Rom

Schleierhafte Audienz

Melania und Ivanka Trump kamen zu Papst Benedikt im Spitzenschleier, den das vatikanische Protokoll vorsieht, aber nicht vorschreibt.
Die Trumps trafen Papst Franziskus – eine kurze Visite ohne große emotionale Gesten.

" Papst der Brücken" trifft "Präsident der Mauern" – so lässt sich das Stimmungsbild vor dem Vatikan-Besuch von US-Präsident Donald Trump bei Papst Franziskus beschreiben. Der Pontifex empfing den Präsidenten mit einer für ihn ungewöhnlich ernsten Miene. Knapp dreißig Minuten dauerte das Vier-Augengespräch am Mittwoch in der päpstlichen Privatbibliothek im Apostolischen Palast. Trump wurde von Ehefrau Melania und Tochter Ivanka samt amerikanischer Delegation begleitet. Beide Frauen waren traditionell schwarz gekleidet und trugen einen Spitzenschleier. Laut Vatikan-Protokoll ist ein Schleier erwünscht, aber nicht Pflicht. Wer sich wundert, warum die beiden – anders als in Saudi-Arabien am Wochenende – mit Schleier auftraten: Auch Ex-First-Lady Michelle Obama trug bei der Audienz mit Papst Benedikt XVI. einen.

Laut Vatikanbeobachtern mochte keine Nähe zwischen Trump und Franziskus aufkommen, was sich auch in der Körpersprache ablesen ließ. Politisch liegen Welten zwischen ihnen: Ob bei der Flüchtlingspolitik, bei Umweltschutz oder dem Mauerbau vor Mexiko. Trump hat soeben mit Saudi-Arabien ein milliardenschweres Waffengeschäft abgeschlossen. Franziskus hat stets gegen Waffenhandel und für friedliche Lösungen appelliert. Der Pontifex überreichte Trump als Gastgeschenk seine Enzyklika zum Thema Umweltschutz und Nachhaltigkeit neben einem Bild eines Olivenbaums als Friedenssymbol. In der Nacht zuvor beamte Greenpeace "Planet Earth First" auf die Kuppel des Petersdoms.

"Größte Ehre"

Trump twitterte nach der Audienz: "Den Papst zu treffen, war die größte Ehre meines Lebens. Ich bin nach dem Besuch im Vatikan entschlossener denn je, für den Weltfrieden zu arbeiten." Der Vatikan veröffentlichte wie üblich ein kurzes Statement: Beide Seiten hätten sich zum "Einsatz für das Leben und für Religions- sowie Gewissensfreiheit" bekannt. Die Visite war mit 8:15 Uhr sehr früh angesetzt: Aber der Papst wurde kurz nach dem Trump-Besuch von Gläubigen zur wöchentlichen Generalaudienz auf dem Petersplatz erwartet. Trump traf im Anschluss mit Staatspräsident Sergio Mattarella und Premier Paolo Gentiloni zusammen. Am Nachmittag reiste Trump bereits nach Brüssel.

Die Römer sind erleichtert. Seit Tagen erschweren Straßensperren und Polizeikontrollen den ohnehin chaotischen Alltag in der Stadt. "Ich kann es kaum erwarten, dass er endlich wieder abhaut", machte ein Römer seinem Ärger Luft. "Ich habe seit Kennedy alle US-Präsidenten vorbeiziehen gesehen, bei keinem wurde so ein Aufwand betrieben", findet eine Trafikantin. In Rom lebende Amerikaner protestierten mit "Trump not welcome"-Bannern: "Er ist gegen alles, woran ich glaube – gegen Frauenrechte, gegen Immigration, Umweltschutz," so eine Wahlrömerin.

Mit Trumps Abflug endet fürs Erste die Alarmstufe: Hubschrauber, Tausende Polizisten sowie Scharfschützen auf den Dächern waren während des 20-stündigen Besuchs im Dauereinsatz. Jetzt ist Brüssel im Stress.

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