Kindermädchen in Dubai: Ohne Pass, ohne Recht

äthiopien
Moderne Sklaven. Eine junge Äthiopierin musste ihren Sohn zurücklassen, um im Golf-Emirat Geld zu verdienen. Eine Odyssee.

Ohne Selbstmitleid, dafür mit viel Selbstbewusstsein, Anmut und Würde sitzt sie hier, in dem abgelegenen Winkel der äthiopischen Hochebene. Aberash Bekele, 27, hat die Kurve irgendwie gekratzt, heute ist sie stark und eine beeindruckende Persönlichkeit.

Mit 23 ging sie weg von zu Hause, sie sah keine andere Möglichkeit: Ihr Ehemann hatte sich illegal über Libyen nach Italien durchgeschlagen und sich danach nie wieder gemeldet. Bekele stand allein da mit ihrem damals dreijährigen Sohn, mittellos. Da erfuhr sie, dass man im Golf-Emirat Dubai Hausangestellte sucht. „Meine Familie hat die 10.000 Birr (rund 430 Euro) für die Vermittlungsagentur zusammengekratzt. Ich hab mein Kind bei meiner Mutter gelassen und bin weggegangen“, erzählt die Frau und streicht dem jetzt Siebenjährigen zärtlich durchs Haar.

Drei Monate kein Lohn

Schon bald danach habe das Martyrium begonnen. Die Eltern seien zwar noch halbwegs okay gewesen, „doch die sieben Kinder haben keinerlei Respekt gezeigt und mich echt mies behandelt“, beschreibt Bekele den Alltag zwischen Kochen, Kinder zur Schule bringen, Putzen, Wäschewaschen, Bügeln, Kochen, Kinder zu Bett bringen, Aufräumen. Zwölf Stunden täglich. „Die ersten drei Monate habe ich gar keinen Lohn erhalten, dann etwa 1500 Birr (65 Euro).“

Sie fühlte sich isoliert in der für sie so fremden Glitzerwelt der Ölscheichs. Selbst ihre Religion musste die Christin leugnen. Sie betete mit der muslimischen Familie deren Gebete, auch die Abaja, den Ganzkörperschleier, der nur das Gesicht freilässt, musste sie tragen. „Hat auch nur eine Haarsträhne herausgeschaut, bin ich streng abgemahnt worden“, sagt Bekele.

Nach neun Monaten reichte es ihr, sie flüchtete. Da der Familienvater ihren Reisepass konfisziert hatte, lebte sie fortan als U-Boot in Dubai – mehr als drei Jahre lang. „Ich konnte nicht nach Äthiopien zurück und hab mich mit Leidensgenossinnen aus meiner Heimat durchgeschlagen – mit Gelegenheitsjobs.“ Die modernen Sklavinnen, von denen manche auch über sexuelle Übergriffe berichtet hätten, wohnten auf engstem Raum.

Als die Polizei Aberash Bekele aufgriff und vor die Alternative Abschiebung oder Gefängnis stellte, fiel die Wahl nicht schwer. Nach vier Jahren konnte sie heuer wieder erstmals ihren Sohn in die Arme nehmen.

Die Frau kann zwar die Abertausenden Äthiopierinnen verstehen, die wie sie in arabischen Ländern Geld verdienen wollen – auch ihre Nachbarin hat es nach Saudi-Arabien gezogen. Empfehlen kann sie es aber nicht.

Mit diesem dunklen Kapitel hat die 27-Jährige abgeschlossen. Ebenso wie einem noch dunkleren im Teenager-Alter. Da wurde sie von einer Gruppe jugendlicher Burschen entführt (eine gängige Praxis in Äthiopien). In einem Handgemenge erschoss sie den Rädelsführer. Dessen Kumpanen wollten sie daraufhin lynchen – nur das couragierte Eingreifen anderer Dorfbewohner rettete sie vor dem sicheren Tod. In einem landesweit für Aufsehen sorgenden, zwei Jahre dauernden Prozess wurde sie schlussendlich freigesprochen.

Heute arbeitet Aberash Bekele für eine lokale NGO, die sich für Frauenrechte, Jugendliche sowie Bildung einsetzt und von den österreichischen Sternsingern der Dreikönigsaktion unterstützt wird. Und sie kann auch wieder lachen.

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