Rückkehr der Wölfe: Ein Rudel in Warschau

Illegale Abschüsse nehmen zu, Aktivisten werben um mehr Akzeptanz für die Tiere.

Warschaus Behörden haben Wölfe gesehen. Wölfe nahe der Stadt. Die Tiere wurden im Kampinowski Nationalpark, der direkt an die Hauptstadt grenzt, wiederholt gesichtet. Ein Rudel soll sich dort fest angesiedelt haben. Fotofallen lieferten Beweise für die Existenz der Tiere im Naherholungsgebiet der Metropole. Somit müssen sich die Städter auf die Anwesenheit der Vierbeiner in ihrer unmittelbaren Nähe einstellen. Die Nationalparkleitung beruhigt gerade die besorgten Gemüter – die Tiere würden den Menschen meiden, heißt es.

Der letzte Wolf in der Nähe von Warschau wurde 1964 totgeschlagen. Im sozialistischen Polen galt das Tier, angeregt durch die Verfolgungen in der Sowjetunion, als Schädling. Für jeden toten Wolf wurde die Prämie eines Monatslohns ausgelobt. Mitte der Siebzigerjahre lebten nur noch 100 Wölfe in polnischen Waldgebieten. Erst nach der Wende erhielt Canis Lupus einen Schutzstatus. Heute wird seine Zahl auf 1000 bis 2000 Exemplare geschätzt.

Immer mehr Tiere

Derzeit gibt es überall in Polen Wolfssichtungen. Vor allem im Westen nehmen die Rudel zu. Das Land an der Weichsel gilt auch als "Transitzone" für Wölfe auf dem Weg nach Westen. Noch vor dem Schengenabkommen überwanden die Tiere die Oder und Neiße schwimmend, um sich Reviere in Deutschland zu suchen.

Einen guten Ruf hat das Tier in Polen nicht. Vor allem ältere Leute aus den ehemaligen polnischen Ostgebieten wissen noch Geschichten über arme Waldarbeiter und Pilzsammler zu erzählen, von denen man nur noch die blutgefüllten Holzschuhe fand.

Umweltorganisationen wie der WWF, Biologen und einzelne Wolfsschützer werben darum für mehr Akzeptanz für die Tiere. So tourt derzeit etwa der Wolfsaktivist und Fotograf Adam Wajrak durch Polen, der mit seinem Bildband die Schönheit der Tiere vermitteln will.

Denn Landwirte und Tierzüchter beklagen die vielen Risse von Schafen, aber auch von Schäferhunden. Zwar gibt es vom Staat eine Entschädigung, doch die beträgt angeblich nur etwa die Hälfte des Wertes der Tiere. In der südlichen Region "Kleinpolen" wurden im vergangenen Jahr 700 Schafe und 27 Kühe von Wölfen getötet. Auch soll das Tier immer mehr die Scheu vor den Menschen verlieren. Die Schäfer befürchten nun noch mehr Verluste, da der Wolf Anfang November auch in der angrenzenden Slowakei unter Schutz gestellt wurde. Dort wurden zuvor jährlich 150 Wölfe geschossen, wogegen die Europäische Kommission 2013 Klage erhoben hatte.

In Polen nehmen darum die illegalen Abschüsse zu. Gegen diese gebe es noch keine aktiven Maßnahmen, beklagt Roman Gula vom Warschauer Zoologie-Institut PAN.

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