So haben Österreicher den Taifun überlebt

Auch die 40.000-Einwohner-Stadt Guiuan 100 km südöstlich von Tacloban wurde fast völlig zerstört
"Das Wunder von Tacloban" wird die Geburt eines Mädchens während des Taifuns genannt. Österreicher, die festsitzen, berichten.

Die hochschwangere Emily Ortega musste schwimmen, kilometerweit gehen und stundenlang auf einem Lkw fahren, um in Sicherheit zu gelangen. Ihr Dorf wurde vom Taifun weggerissen. In einem zerstörten Gebäude des Flughafens von Tacloban brachte die 21-Jährige dann ihr Baby zur Welt. Die kleine Bea Joy ist wohlauf. Doch der Arzt macht sich große Sorgen um die Mutter – das Infektionsrisiko ist groß. Und: „Wir haben keine Antibiotika mehr.“

Taifun Haiyan traf am Montag in der Provinz Hainan in China ein. Auch hier kamen Menschen ums Leben, doch die Zerstörungen auf den Philippinen stellen alles in den Schatten. Hilfsorganisationen rechnen mit etwa 10.000 Toten. Rund 9,5 Millionen Überlebende brauchen dringend Hilfe. Wegen umgestürzter Strommasten kann aber erst frühestens in zwei Monaten mit einer stabilen Stromversorgung gerechnet werden. Die UNO rechnet mit dem Schlimmsten.

Die erste Fernreise

Der Wiener Walter Knechtl ist Taucher aus Leidenschaft. „Das sollte der ultimative Urlaub werden“, sagt er. Gemeinsam mit seiner Frau gönnte er sich die erste Fernreise seines Lebens – nach Coron Town auf den Philippinen. Dort sitzt er nun mit seiner Frau Anna im dunklen Hotelzimmer. Strom gibt es keinen, nur eine Kerze. Die Lebensmittel werden knapp. Ein Verlassen der Insel ist derzeit unmöglich.

„Als der Taifun kam, haben wir uns in eine Ecke des Zimmers zurückgezogen und uns mit Matratzen geschützt. Wir hatten Glück. Uns ist nichts passiert“, schildert Knechtl. Rundherum knickten die Bäume um wie Streichhölzer, die Dächer der Häuser flogen davon.

Einen Kanister Wasser, Taschenlampen und eine SIM-Karte eines funktionierenden Handy-Netzes konnte Knechtl noch ergattern. Und mit dem Handy hält er Kontakt zur Außenwelt, speziell zur Botschaft. Und seither wartet er auf den Anruf, dass der Flughafen geöffnet sei.

Erst gestern machte das Gerücht die Runde, dass eine Ausreise möglich sei. „Plötzlich sind alle Touristen dorthin geströmt.“ Doch die Ausreise klappte nicht. Heute will er es erneut versuchen.

Der Innsbrucker Michael Weinold bekam die Ausläufer des Taifuns zu spüren. Der 18-Jährige macht gerade ein Praktikum in einem Waisenhaus in Cebu für die Organisation „Jugend eine Welt“. Jetzt unterstützt er die Aufräumarbeiten.

„Wir hatten unglaubliches Glück. Der Taifun ist nördlich an uns vorbeigezogen“, sagt er. Dennoch: Die Schäden sind gewaltig. „Um uns ist die Welt untergegangen.“ Größtes Problem derzeit ist die Wasserversorgung. „Und hier werden dringend Medikamente gebraucht.“ Schon vorab versuchte man, das Areal abzuschotten. Bäume wurden gefällt, die Gebäude dicht gemacht. Das half.

Hilfe für die Opfer

Gemeinsam versucht man nun, die Straßen wieder freizubekommen. Umgefallene Strommasten und Bäume blockieren sie. Der Rot-Kreuz-Mitarbeiter Georg Ecker ist im Katastrophengebiet. In Manila koordiniert sich der gebürtige Oberösterreicher zunächst mit den Hilfskräften. „Hier geht es ums nackte Überleben“, sagt Ecker, der sich dann vor Ort um die Versorgung mit Trinkwasser kümmern wird.

Am Montag sprach das Außenministerium eine Reisewarnung für die Philippinen aus. Aktuell befinden sich laut Sprecher Martin Weiss ein paar Dutzend Touristen aus Österreich im Krisengebiet, zusätzlich leben 760 Österreicher auf den Philippinen: „Mit einigen Urlaubern hatten wir Kontakt. Doch auf manchen Inseln funktionieren weder Telefon noch Internet.“

- Österreichisches Rotes Kreuz: Erste Bank 40014400144, BLZ 20111,
Kennwort: Überflutungen Philippinen;
- Caritas: PSK 7.700.004, BLZ 60.000, Kennwort: Taifun Katastrophe;
- World Vision Österreich: Erste Bank Kto.-Nr 80080081800, BLZ 20111, Kennwort: Philippinen
- Diakonie Katastrophenhilfe: Erste Bank, Konto 28711966333, BLZ: 20111 Spendenzweck: Taifun, IBAN AT85 20111 287 119 66333, BIC GIBAATWWXXX;
- UNICEF: PSK 15 16 500, BLZ 60.000, Stichwort: Kinder Philippinen;
- Kindernothilfe Österreich: PSK 92144077, BLZ 60.000;
- Volkshilfe Solidarität: PSK 1.740.400 BLZ 60.000, Kennwort: Katastrophenhilfe, Spenden SMS an die Nummer 0676/800 70 80, Online Spenden möglich;
- Arbeiter-Samariter-Bund Österreichs: PSK: 00093 028 745, BLZ 60000, Kennwort: ASBÖ Auslandshilfe.

Die Menschen auf den Philippinen haben schon viele Naturkatastrophen erlebt. Aktuell ist es der Riesen-Taifun "Haiyan". Nachfolgend einige andere Beispiele:

Stürme: Der pazifische Inselstaat wird pro Jahr von durchschnittlich 20 Taifunen überquert. Erst im September dieses Jahres traf der Taifun "Usagi" auf die Philippinen, zwei Tage später auf Südchina und Vietnam. Wegen heftigen Regens und Überschwemmungen kamen dabei insgesamt mehr als 70 Menschen ums Leben. 2012 zog "Bopha" über die Philippinen, mehr als 1.000 Menschen starben. Der Taifun verwüstete die Küste von Mindanao. 2011 löste der Tropensturm "Washi" über Mindanao verheerende Sturzfluten aus, fast 1.450 Menschen kamen ums Leben. 2006 und 2008 wüteten die Stürme "Durian" und "Fengshen".

Vulkanausbrüche: Der Vulkan Mayon auf der dicht besiedelten Hauptinsel Luzon liegt in einer tektonisch sehr aktiven Zone und brach in den vergangenen 400 Jahren mehr als 50 Mal aus. Im Jahr 1814 starben bei einem Ausbruch mehr als 1.200 Menschen. Bei mehreren Ausbrüchen von 2000 bis zuletzt 2009 flohen jeweils Zehntausende aus der Gefahrenzone. Ein anderer Vulkan, der Pinatubo, brach 1991 nach 600-jähriger Ruhe aus, Hunderte Menschen kamen ums Leben.

Erdbeben: Die Philippinen liegen am "Ring aus Feuer". Das Gebiet entlang der Küsten des Pazifischen Ozeans wird häufig auch von Erdbeben heimgesucht. Im Erdinnern schieben sich verschiedene Erdplatten untereinander. Mitte Oktober 2013 kamen bei einem Beben mit der Stärke von 7,2 auf der Inselgruppe der Visayas mehr als 220 Menschen ums Leben. 1990 starben rund 1.600 Menschen bei einem Erdbeben mit einer Stärke von bis zu 8,4 auf der Richterskala und Hunderten Nachbeben.

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