Hurrikane mit Frauennamen sind tödlicher

Hurrikane mit Frauennamen sind tödlicher
Wissenschaft kurios: "Weibliche" Wirbelstürme werden als weniger bedrohlich wahrgenommen - und fordern deshalb mehr Opfer.

Es klingt ein wenig nach schlechtem Stereotyp - wissenschaftlich ist die Erkenntnis aber offenbar durchaus haltbar: Wie US-Forscher jetzt herausgefunden haben, fordern Hurrikane mit einem weiblichen Namen mehr Todesopfer als solche mit einem männlichen Namen. Vermutlich würden sie von der Bevölkerung als weniger bedrohlich wahrgenommen, so die Wissenschaftler in den "Proceedings" der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften. Die Menschen seien infolgedessen weniger bereit, Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen und zum Beispiel Evakuierungsempfehlungen zu folgen.

Launische, weibliche Stürme

Das System der Namensgebung sollte überdacht werden, raten die Wissenschafter. Lange Zeit bekamen Hurrikane in den USA nur weibliche Namen. Meteorologen damals hielten das aufgrund der launischen Natur der Wirbelstürme für angemessen, berichteten Kiju Jung von der Universität von Illinois in Urbana-Champaign (Champaign/US-Staat Illinois) und seine Mitarbeiter. In den 1970er Jahren wurde diese Praxis geändert. Seitdem bekommen Hurrikane abwechselnd weibliche und männliche Namen von einer bereits vor der Hurrikan-Saison festgelegten Liste.

Die Wissenschafter analysierten nun in ihrer Studie, ob es einen Zusammenhang zwischen Namensgebung und der Zahl der Todesfälle durch Hurrikane gibt. Sie werteten insgesamt 92 atlantische Hurrikane aus, die zwischen 1950 und 2012 in den USA auf Land getroffen waren. Zwei Stürme schlossen sie wegen ihrer besonderen Stärke aus: Hurrikan "Katrina" aus dem Jahr 2005 und "Audrey" aus dem Jahr 1957.

Tatsächlich fanden die Forscher, dass schwere Hurrikane mit einem weiblichen Namen eine höhere Zahl von Todesopfern zur Folge haben als solche mit einem Männernamen. In weiterführenden Experimenten befragten die Forscher Testpersonen, um mehr über die Gründe für diesen zunächst merkwürdig erscheinenden Zusammenhang herauszufinden. Die Befragten sollten zum Beispiel die Intensität oder Gefährlichkeit von fünf weiblichen und fünf männlichen Hurrikanen vorhersagen oder angeben, bei welchem Sturmszenario sie einer Evakuierungsempfehlung folgen würden.

"Belle" und "Cindy" sind zu sanft

Die Tendenz war in allen Experimenten gleich: Hurrikane mit einem Frauennamen wurden als weniger gefährlich angesehen und folglich waren die Testpersonen weniger bereit, sich selbst in Sicherheit zu bringen oder andere Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. "Alexander" wurde zum Beispiel als bedrohlicher empfunden als "Alexandra".

"Bei der Beurteilung der Sturmintensität scheinen die Leute ihre Vorstellungen davon zugrundezulegen, wie sich Männer und Frauen verhalten", erläuterte Sharon Shavitt, eine der beteiligten Wissenschafterinnen. "Das führt dazu, dass weibliche Hurrikane, vor allem die mit sehr weiblichen Namen wie "Belle" oder "Cindy", sanfter und weniger heftig erscheinen." Die Stereotype, die dieser Einschätzung zugrunde liegen, seien subtil und nicht zwangsläufig feindselig gegenüber Frauen, erklärte die Wissenschaftlerin weiter.

Die Forscher fanden weiter heraus, dass die Einschätzung eines Sturms nicht mit den allgemeinen Ansichten eines Befragten über Geschlechterrollen in Verbindung stand. Auch solche Personen, die Stereotype grundsätzlich ablehnten, beurteilten Hurrikane mit Frauennamen als milder.

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