Papst Johannes Paul II. wird heiliggesprochen
Santo Subito" - die Forderung der Anhänger des 2005 verstorbenen Papstes geht in Erfüllung: Johannes Paul II. wird heiliggesprochen. Die Formalitäten waren vor kurzem abgeschlossen worden, am Freitag unterzeichnete Papst Franziskus das entsprechende Dekret. Die vatikanische Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungen hat am Dienstag das zweite Wunder anerkannt, das auf das Kirchenoberhaupt zurückzuführen sein soll.
Auch für die Seligsprechung, die einer Heiligsprechung immer vorausgeht, ist die Anerkennung eines Wunders notwendig. Nach umfangreichen Überprüfungen liegt die endgültige Entscheidung darüber beim Papst. Johannes Paul II. war 2011 seliggesprochen worden, nachdem der Vatikan die Heilung einer Nonne von der Parkinson-Krankheit als erstes Wunder anerkannt hatte.
Johannes Paul II. - ein Porträt
Das Seligsprechungsverfahren von Papst Johannes Paul II. war das kürzeste der Neuzeit. Johannes Paul II. ist am 2. April 2005 im Alter von fast 85 Jahren gestorben. Sein 26-jähriges Pontifikat war das zweitlängste der Kirchengeschichte.
Die katholische Kirchenlehre sieht vor, dass die Heiligsprechung nur für solche Persönlichkeiten infrage kommt, die bereits seliggesprochen sind. Nach der Heiligsprechung wird es möglich, Kirchen nach dem früheren Papst zu benennen.
Auch Johannes XXIII.
In der Ortschaft Sotto il Monte nahe der lombardischen Stadt Bergamo, in der am 25. November 1881 Johannes XXIII. zur Welt gekommen war, ertönten die Glocken, nachdem bekanntgegeben wurde, dass Angelo Roncalli, so sein bürgerlicher Name, heiliggesprochen wird. Die Ankündigung der bevorstehenden Heiligsprechung wurde vom Bischof von Bergamo, Francesco Beschi, begrüßt. Johannes XXIII. ist als der Konzilspapst bekannt. Er wurde im Jahr 2000 von Johannes Paul II. seliggesprochen. Der aktuelle Papst, Franziskus, wird wegen seiner bescheidenen Art oft mit Johannes XXIII.verglichen.
Auch der Seligsprechung von Bischof Oscar Arnulfo Romero steht nichts mehr im Wege. Der Befreiungstheologe aus El Salvador wurde von rechten Todesschwadronen ermordet. Papst Franziskus drängte persönlich auf einen zügigen Abschluss des Verfahrens. Romero musste kein Heilungswunder wirken, weil er nach der Meinung des Papstes ein Märtyrer ist.
Enzyklika
Zentrale Aussage ist, dass christlicher Glaube notwendig Konsequenzen für das Handeln der Christen in der Gesellschaft haben muss. Franziskus fordert dazu auf, den Glauben "in den konkreten Dienst der Gerechtigkeit, des Rechts und des Friedens zu stellen". Weiter sollten Christen für Menschenwürde, Schutz von Ehe und Familie, Achtung der Schöpfung sowie für Frieden und gerechte Regierungsformen eintreten. Dazu sei es erforderlich, das "Licht des Glaubens wiederzugewinnen", der in der modernen Gesellschaft oft als unvernünftig, nutzlos und trügerisch bezeichnet werde und zu verdunkeln drohe. Glaube und Vernunft seien nicht im Widerspruch.
Der Glaube an Jesus Christus könne und müsse das menschliche Leben in allen seinen Dimensionen bereichern, bekräftigt der Papst in seinem Schreiben. Gerade mit dem "Jahr des Glaubens", das am 24. November endet, wolle die Kirche den "Vorrang Gottes in Christus wieder zum Zentrum unseres kirchlichen und persönlichen Lebens" machen. Man müsse dem Glauben neue Horizonte erschließen und ihn in seiner Einheit und Unversehrtheit in Treue zu Christus erhalten und bekennen.
"Großartiges Werk"
Enzykliken sind die wichtigsten Schreiben, die Päpste veröffentlichen. Die Kirchenoberhäupter nehmen darin zu grundlegenden theologischen und gesellschaftlichen Fragen in verbindlicher Weise Stellung. Die Werke sollen den Gläubigen als Wegweiser dienen. Vor einigen Wochen erklärte Franziskus zur Enzyklika: "Es ist ein starkes Dokument. (...) Es ist ein großartiges Werk."
Benedikt hatte während seines rund achtjährigen Pontifikats solche Lehrschreiben zur Liebe Gottes (2006), zum technischen Fortschritt (2007) und zum nachhaltigen Wirtschaften vorgelegt (2009). Letzteres war gleichzeitig seine erste Sozialenzyklika - in dem vielbeachteten Werk "Caritas in veritate" (Die Liebe in der Wahrheit) forderte Benedikt ein ethisches Bewusstsein in der Wirtschafts- und Finanzwelt.
"Vieles unbeantwortet"
Die neue Enzyklika stößt auch auf Kritik: Nach Ansicht der katholischen Reformbewegung "Wir sind Kirche" bleiben wichtige Fragen unbeantwortet. "Die Enzyklika ist ein Dokument des Übergangs, das die brennenden innerkirchlichen Grundsatzfragen unentschieden lässt", hieß es am Freitag in einer in München veröffentlichten Stellungnahme. Das Papier sei Ausdruck "eines schwierigen Übergangs der römisch-katholischen Kirche bei der Bewältigung der innerkirchlichen Krisen und auf dem Weg in die Moderne". So werde in der von Papst Franziskus unterzeichneten Enzyklika Familie vor allem als dauerhafte Verbindung von Mann und Frau in der Ehe beschrieben. "Doch wie steht er zur Homosexualität, zu Wiederverheirateten?", heißt es weiter in der "Wir sind Kirche"-Mitteilung. Neben einer Kurienreform sei eine "theologische Neuausrichtung nötig, die mehr Rücksicht nimmt auf den Glauben in der Welt von heute". Allerdings sieht die Reformbewegung im pastoralen Handeln von Franziskus - wie dem Besuch der Flüchtlingsinsel Lampedusa am kommenden Montag - wichtige Zeichen für einen Neuaufbruch.
Papst Franziskus hat am Freitag mit einer weiteren Premiere überrascht: Erstmals erschien eine gemeinsame Enzyklika zweier Päpste. „Lumen fidei“ (Licht des Glaubens) lautet der Titel des Lehrschreibens von Papst Franziskus und seinem Vorgänger Benedikt XVI. Der deutsche Papst hatte das Dokument vor seinem Rücktritt im Februar fast fertiggestellt. Das erste Lehrschreiben eines Papstes gilt als „Regierungsprogramm“, das Akzente des Pontifikats vorgibt. Mit der 88-seitigen Enzyklika sei laut Beobachtern klar, dass Jorge Mario Bergoglio den theologischen Weg von Joseph Ratzinger fortsetzen wird.
In der zentralen Botschaft, bei der sich alles um den Glauben dreht, lässt sich Kritik an modernen Gesellschaften herauslesen, die Religion zu stark in den Hintergrund drängen. Die Bedeutung der Familie wird betont, die Legalisierung von Homo-Ehen klar abgelehnt. „Vor allem denke ich an die dauerhafte Verbindung von Mann und Frau in der Ehe“, heißt es in Franziskus’ Schreiben.
Für eine Überraschung sorgte der Argentinier bei der Präsentation der Enzyklika. Während sich Journalisten aus aller Welt im Pressesaal versammelten, weihte der Papst wenige Hundert Meter Luftlinie entfernt, in den Vatikanischen Gärten, eine Bronzestatue ein. Dazu lud er auch den emeritierten Papst Benedikt XVI. ein, den er herzlich umarmte.
Messe für Flüchtlinge
Franziskus unterscheidet sich aber klar von Benedikt was die Organisation der Kurie, der Vatikanbank, aber auch seine öffentlichen Auftritte betrifft. Ein wichtiges Zeichen setzt das katholische Kirchenoberhaupt bei seiner ersten Reise am Montag. Er besucht die Mittelmeerinsel Lampedusa vor Sizilien, vor deren Küste sich in den vergangenen Jahren unzählige Flüchtlingstragödien abspielten. Verzweifelte Menschen aus Entwicklungsländern setzen auf völlig überfüllten und veralteten Booten ihr Leben aufs Spiel, in der Hoffnung, in Europa ein besseres Leben zu finden. Auf Lampedusa wird der Papst „die Toten beweinen“, wie der Vatikan mitteilte. Franziskus wird vor der Messfeier einen Blumenkranz ins Meer werfen, um an die verunglückten Flüchtlinge zu erinnern.
Bürgermeisterin Giusi Nicolini freut sich über die weltweite Aufmerksamkeit: „Der Papst zeigt große Sensibilität und beweist, dass ihm das Schicksal der Menschen am Herzen liegt. Ich hoffe, dass Europa die Bedeutung der Reise erfasst und auf die Worte von Franziskus hört.“ Nicolini hat wiederholt das Schweigen der EU-Verantwortlichen kritisiert, die vor dem Massaker im Mittelmeer, deren Opferzahlen längst das „Ausmaß eines Krieges“ erreicht haben, die Augen verschließen.
Vatikanbank im Visier
Bei der umstrittenen Vatikanbank (IOR), die in jüngster Zeit wegen Rücktritten und Verhaftungen für Schlagzeilen sorgte, will der Papst für mehr Transparenz sorgen. Er hat dazu eine Kommission eingesetzt, der auch die Harvard-Professorin und ehemalige US-Botschafterin im Vatikan, Mary Ann Glendon, angehört. Laut Vatikan-Insidern machte der Papst Druck, um den Rücktritt des IOR-Generaldirektors Paolo Cipriani und des Vizechefs, Massimo Tulli, voranzutreiben. Beide stehen wegen angeblich genehmigter Geldwäsche-Operationen im Verdacht. Außerdem standen sie mit dem verhafteten Prälaten Nunzio Scarano, der in der vatikanischen Güterverwaltung tätig war, in Kontakt. Mit weiteren Personal-Rochaden ist zu rechnen. Das Verhältnis des Papstes zu IOR-Präsident Ernst von Freyberg, der von Benedikt bestellt wurde, gilt als angespannt.
Franziskus will die Kurie reformieren und deshalb Staatssekretär Kardinal Tarcisio Bertone abgelösen, der alle Transparenz-Bemühungen bisher unterlaufen hat. Sein Nachfolger könnte noch vor der Sommerpause ernannt werden.
Er stand nur fünf Jahre lang an der Spitze der katholischen Kirche, veränderte sie aber von Grund auf. Papst Johannes XXIII. ging als mutiger Reformer in die Geschichte ein. Auch er wird nun heiliggesprochen. Als Angelo Giuseppe Roncalli 1958 zum Papst gewählt wurde, rechnete kaum jemand mit den tiefgreifenden Veränderungen, die er in der Kirche auslösen würde. Der damals 77-Jährige galt bei vielen nur als Übergangspapst, als Kompromisslösung. Doch Johannes XXIII. bewies in seiner fünfjährigen Amtszeit Mut zu historischen Reformen und Entschlossenheit. Mit der Einberufung des Zweiten Vatikanischen Konzils 1962 leitete er einen Umbruch ein, mit seiner herzlichen Art gewann er die Sympathien der Menschen. Am 3. Juni hatte sich der Todestag von Johannes XXIII. zum 50. Mal gejährt.
Geboren wurde Roncalli am 25. November 1881 im Bergdorf Sotto il Monte bei Bergamo. Er wuchs als eines von zwölf Kindern in einer Bauernfamilie auf. Im ersten Weltkrieg war er Sanitäter und Feldprediger, später wurde er Bischof und Patriarch von Venedig. 1958 wurde Roncalli in einem dreitägigen Konklave auf den Stuhl Petri gewählt. Die Menschen in Italien liebten ihn für seinen warmherzigen Charakter, seine Bescheidenheit und seine Volksnähe.
Konzil
Das Zweite Vatikanische Konzil war eines der herausragenden kirchlichen Ereignisse im 20. Jahrhundert, das tiefe Spuren hinterließ. Es tagte bis 1965 und markiert für viele eine Zeitenwende in der katholischen Kirche. Johannes wollte mit dem Konzil die Kirche modernisieren, zur Welt hin öffnen und sie der sich wandelnden Zeit anpassen. Neben der Reform des Gottesdienstes wurde auch das Verhältnis zu anderen Religionen und Konfessionen neu bestimmt. Sein Erbe und der Erfolg des Zweiten Vatikanischen Konzils sind dennoch bis heute umstritten. Viele sahen Nachholbedarf bei der Umsetzung oder kritisierten die Öffnung als nicht weitgehend genug. Dennoch hat das Pontifikat von Johannes XXIII. die katholische Kirche grundlegend verändert. Er öffnete - wie er selber sagte - die Fenster und Türen der Kirche, um frischen Wind hereinzulassen.
In den Anfangszeiten der Kirche bestimmten die Gläubigen, wer ein Heiliger war. Ab dem 6. Jahrhundert musste der Bischof die Heiligsprechung genehmigen. Um die Jahrtausendwende begannen die Päpste damit, dieses Privileg an sich zu ziehen. Dabei kam es anfangs nicht selten zu Kompetenzstreitigkeiten zwischen Bischöfen und Vatikan.
Heute gilt ein zweistufiges Verfahren. Selige und Heilige werden in der katholischen Kirche als Vorbilder christlichen Lebens verehrt. Den Antrag zur Seligsprechung stellt der örtlich zuständige Bischof. Ein Kirchengericht prüft dann, ob die fragliche Person tugendhaft gelebt hat, im "Ruf der Heiligkeit" gestanden, ein Martyrium erlitten oder Wunder bewirkt hat.
Nach weiteren umfangreichen Überprüfungen entscheidet schließlich der Pontifex über die Seligsprechung. Diese erlaubt die offizielle Verehrung eines verstorbenen Menschen in einer bestimmten Region. Die spätere Heiligsprechung, der ein erneutes langwieriges Prüfverfahren vorausgeht, dehnt diese Verehrung auf die gesamte katholische Weltkirche aus.
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