Mädchenklasse in Schweden genitalverstümmelt

28 der 30 Mädchen seien der krassesten Beschneidungsform ausgesetzt worden, erklären Schulärzte.

Schulärzte haben in der schwedischen Stadt Norrköping eine Klasse entdeckt, in der alle Mädchen Genitalverstümmelungen aufweisen. 28 der 30 Mädchen seien sogar der krassesten Form der Beschneidung ausgesetzt worden, schrieb die Tageszeitung Norrköpings Tidningar am Freitag in ihrer Online-Ausgabe.

Keine genauen Zahlen

Der Fall ist der bisher umfassendste in Schweden. Genaue Zahlen, wie viele Frauen in Schweden mit Genitalverstümmelungen leben müssen gibt es nicht. Allein in Norrköping wurden seit März dieses Jahres laut dem Artikel rund 60 Fälle aufgedeckt.

Die schwedische Schulgesundheitsbehörde will nun eine umfangreiche Informationskampagne starten. Eltern von Kindern mit einschlägigem Einwandererhintergrund sollen ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass sie eine bis zu zehnjährige Gefängnisstrafe riskieren, wenn sie ihre Töchter in den jeweiligen Herkunftsländern einem derartigen Eingriff unterziehen lassen.

Somalia: 98 Prozent beschnitten

Die sogenannte weibliche Beschneidung wird weltweit immer noch in rund 30 Ländern praktiziert, die meisten davon in Afrika. Am stärksten verbreitet ist der Eingriff in Somalia, wo nach Schätzungen bis zu 98 Prozent der weiblichen Bevölkerung beschnitten sind.

Schätzungen zur Verbreitung von weiblicher Genitalverstümmelung (FGM) sprechen von bis zu 8.000 bereits beschnittenen Frauen in Österreich. Das Europäische Institut für Geschlechtergerechtigkeit (EIGE) geht in einer Studie von 2013 davon aus, dass die überwiegende Mehrheit der Betroffenen afrikanischer und asiatischer Herkunft sei. Verlässliche Zahlen zu den Betroffenen gebe es aber nicht.

In Österreich gibt es bereits eine Reihe von gesetzlichen Regelungen zur Bekämpfung von weiblicher Beschneidung: FGM oder die Zustimmung dazu ist in Österreich seit 2001 per Gesetz verboten. Der Artikel 90 im Strafgesetzbuch ist seit 2012 auch extraterritorial anwendbar, um die im Ausland stattgefundene Beschneidung von Mädchen und Frauen strafrechtlich zu verfolgen.

Meldung an Behörden

Für in Gesundheitsberufen Beschäftigte in Österreich ist laut EIGE eine Meldung an die Behörden gesetzlich vorgeschrieben, wenn der Verdacht auf Genitalverstümmelung besteht. Das Nicht-Melden zog allerdings bisher keine strafrechtlichen Folgen nach sich.

Bei Asylanträgen wird eine potenzielle Bedrohung durch FGM berücksichtigt: Einer von der Österreichischen Plattform gegen weibliche Genitalverstümmelung stopFGM zitierten EU-Studie zufolge wurde bereits rund 20 Frauen wegen der Gefahr beschnitten zu werden in Österreich Asyl gewährt. Die Anträge von mindestens vier Frauen, die bereits beschnitten sind, wurden angenommen.

Weibliche Genitalverstümmelung beinhaltet das teilweise oder gänzliche Wegschneiden der weiblichen äußeren Genitalien ohne medizinische Begründung. FGM habe gesundheitsschädigende Folgewirkungen und könne auch zum Tod des Opfers führen, heißt es in der Studie.

Zur Durchführung von FGM nannte EIGE "kulturelle und soziale Gründe". Oftmals werde Genitalverstümmelung im Namen der Religion gerechtfertigt, auch wenn die religiöse Basis dazu zur Gänze fehle.

Ministerin sagt Ritual den Kampf an

Mindestens sechs Organisationen widmen sich in Österreich dem Kampf gegen FGM: Dazu zählen die Plattform stopFGM, Bright Future, FEM Süd, Orient Express, FGM Hilfe in Kärnten und das Frauengesundheitsprogramm der Stadt Wien.

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek sagte gemeinsam mit der Nationalratsabgeordneten und stopFGM-Sprecherin Petra Bayr (beide SPÖ) laut einer Presseaussendung dem Ritual den Kampf an. Heinisch-Hosek zufolge arbeite man "auf Hochtouren" an einem Nationalen Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen, in dem Maßnahmen gegen FGM veranschlagt werden sollen. Durch "Prävention, Intervention und gute Zusammenarbeit mit NGOs" solle das Beschneiden von Frauen unterbunden werden.

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