Pausenfüller im Klima-Dauerstreit

Das wärmste Jahr der Geschichte ist drei Jahre her und schon sprechen manche von Trendumkehr.

2012 war, je nach Messinstitut, das neuntwärmste (University of East Anglia, Goddard-Institut der Nasa) oder das zehntwärmste (US-Wetterbehörde Noaa) Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Die Erderwärmung „stagniert derzeit auf hohem Niveau“, erläutert der Wiener Klimaforscher Herbert Formayer vom Zentrum für Globalen Wandel und Nachhaltigkeit (Institut für Meteorologie). 2010 war laut den Instituten das wärmste bzw. das zweitwärmste Jahr (ein Institut führt 1998 als Rekordjahr). Es sind also einige Jahre ohne Rekordsteigerung ins Land gezogen , so dass Klimaskeptiker zur Auffassung gelangen: Die Erderwärmung erlahmt oder macht zumindest eine längere Pause.

Der britische Wetterdienst Met Office liefert zusätzlichen Zündstoff für den ohnehin schwelenden Streit über die Erderwärmung. Die Meteorologen arbeiten an einer Prognose der Temperaturentwicklung bis 2017. Demnach steigen die Temperaturen zunächst etwas und fallen dann wieder. Kritisiert wird allerdings die Datengrundlage der Institution. Die britischen Forscher analysieren die Temperaturen der vergangenen 15 Jahre, üblich ist ein längerer Zeitraum von 30 Jahren. Auch die Wahl des Startzeitpunkts für diese Messreihe ist keine triviale Frage. Nimmt man nämlich 1992, eines der kühlsten Jahre der vergangenen Jahrzehnte, als Bezugspunkt dann ist der Temperaturanstieg wesentlich steiler.

Dennoch sind derartige Meldungen Wasser auf den Mühlen der Klimaskeptiker. Nimmt der Klimawandel mit all seinen prognostizierten Schreckensszenarien – plus fünf Grad bis Ende des Jahrhunderts, Sommerhöchstwerte jenseits von 40 Grad C auch in Mitteleuropa – also eine Auszeit?

Kahle Stellen

Ein Trugschluss, sagt Herbert Formayer. Der stetige Anstieg der Treibhausgasemissionen löst eben nicht eins zu eins höhere Temperaturen aus. „Dann wären Prognosen ja einfach.“ Es gibt vielmehr eine Reihe von Faktoren, die kühlend wirken. Zu diesen Einflussgrößen zählt paradoxerweise die Umweltverschmutzung in großem Stil, vor allem die Kohleverbrennung und die Rodung der Wälder.

Waldschläge – von oben sehen sie aus wie Glatzen in der Landschaft – reflektieren mehr Strahlung. Und damit mehr Wärme zurück in die Atmosphäre als es ein geschlossener Wald tut. Auch der ungefilterte Ausstoß von Schwefeldioxid aus chinesischen und indischen Kohlekraftwerken beeinflusst das Weltklima. In der Atmosphäre wird SO2 in Sulfatpartikel (SO4) umgewandelt, wie sie auch bei Vulkanausbrüchen entstehen. Mit derselben kühlenden Wirkung.

Laut Formayer darf auch die Puffer-Rolle der Ozeane nicht unterschätzt werden. Ozeane sind der größte Wärmespeicher überhaupt. Die riesige Wassermenge von 700 Billiarden Litern in den Weltmeeren wird von derzeit nur 3000 Messbojen überwacht. Die Messungen reichen von der Oberfläche bis in 2000 m Tiefe. Für Formayer unzureichend: „Bei der Ozeanbeobachtung stehen wir dort, wo wir bei der Atmosphäre in den 1920er-Jahren waren.“

Noch Fragen?

Pausenfüller im Klima-Dauerstreit
NASA’s Dr James Hansen (2nd R) and fellow campaigners throw flowers onto a mock grave in the grounds of Coventry Cathedral during a climate change day of action in Coventry, central England March March 19, 2009. REUTERS/Darren Staples (BRITAIN ENVIRONMENT SOCIETY)
Ein Abschwächen der Erderwärmung ist für Klimaforscher kein Thema. Der Weltklimarat bestätigt, es sei so gut wie sicher, dass der Mensch mit dem Ausstoß von Treibhausgasen das Klima beeinflusst.

Keinen Anlass sich zurückzulehnen sieht auch James Hansen, der Leiter des Goddard-Instituts der Nasa: „Im Hintergrund geht die globale Erwärmung weiter.“

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