SS-Mann vererbt sein Geld einem schottischen Dorf

APARSC03 - 07032007 - WIEN - OESTERREICH: ARCHIV - Ein Testament wird geschrieben. Illustrationsfoto vom 19.08.2005 zur Verkuendung der Erbschaftssteuer-Entscheidung des VfGH am Mittwoch, 07. Maerz 2007. APA-FOTO: HANS WIEDL/DPA
Ein früheres Waffen-SS-Mitglied war sein Leben lang dankbar für die Gastfreundschaft.

Nach ungefähr 70 Jahren schließt sich im schottischen Dorf Comrie eine ungewöhnliche Geschichte: Die "älteren" Einwohner des Dorfes kommen in den Genuss einer Erbschaft von 384.000 Pfund (458.000 Euro), die ihnen von dem früheren Waffen-SS-Mitglied Heinrich Steinmeyer vermacht wurde. Das machte den Deutschen zum "Schotten" – und posthum zum Helden der Boulevardpresse, wie Spiegel online berichtet.

Heinrich Steinmeyer, der 2013 im Alter von 90 Jahren starb, vermacht den Schotten sein kleines Vermögen, um sich für ihre "Freundlichkeit und Großzügigkeit" während seiner Zeit als Kriegsgefangener Ende des Zweiten Weltkriegs zu bedanken.

Kriegsgefangener

Der in Schlesien geborene Steinmeyer war 1942 als 17-Jähriger der Waffen-SS beigetreten. Er wurde gegen Ende des Krieges in Frankreich gefangen genommen und von dort in das Kriegsgefangenenlager Cultybraggan bei Comrie gebracht. "Während der gesamten Gefangenschaft war Heinrich Steinmeyer erstaunt über die Freundlichkeit, die die Schotten ihm entgegenbrachten", sagte Andrew Reid vom Comrie-Entwicklungsfonds, der das Erbe verwaltet.

Nach dem Krieg blieb Steinmeyer lange in Schottland. Wie er laut Spiegel online später einem deutschen Reporter erzählte, war alles, was er in Schottland erlebte, "zutiefst menschlich" – so dass er freiwillig blieb, als man ihn 1948 aus dem Lager entließ. Die Einwohner beeindruckten ihn durch ihre Gastfreundschaft – selbst ihm gegenüber, dem SS-Häftling.

Als Dorfbewohner erfuhren, dass Steinmeyers nach Westen geflohene Mutter erkrankt war, schickten sie der Familie Pakete. Die Kontakte nach Schottland blieben bestehen, als Steinmeyer später nach Deutschland zurückging, wo er seine Mutter bis zu ihrem Tod pflegte. Er sparte viel und kehrte wiederholt zu Besuchen nach Schottland zurück.

Geld für Versorgung

Der Erlös von Steinmeyers Haus und anderen Besitztümern soll nun nach den Beschlüssen der örtlichen Gemeinschaft für die älteren Bewohner Comries ausgegeben werden. Das Geld wird in eine Stiftung laufen, die vom Comrie Development Trust verwaltet wird. Der Heinrich Steinmeyer Legacy Fund soll dazu benutzt werden, die Infrastrukturen und Versorgungslage für betagte Menschen zu verbessern.

Den Überlieferungen zufolge war es so, dass sich der Gefangene Steinmeyer und die Jugend des Dorfes bei Gesprächen am Zaun des Lagers anfreundeten. "Sie hörten, dass Heinrich noch nie einen Film gesehen hatte", sagte George Carson, der die Geschehnisse von der Elterngeneration geschildert bekam. "Sie holten ihn aus dem Lager und brachten ihn ins Kino – er war von der Erfahrung völlig übermannt."

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