Kapstadt läuft die Zeit davon

Bereits jetzt muss man sich an manchen Orten für Wasser anstellen.
Die Wassernot wird immer schlimmer: Im April wird das Leitungswasser abgedreht, dann droht Anarchie.

Wer bis jetzt noch daran zweifelt, dass die nächsten großen Kriege dieser Welt um Trinkwasser geführt werden, sollte genau nach Kapstadt schauen. In der Fünf-Millionen-Einwohner Metropole in Südafrika wird nach aktuellem Stand am 21. April die städtische Wasserversorgung abgedreht – vermutlich sogar noch früher, denn die erwartete "Stunde Null" wandert momentan wöchentlich weiter nach vorne.

Die zuständige Premierministerin Hellen Zille fand am gestrigen Montag erstmals drastische Worte: "Die Herausforderung ist größer als die Folgen des Zweiten Weltkriegs oder des 11. September in New York City." Erst kürzlich wurde laut lokalen Medien der Bau einer wichtigen Entsalzungsanlage vorerst gestoppt. Schuld an dem drohenden Desaster ist nicht nur der seit drei Jahren ausbleibende ergiebige Regenfall, sondern auch schlichte Unfähigkeit der Verantwortlichen und möglicherweise Korruption. Der eigene Stadtrat lehnte kürzlich sogar eine Dürresteuer ab, mit der die Bürgermeisterin Patricia De Lille einen Rettungsplan erstellen wollte.

Rationiertes Wasser

Verschärft wird das Problem dadurch, dass die Bevölkerung nicht genug Wasser spart. Ab Februar dürfen nur noch 50 Liter pro Tag und Person verwendet werden, doch selbst an die zuvor verordneten 87 Liter hielt sich nicht einmal die Hälfte der Bewohner. Zum Vergleich: Ein Durchschnittsösterreicher verbraucht 135 Liter Wasser pro Tag, je rund 40 davon für Duschen und Toilettspülung. "Wir stellen uns bereits die Frage, ob wir heute duschen gehen oder auf das WC", sagt eine Kapstädterin. In lokalen Zeitungen wird bereits diskutiert, ob es hygienisch unproblematisch ist, beides gemeinsam unter der Dusche zu erledigen.

Dabei ist die schärfste Regelung noch gar nicht in Kraft, ab der Stunde Null dürfen nur noch 25 Liter pro Tag abgezapft werden. Allerdings nicht aus der Wasserleitung, dafür werden derzeit 200 öffentliche Verteilerzentren gebaut. Dort wird das Militär täglich pro Standort an 5000 bis 10.000 Menschen das rare Nass ausgeben. Die South African National Defence Force will Wasser in Militärbasen sichern. "In einer solchen Katastrophe wird die normale Polizeiarbeit völlig unzureichend sein", sagte Zille. Der Kapexpress befürchtet einen logistischen Albtraum, die Premierministerin fragt bereits in ihrer wöchentlichen Zeitungskolumne: "Wie schaffen wir es, Anarchie zu verhindern?" Antwort liefert sie keine.

Unruhen drohen

Um dem für Südafrika lebenswichtigen Tourismus nicht zu schaden, könnte die Innenstadt sogar weiter mit Leitungswasser versorgt werden. Doch das dürfte die sozialen Spannungen weiter verschärfen, denn in den "Townships" (Armenviertel), in denen rund 2,5 Millionen großteils Schwarzafrikaner leben und wo die Verbrechensrate gigantisch ist, könnte das für Auseinandersetzungen sorgen, die auch auf die Innenstadt übergreifen. In den vergangenen Monaten ist auch hier die Verbrechensrate wieder angestiegen.

"Die Schlacht kann noch gewonnen werden", verbreitet The South African Durchalteparolen. Gesetzt wird auf Versprechen der Regierung, wonach bis Ende April 150 Millionen Liter Wasser pro Tag zusätzlich gefördert werden können. "Doch das alleine wird uns vor der Stunde Null nicht bewahren", sagt die Premierministerin.

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