein, dieser diente als Soldat auf einem anderen Schiff der Flottille bei Krakau.

Geschichte der Krystyna

Jaskolowski fand heraus, dass ein Schiff noch existiert – die Krystyna. Diese hatte im polnisch-sowjetischen Krieg 1920 noch eine wichtige Aufgabe – sie blockierte die Überquerung der bolschewistischen Truppen nördlich von Warschau, später diente sie als Transportschiff.

Ein Segelverein kaufte die Krystyna in den neunziger Jahren, die Kanone, Maschinengewehre, das Schaufelrad sind längst verschwunden, im Inneren ist viel zerstört. Auf fünf Millionen Zloty (1,2 Millionen Euro) taxiert der Historienfreund die Restauration, ein Sponsor sei noch nicht in Sicht. Die österreichische Regierung macht ihr Engagement von der polnischen abhängig, von dort gibt es keine klaren Signale. Dabei sollte das Schiff, das 1903 in Linz vom Stapel lief, in Zukunft wieder schwimmen, eine Touristenattraktion Warschaus werden und anschaulichen Geschichtsunterricht bieten.

Zum Schluss liefert der gebürtige Krakauer doch noch eine politische Erklärung für seine Faszination: Im Habsburgerreich mussten sich 18 Völker mit unterschiedlichen Sprachen und Religionen verständigen – das ähnle doch der Situation der EU heute.

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