Polen kämpft um Heimat der Wisente

Umweltschützer protestieren. Forstwirte sprechen von notwendigen Maßnahmen.

Es war der erste Warnschuss –vor wenigen Tagen blockierten Aktivisten von Greenpeace und "Wildes Polen" die schweren Holztransporter im Bialowieski Nationalpark, teils ketteten sie sich an die Fahrzeuge an. Die Umweltschützer protestieren gegen die Abholzungen des Waldes, eine "rote Linie" sei überschritten worden, die Förster erteilten den Aktivisten daraufhin Zutrittsverbot.

"Täglich 200 Bäume"

Nach Angaben von "Wildes Polen", deren Mitglieder auf "Waldpatrouillen" unterwegs sind, hätte das Bäumefällen in den letzten Tagen deutlich zu genommen: "Es sind zwei Holzvollernter unterwegs, die jeden Tag zweihundert Bäume fällen können." Der Konflikt um Nationalpark im Osten des Landes, bekannt durch Wisente und Urwälder nimmt an Schärfe zu - innerhalb wie außerhalb Polens. Mehr als fünfmal soviele Bäume wie üblich will die Regierung dort abholzen lassen. Im vergangenen Jahr wurden bereits 7410 Bäume gerodet. Auch in dem besonders geschützten Teil, der Unesco-Welterbe ist, kreischen die Motorsägen. Begründet wird dies vom polnischen Umweltministerium durch Trockenschäden und Borkenkäferbefall.

Ökologen verweisen jedoch darauf, dass der Urwald, dessen östlicher Teil in Weißrussland ebenfalls als Nationalpark geschützt ist, sich auf lange Zeit selbst regenerieren könne. Der Regierung wird von Kritikern unterstellt, dem schnellen Profit zuliebe den Bäumen zu Holze zu rücken.

Großgrundbesitzer als Hauptfeind

Hauptfeind der Waldschützer ist der polnische Forstwirt Jan Szyszko. Der 73-jährige ist mit eigenen 1,67 Millionen Hektar Großgrundbesitzer und gilt als eng mit der Holzindustrie verflochten. Selbst der rechtskonservativen PiS-Regierung gilt er als Lobbyist der Holzindustrie.

"Der jetzige Stand der Bialowieski-Wildnis stellt eine Gefährdung der Sicherheit dar, darum ist es unerlässlich tätig zu sein" verteidigt er die Rodungen, die nach "europäischem Recht" abliefen. Teile des Parkes sind darum immer noch für Touristen gesperrt.

Unterstützung erhält Polens erster Umweltschützer von der Organisation "Santa", die sich wahre Waldbewahrer und ihre Gegner "Pseudoökologen" nennen und vor allem versuchen, die Anwohner auf ihre Seite zu ziehen. Auch sie sind mit Transparenten um den Wald herum aktiv.

Die Zeitung Gazeta Wyborcza geht bald von Zusammenstößen wie vor zehn Jahren um den naturbelassenen Rospuda-Fluss in den östlichen Masuren aus. Damals kam es zu tätlichen Auseinandersetzungen zwischen Anrainern, Polizei und Umweltschützern, da das Flussbiotop durch eine Umfahrungssstraße beeinträchtigt werden sollte. Der Forstbiologe Tomasz Wesolowski von der Universität Breslau (Wroclaw) befürchtet einen Kollaps des Ökosystems, sollten die Eingriffe weiter gehen und bezeichnet den anscheinend fragilen Wald als "polnisches Korallenriff". Umweltschützer erzürnt im Falle des Nationalparks besonders, dass die Waldarbeiten ausgerechnet zur Zeit der Vogelbrut stattfinden; der Park beherbergt 180 Arten von Brutvögeln, darunter viele gefährdete Spezies. Heute, Samstag, wollen die Aktivisten von "Wildes Polen" im Nationalpark gegen die Sperrung des Waldes protestieren. Man lud zu einer Demonstration im Forst ein. Die Organisation setzt sich für die Erweiterung des Nationalparks ein. "Nur 17 Prozent des Urwaldes sind geschützt, das ist viel zu wenig" so deren Chef, Mariusz Duchewicz.

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