Müllkrise: Rom will Abfall in Österreich entsorgen lassen

(Archivbild)
660 Kilo Müll produziert jeder Römer pro Jahr. Recycelt wird davon nach offiziellen Angaben etwa ein Viertel.

Rom hofft auf die Hilfe Österreichs und Deutschlands bei der Bewältigung der Müllkrise. Die Stadt möchte Abfall in Anlagen dieser beiden Länder entsorgen lassen. "Jetzt haben Österreich und Deutschland 30 Tage Zeit für eine Antwort", sagte der für Umweltfragen zuständige Stadtrat Mauro Buschini nach Medienangaben. Präzise Angaben dazu wurden allerdings nicht gemacht.

Bürgermeisterin Virginia Raggi wollte den Abfall ursprünglich innerhalb Italiens entsorgen lassen. Ihre Pläne stießen auf vehemente Proteste der betroffenen Regionen. Heftigen Widerstand leistet Umbrien. Auch Gemeinden im südlichen Lazio, wo sich Deponien und Verbrennungsanlagen befinden, wollen vom Müll der Ewigen Stadt nichts wissen.

Müllkrise: Rom will Abfall in Österreich entsorgen lassen
A pile of rubbish lies next to an old Fiat 500 car parked in a street of central Rome on July 23, 2016. / AFP PHOTO / FILIPPO MONTEFORTE
Die Präsidentin der Region Umbrien, Catiuscia Marini, meinte, Roms Abfall müsse dort entsorgt werden, wo er produziert worden ist. Es sei unannehmbar, dass eine Region mit 900.000 Einwohnern mit dem Müll einer Großstadt von 3,5 Millionen Menschen fertig werden müsse. Die Entsorgungsanlagen in Umbrien seien auf den lokalen Bedarf ausgelegt.
Müllkrise: Rom will Abfall in Österreich entsorgen lassen
epa04848981 (FILE) A file picture dated 18 October 2010 of people passing by piles of uncollected trash in Naples, Italy. Italy must pay a 20-million-euro (21.7-million-dollar) fine for failing to address a garbage crisis in Naples and the surrounding region of Campania, the European Union's Court of Justice ruled 16 July 2015. Naples and Campania region has a chronic problem with illegal landfills and uncontrolled waste tips and has not managed to set up a more sustainable way of disposing of its rubbish, despite repeated EU warnings, starting from 2007. EPA/CIRO FUSCO *** Local Caption *** 02399526

"Niemand will den Müll von Rom"

"Niemand will den Müll von Rom", kommentierten oppositionelle Kommunalpolitiker schadenfroh. Wegen der Krise sind die ersten Wochen von Raggis Amtszeit alles andere als entspannt. Dabei hatte sie als erste Frau in der Ewigen Stadt die Bürgermeisterwahlen mit dem Versprechen gewonnen, die Entsorgungsprobleme zu lösen.

660 Kilo Müll produziert jeder Römer pro Jahr. Recycelt wird davon nach offiziellen Angaben etwa ein Viertel. Aber seit 2013 ist Roms und gleichzeitig Europas größte Deponie, Malagrotta, aufgrund des Drucks aus Brüssel geschlossen worden. Überfüllt war sie bereits seit Jahren, da sie 2007 eigentlich geschlossen werden sollte, weil offene Deponien in der EU verboten sind.

Die Anlage war völlig überlastet, täglich wurden dort 4.500 Tonnen Müll abgeladen. Der private Betreiber, der Abfall-Monopolist Manlio Cerroni, hatte die städtischen und regionalen Politiker so in seine Netze eingesponnen, dass sie ihm eine lukrative Verlängerung nach der anderen zugestanden. Im Oktober 2013 war dann endgültig Schluss.

Müllkrise: Rom will Abfall in Österreich entsorgen lassen
A digger removes waste at the Malagrotta landfill near Rome December 11, 2013. REUTERS/Alessandro Bianchi/File Photo
Nach der Schließung von Malagrotta suchte Rom nach anderen Entsorgungsmöglichkeiten, doch keine ließ sich wirklich umsetzen. Pläne für die Errichtung von Müllverbrennungsanlagen scheiterten an Anrainerprotesten. Dazu kamen noch Missmanagement und Korruption bei der Müllentsorgungsfirma AMA, bei der ein Loch von 650 Millionen Euro klafft.

Eine akute Müllkrise belastet Rom und macht der neu gewählten Bürgermeisterin Virginia Raggi zu schaffen. Wegen Engpässen im Entsorgungssystem türmt sich der Unrat unter sengender Hitze auf den Straßen der Ewigen Stadt. Ratten und Möwen haben Hochkonjunktur. Bürger warnen vor Gefahren für die öffentliche Hygiene.

Müllanlagen zu alt und unzulänglich

"Die Müllentsorgungsanlagen sind alt und unzulänglich für die Bedürfnisse einer Metropole wie Rom", klagte der Chef der Müllentsorgungsgesellschaft AMA, Daniele Fortini. Diskutiert wird jetzt über die Wiedereröffnung der 2013 geschlossenen größten Deponie Europas namens Malagrotta. Die Anlage war völlig überlastet. Täglich wurden in Malagrotta auf einer Fläche von 250 Hektar 4.500 Tonnen Müll abgeladen.

Die im Juni gewählte Raggi ist unter Druck. Sie hatte als erste Frau die Bürgermeisterwahl in der italienischen Hauptstadt mit dem Versprechen gewonnen, die Müllentsorgungsprobleme Roms zu bewältigen und das Recycling zu fördern.

Für Aufsehen sorgte, dass Raggi als Verantwortliche für die Lösung der Müllkrise ihre Parteikollegin Paola Muraro ernannt hat. Diese war zwölf Jahre lang Beraterin der Müllentsorgungsgesellschaft, von der sie 1,14 Millionen Euro bezogen hat. Muraro wird jetzt beschuldigt, in zwölf Jahren keinerlei Beitrag zur Verbesserung der Missstände bei der Müllentsorgungsgesellschaft beigetragen zu haben. Raggi verteidigt dagegen die Kompetenz ihrer Parteikollegin.

Römer produzieren extrem viel Müll

Jeder Römer produziert pro Jahr eine Rekordmenge von 660 Kilo Müll. Ist der Container voll, deponieren viele Bewohner ihren Abfall auf dem Gehsteig. Der kommunalen Müllentsorgungsgesellschaft AMA mit Tausenden Mitarbeitern wird Ineffizienz vorgeworfen. Ihre Manager sollen sich jahrelang durch Günstlingswirtschaft und Korruption bereichert haben, während die Stadt im Schmutz unterging.

Der Massentourismus in der Innenstadt, überfüllte Mülldeponien und das Fehlen einer effizienten Recyclingstrategie führten in den vergangenen Jahren immer wieder zu Müllkrisen in Rom. Doch die Geduld der Römer ist jetzt zu Ende. Die Resignation wegen der seit Jahren anhaltenden Missstände wandelte sich in Empörung um und führte zu spontanen Initiativen. Im zentralen und multikulturellen Stadtviertel Esquilin zwischen dem Hauptbahnhof Termini und der Basilika Santa Maria Maggiore sind Bürgerinitiativen entstanden, die sich sonntags treffen, um die Straßen zu kehren.

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