Kirche der Barmherzigkeit gegen die der Ängstlichen

Franziskus gab am Montag Roma und Sinti eine Audienz: Viele warten jetzt auf sein Schreiben zur Familie.
Die Konservativen sind in der Mehrheit. Sie würden Franziskus nicht mehr wählen.

"Es war anstrengend, wird aber viele Früchte tragen" – so fasste Papst Franziskus die Debatten der dreiwöchigen Familiensynode bei der Abschlussmesse im Petersdom zusammen. Große Hoffnungen auf Veränderungen punkto Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene und im Umgang mit Homosexuellen wurden bereits vor Publikation des Synoden-Schlussberichts stark gedämpft.

Mit nur einer Stimme Vorsprung wurde einer "leichten Öffnung" im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen zugestimmt. Priester sollen von Fall zu Fall entscheiden, ob Geschiedene Zugang zur Kommunion bekommen. An den "Falken im Vatikan" ging Franziskus’ Warnung vor Synodenbeginn, die Zeichen der Zeit nicht zu verkennen, offensichtlich spurlos vorbei. In der Seelsorge-Praxis wird sich laut dem Vatikan-Experten Marco Politi allerdings wenig ändern: "Pragmatisch glaube ich, dass sich alle Priester, die schon heute wiederverheirateten Geschiedenen die Kommunion geben, bestärkt fühlen."

Bei seiner Predigt am Sonntag ging der 78-jährige Pontifex auf die Auseinandersetzungen ein, die sich hinter den Kulissen abspielten: "Auf dem Weg dieser Synode haben verschiedene Meinungen, die frei – und leider manchmal mit nicht gänzlich wohlwollenden Methoden – ausgedrückt wurden, zweifellos den Dialog belebt und ein lebendiges Bild einer Kirche geboten, die keine ,vorgefassten Formulare‘ verwendet, sondern aus der unversiegbaren Quelle ihres Glaubens lebendiges Wasser schöpft, um den Durst der vertrockneten Herzen zu stillen."

Der langjährige Vatikan-Beobachter Marco Politi ist nach der Synode mehr denn je überzeugt, dass die konservativen Kräfte im Vatikan in der Mehrzahl seien. Es gäbe eine "Kirche der Barmherzigkeit", die Kirche von Papst Franziskus. Die Synode hätte aber klar gezeigt, so Politi, dass die konservative Kirche, die ängstliche Kirche, in der Mehrheit sei. Bei der Synode seien auch die Gegner des Papstes ans Licht getreten. "Nicht alle, die den Papst vor zwei Jahren gewählt haben, würden ihn heute wieder wählen", vermutet Politi. Als Tabuthema wurde der Umgang mit Homosexuellen behandelt und in dem Synoden-Papier nur gestreift.

Dennoch lasse das Abschlussdokument einen "kleinen Türspalt offen", resümiert Politi. Es sei "die Vorstufe für eine Entscheidung, die dem Papst überlassen wird." Nun darf man auf das "postsynodale Schreiben" von Franziskus gespannt sein, in dem er seine Vision der Weltkirche ausdrücken wird.

Kommentare