Riesiger Missbrauchsskandal in Großbritannien

Seit den achtziger Jahren sollen mehr als tausend junge Mädchen im englischen Telford missbraucht und zur Prostitution gezwungen worden sein. Doch die Polizei reagierte nicht.

Es könnte der größte Missbrauchsskandal in der Geschichte Großbritanniens sein: Wie die britische Zeitung Sunday Mirror berichtet, sollen mehr als 1000 Kinder und Jugendliche über einen Zeitraum von knapp 40 Jahren in der Stadt Telford schwer missbraucht worden sein. Eine Mutter und vier der missbrauchten Mädchen wurden sogar getötet, heißt es in dem Bericht.

Doch die ganze Stadt schaute weg. Polizei und Sozialbehörden in Telford hätten schon seit den 90er-Jahren von den kriminellen Banden, die Mädchen aus Familien lockten und sie dann unter Einfluss von Drogen und Androhung von Gewalt als Sexarbeiterinnen einsetzten, gewusst. Aber nicht reagiert.

Angst vor Rassismus-Vorwurf als Rechtfertigung

Wie es im Sunday Mirror weiter heißt, habe man erst im Jahr 2007 damit begonnen, ernsthaft gegen die Verbrecher zu ermitteln. Die Täter sollen asiatischen Migrationshintergrund haben. Deshalb hätten sie Angst vor Rassismus-Vorwürfen gehabt, rechtfertigen die Behörden nun ihr Nicht-Eingreifen. Auch nach 2007 sind nur neun von insgesamt rund 200 Tatverdächtigen auch tatsächlich verurteilt worden, heißt es in dem Bericht. Außerdem seien die betroffenen Kinder in den Polizeiunterlagen nicht als Opfer, sondern als Prostituierte gelistet worden.

Im Zuge seiner 18-monatigen Recherchen sprach der Sunday Mirror auch mit einigen der Opfer. Sie bericheten davon, nach Vergewaltigungen und Prostitution auch zu Abtreibungen gezwungen worden zu sein. Ein Mädchen erzählte, es sei wenige Stunden nach seiner zweiten Abtreibung bereits wieder vergewaltigt worden. Die Täter hatten die Kinder zum Schweigen gebracht, in dem sie ihnen beispielswese androhten, sonst auch ihren kleinen Geschwistern Gewalt anzutun.

Bericht schlägt Wellen

In Politik und Öffentlichkeit sorgt der Bericht für Empörung. Eine offizielle Bestätigung für diese Darstellung gab es bisher aber nicht.

Die konservative Abgeordnete Lucy Allan forderte nun im britischen Parlament in London unabhängige Ermittlungen. Sie habe bereits 2016 nach ersten Berichten auf Ermittlungen gedrungen, sagte Allan, die aus Telford stammt, am Dienstag. Doch die örtlichen Behörden hätten damals gesagt, es gebe keinen Handlungsbedarf.

Der für die Grafschaft Shropshire und damit auch Telford zuständige Polizeichef Tom Harding bezeichnete das berichtete Ausmaß des sexuellen Missbrauchs am Mittwoch laut dem Sender BBC hingegen als "sensationsheischend". "Ich glaube nicht, dass Telford schlimmer ist als irgendein anderer Ort in England oder Wales."

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