Nach dem Taifun drohen Seuchen

Nach der Katastrophe könnten sich Seuchen ausbreiten.
Mehr als neun Millionen Menschen sind betroffen. Zehntausend durch Taifun "Haiyan" getötet.

Keine Nahrung, kein Wasser, keine Medikamente, von einem schützenden Dach über dem Kopf ganz zu schweigen, und auf den Straßen verwesen die Leichen in sengender Hitze: Auf den Philippinen verschlimmern sich nach dem verheerenden Taifun "Haiyan" die Folgen der Katastrophe mit jeder Stunde. Und die Aussicht auf Besserung ist gering.

Nun droht auch noch die Ausbreitung von Seuchen. Verschmutztes Trinkwasser, fehlende sanitäre Anlagen und die zerstörte medizinische Grundversorgung sind entscheidende Gründe dafür. Vor allem die Verbreitung von Typhus und Cholera drohen.

Mit Spitzen bis 380 km/h zog der Taifun am Wochenende eine Schneise der Verwüstung. Meterhohe Wellen schwemmten in der philippinischen Provinz Leyte ganze Küstenorte weg. Man rechnet mit mindestens 10.000 Toten. Sturm und Wassermassen rissen die Häuser bis zu einem Kilometer vom Ufer entfernt fort. Ähnlich wie nach dem Tsunami in Japan. Von dem Sturm insgesamt betroffen sind nach UN-Angaben etwa 9,5 Millionen Menschen.

Plünderungen

Die Provinzhauptstadt Tacloban ist zu 80 Prozent zerstört. Am Sonntag kam es zu erschütternden Szenen: Kinder auf der Suche nach ihren Eltern, Erwachsene auf der Suche nach Essbarem. Es kam zu Plünderungen. Eine Geschäftsreisende aus China watete drei Stunden durch Schlamm und Trümmer zu einem Militärstützpunkt nahe des zerstörten Flughafens von Tacloban. Sie erklärte entsetzt: „Es ist wie der Weltuntergang.“

Nach dem Taifun drohen Seuchen
Karte des betroffenen Gebiets; Karte Philippinen mit Lokalisierung schwerer Naturkatastrophen seit 1991 Grafik 1333-13-Philippinen.ai, Format 134 x 94 mm
Auch Vietnam blieb nicht verschont: "Haiyan" hat am späten Sonntagabend hier die Küste erreicht. Der Sturm schwächte sich inzwischen aber ab und erreichte Windgeschwindigkeiten von 120 Stundenkilometern. Auch in Südwestchina sorgte der Sturm für Chaos, drei Menschen starben. Eine siebenköpfige Crew eines Frachtschiffs galt am Montag vor der Küste Hainans als vermisst. Auch die nahe gelegenen südchinesischen Provinzen Guangxi und Guangdong wurden laut der Agentur von den Ausläufern "Haiyans" getroffen.

Österreicher im Einsatz

Bei den österreichischen Hilfsorganisationen wurden am Sonntag die ersten Hilfseinsätze vorbereitet. Die Caritas schickt ihre zwei erfahrendsten Katastrophenhelfer in die Region Cebu. Andreas Zinggl und Thomas Preindl sollen in den nächsten Wochen die internationale Hilfe koordinieren. Das Rote Kreuz entsendet Georg Ecker aus Oberösterreich. Die philippinischen Caritas-Helfer brachten am Sonntag 18.000 Zeltplanen und Hunderttausende Wasserentkeimungstabletten nach Cebu. „Dort ist der Flughafen, wie mir berichtet wird, offen, von hier aus werden sich die Helfer ihren Weg in die teils entlegenen Orte bahnen. Viele Straßen sind unpassierbar,“ sagt Thomas Preindl zum KURIER: „Um Doppelgleisigkeiten zu vermeiden, koordinieren sich die internationalen Helfer.“ Viele kennen einander schon vom Erdbeben in Haiti 2010. „Wir haben aus diesen Großkatastrophen gelernt.“

Nach dem Taifun drohen Seuchen

PHILIPPINES TYPHOON HAIYAN
Nach dem Taifun drohen Seuchen

Typhoon Haiyan hits the Philippines in this weathe
Nach dem Taifun drohen Seuchen

PHILIPPINES SUPER TYPHOON HAIYAN
Nach dem Taifun drohen Seuchen

Volunteers pack relief goods inside a Department o
Nach dem Taifun drohen Seuchen

PHILIPPINES SUPER TYPHOON HAIYAN
Nach dem Taifun drohen Seuchen

PHILIPPINES SUPER TYPHOON HAIYAN
Nach dem Taifun drohen Seuchen

A mother takes refuge with her children as Typhoon

In der ersten Phase geht es darum, die Überlebenden mit sauberem Wasser und Essen zu versorgen. Energie-Kekse werden verteilt. Die Toten müssen beerdigt werden, Hygiene steht an oberster Stelle, um den Ausbruch von Seuchen zu vermeiden. Rot-Kreuz-Mann Georg Ecker: „Vor allem geht es jetzt einmal um die Versorgung mit Trinkwasser und damit um das nackte Überleben. In weiterer Folge muss man den Ausbruch von Krankheiten verhindern.“ Ecker, ein Wasserexperte, wird prüfen, ob weitere Rot Kreuz-Fachkräfte ins Krisengebiet entsannt werden müssen.

Kinder sind Opfer

Das UN-Kinderhilfswerk UNICEF sagt, dass 40 Prozent der Opfer Kinder sind, viele davon sind jetzt Waisenkinder. Als die Wellen kamen, klammerten sie sich an Strommasten, kletterten auf Bäume und harrten auf Hausdächern aus. Auf den katholischen Philippinen flüchteten viele Menschen in Kirchen, deren Mauern dem Sturm meistens standhielten.

Nach dem Taifun drohen Seuchen
epa03944956 A newyly born baby, Bea Joy (C-R), is carried by her aunt, while her mother Emily Ortega, 21, gets medical attention after giving birth inside a damaged building in the super typhoon devastated city of Tacloban, Leyte province, Philippines, 11 November 2013. Philippine authorities on 11 November, appealed for calm after one of the worldís strongest typhoons left survivors desperate for food and water in areas affected by the storm. More aid workers and relief supplies were being poured into eastern provinces hit by Typhoon Haiyan, which aid agencies and officials estimate has left thousands dead, and staggering destruction in its wake. Thousands were feared dead in Leyte and nearby Samar province, as police and disaster relief officials said that at least 552 were confirmed killed, mostly drowned by tsunami-like sea waves that flattened towns. EPA/DENNIS M. SABANGAN
Im Chaos der Stadt Tacloban erklang am Montag aber auch der Schrei eines Neugeborenen: In einem zerstörten Gebäude des Flughafens hat Emily Sagalis ein Mädchen zur Welt gebracht. "Sie ist mein Wunder. Ich dachte, ich würde noch mit ihr im Bauch sterben", sagte die Mutter. "Sie ist so wunderschön, ich werde sie Bea Joy nennen, im Gedenken an meine vermisste Mutter", erzählte die 21-Jährige. Die glückliche Geburt erschien tatsächlich wie ein Wunder: Eine Flutwelle hat am Freitag das Haus der Familie in San Jose nahe Tacloban gepackt. Die ganze Familie wurde fortgespült, das Dorf zu einem Trümmerfriedhof. Das Elternpaar wurde am Montag von den Wehen überrascht. Ein Lkw brachte die Hochschwangere nach Tacloban und setzte sie vor dem Notkrankenhaus am Flughafen ab. Die Fruchtblase sei zu dem Zeitpunkt schon geplatzt gewesen, schilderte der junge Militärarzt Victoriano Sambale, der zum Geburtshelfer wurde. Aber alles sei noch gut verlaufen. "Dem Kind geht es gut." Der Arzt macht sich aber große Sorgen um die Mutter. Sie hatte eine Blutung und das Infektionsrisiko sei sehr hoch, sagt Sambale. "Leider haben wir seit gestern keine Antibiotika mehr."

Logistischer Albtraum

„Es wird dauern, bis man sich einen Überblick über das Ausmaß der Zerstörung verschafft hat“, gibt sich Thomas Preindl realistisch. Auf dem Flughafen Frankfurt/Main wurden am Sonntag die ersten Frachtmaschinen mit Hilfslieferungen verladen. Gebraucht werden auch Medikamente. Der philippinische Präsident Benigno Aquino zeigte sich verärgert, dass die Katastrophenschutzbehörden trotz der Wetterwarnungen nicht mehr Menschen besser geschützt haben. Die schweren Zerstörungen machen die Verteilung der Hilfsgüter zu einem logistischen Albtraum.

Der Delegierte der Philippinen hat bei der UN-Klimakonferenz in Warschau in einer emotionalen Rede zu entschiedenem Kampf gegen den Klimawandel aufgerufen. "Stoppt diesen Wahnsinn", sagte Yeb Sano, der mit den Tränen kämpfte, als er am Montag von den Auswirkungen des Taifuns "Haiyan" in seiner Heimat berichtete. Er kündigte an, solange zu fasten, bis die Klimakonferenz eine bedeutsame Vereinbarung erzielt habe.

"Mein Land weigert sich hinzunehmen, dass eine 30. oder 40. Klimakonferenz nötig sein soll, um das Problem des Klimawandels zu lösen", sagte Sano. "Wir weigern uns zu akzeptieren, dass unser Leben darin bestehen soll, vor Monsterstürmen zu fliehen, unsere Familien in Sicherheit zu bringen, Zerstörung und Not zu erleiden und unsere Toten zählen zu müssen."

- Österreichisches Rotes Kreuz: Erste Bank 40014400144, BLZ 20111,
Kennwort: Überflutungen Philippinen;
- Caritas: PSK 7.700.004, BLZ 60.000, Kennwort: Taifun Katastrophe;
- World Vision Österreich: Erste Bank Kto.-Nr 80080081800, BLZ 20111, Kennwort: Philippinen
- Diakonie Katastrophenhilfe: Erste Bank, Konto 28711966333, BLZ: 20111 Spendenzweck: Taifun, IBAN AT85 20111 287 119 66333, BIC GIBAATWWXXX;
- UNICEF: PSK 15 16 500, BLZ 60.000, Stichwort: Kinder Philippinen;
- Kindernothilfe Österreich: PSK 92144077, BLZ 60.000;
- Volkshilfe Solidarität: PSK 1.740.400 BLZ 60.000, Kennwort: Katastrophenhilfe, Spenden SMS an die Nummer 0676/800 70 80, Online Spenden möglich;
- Arbeiter-Samariter-Bund Österreichs: PSK: 00093 028 745, BLZ 60000, Kennwort: ASBÖ Auslandshilfe.

Die Menschen auf den Philippinen haben schon viele Naturkatastrophen erlebt. Aktuell ist es der Riesen-Taifun "Haiyan". Nachfolgend einige andere Beispiele:

Stürme: Der pazifische Inselstaat wird pro Jahr von durchschnittlich 20 Taifunen überquert. Erst im September dieses Jahres traf der Taifun "Usagi" auf die Philippinen, zwei Tage später auf Südchina und Vietnam. Wegen heftigen Regens und Überschwemmungen kamen dabei insgesamt mehr als 70 Menschen ums Leben. 2012 zog "Bopha" über die Philippinen, mehr als 1.000 Menschen starben. Der Taifun verwüstete die Küste von Mindanao. 2011 löste der Tropensturm "Washi" über Mindanao verheerende Sturzfluten aus, fast 1.450 Menschen kamen ums Leben. 2006 und 2008 wüteten die Stürme "Durian" und "Fengshen".

Vulkanausbrüche: Der Vulkan Mayon auf der dicht besiedelten Hauptinsel Luzon liegt in einer tektonisch sehr aktiven Zone und brach in den vergangenen 400 Jahren mehr als 50 Mal aus. Im Jahr 1814 starben bei einem Ausbruch mehr als 1.200 Menschen. Bei mehreren Ausbrüchen von 2000 bis zuletzt 2009 flohen jeweils Zehntausende aus der Gefahrenzone. Ein anderer Vulkan, der Pinatubo, brach 1991 nach 600-jähriger Ruhe aus, Hunderte Menschen kamen ums Leben.

Erdbeben: Die Philippinen liegen am "Ring aus Feuer". Das Gebiet entlang der Küsten des Pazifischen Ozeans wird häufig auch von Erdbeben heimgesucht. Im Erdinnern schieben sich verschiedene Erdplatten untereinander. Mitte Oktober 2013 kamen bei einem Beben mit der Stärke von 7,2 auf der Inselgruppe der Visayas mehr als 220 Menschen ums Leben. 1990 starben rund 1.600 Menschen bei einem Erdbeben mit einer Stärke von bis zu 8,4 auf der Richterskala und Hunderten Nachbeben.

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