Kensington Palast: Im Schatten des Buckingham Palace

Der Kensington Palast
Er war Wohnsitz Dianas, der Queen Victoria, und heute leben hier William und Kate.

Wer in diesen Tagen London besucht, kommt am Kensington Palast nicht vorbei. Das elegante Backsteingebäude steht ganz im Zeichen des 20. Todestages der Prinzessin Diana, die hier die letzten Jahre ihres Lebens verbracht hat. Das geheimnisvolle Schloss ist aber auch aus anderen Gründen interessant: Hier ist Queen Victoria zur Welt gekommen und aufgewachsen, andere Könige residierten im Kensington Palast, Prinzessin Margaret feierte hier mit ihrem Ehemann Lord Snowdon wilde Partys, und heute ist er der Hauptwohnsitz des Ehepaares William und Kate.

Riesiger Schlosspark

Das schwere Eisentor, der riesige Schlosspark, die holzvertäfelten Gemächer sind eine einzige Pracht. Und doch, dachte ich mir, als ich vor wenigen Tagen über die dunkle Holztreppe in den ersten Stock des Palasts gelangte, dass die Habsburger prunkvoller lebten. Wie auch immer, die Geschichte des englischen Königshauses ist ohne Kensington Palast undenkbar.

Er ist um ein paar Jahre älter als der Buckingham Palace, steht aber immer in dessen Schatten, weil der offizielle Sitz der Königin die Pracht der britischen Krone repräsentiert. Doch erfährt man im Kensington Palast viel mehr Privates von den Royals, die hier meist abseits des höfischen Trubels lebten.

Kensington Palast: Im Schatten des Buckingham Palace
Britain's Prince William, Duke of Cambridge and his wife Kate, the Duchess of Cambridge, and their children Prince George and Princess Charlotte on the tarmac of the Airbus compound in Hamburg, northern Germany, on July 21,2017. The British royal couple are on the last stage of their three-day visit to Germany. / AFP PHOTO / Patrik STOLLARZ

Kein Glück für Royals

Der Adelssitz wurde vor mehr als 300 Jahren von der Stuart-Königin Mary II. erworben und zu einem herrschaftlichen Schloss ausgebaut, weil die Feuchtigkeit im damaligen Königspalast Whitehall in den Wintermonaten unerträglich war. Doch Kensington sollte der königlichen Familie kein Glück bringen. Da die Ehe Queen Marys – die wegen ihres modischen Auftretens von Historikern als " Diana des 17. Jahrhunderts" bezeichnet wird – kinderlos blieb, verließ sie sich ganz auf die Gebärfreudigkeit ihrer Schwester Anne, die tatsächlich 18 Kinder zur Welt brachte. Doch alle starben jung, weshalb die Thronfolge an einen entfernten Verwandten aus dem Haus Hannover überging.

Drakonische ErziehungDiesem entstammte die spätere Königin Victoria, die am 24. Mai 1819 im Kensington Palast geboren wurde und dort auch aufgewachsen ist. Ihre Erziehung war so streng, das sie nicht einmal mit anderen Kindern spielen durfte. Die Einsamkeit und die drakonischen Maßnahmen waren es – davon sind Historiker überzeugt –, die Victoria zu der zielstrebigen Figur werden ließen, die sie in der Geschichtsschreibung spielt.

Die neue Königin

Hier, im Kensington Palast, traf Victoria mit 17 Jahren zum ersten Mal ihren geliebten künftigen Ehemann Prinz Albert. Und ein Jahr später, am Morgen des 20. Juni 1837, wurde sie in ihrem Schlafgemach mit der Mitteilung geweckt, dass ihr Onkel, König William IV., gestorben und sie die neue Regentin sei.

Heute kann man Victorias Wohn- und Arbeitsräume im Kensington Palast besichtigen, wobei dem Besucher aus Österreich auffällt, dass einige ihrer Porträts, die an den Wänden hängen, von Franz Xaver Winterhalter stammen – der auch das berühmte Bildnis schuf, das Kaiserin Elisabeth mit den Sternen im Haar zeigt.

Nach Victoria lebten hier mehrere ihrer Töchter und Enkel, die letzte Enkelin, Prinzessin Alice, ist erst 1981 in Kensington gestorben.

Diese musste sich den Palast zuletzt mit Prinzessin Margaret, der Schwester der heutigen Queen, teilen, die nach der Hochzeit mit dem Fotografen Lord Snowdon 1960 den Südflügel bezogen hat – was insofern kein Problem darstellen sollte, als Kensington groß genug ist, um mehrere Familien standesgemäß unterzubringen. Freilich feierten Margaret und Snowdon hier ihre berühmt-berüchtigt lauten Partys, die die anderen Bewohner not amused haben sollen. Margaret hatte einen ganzen "Hofstaat" von Entertainern in den Palast gebracht, und zu ihren Partygästen zählten Mick Jagger und Hollywoodstars wie Liz Taylor und Peter Sellers. Doch Kensington brachte auch Margaret kein Glück, sie und ihr Mann hatten außereheliche Affären, die Ehe scheiterte, 1978 kam es zur Scheidung.

Charles und Diana

Noch glamouröser, aber um nichts glücklicher verliefen die Jahre ab 1982, als Diana und Charles den Nordflügel des Palasts bewohnten. Hier kam es zur Ehekrise, hier gab Diana das aufsehenerregende BBC-Interview, in dem sie die aufrechte Beziehung ihres Mannes zu Camilla Parker Bowles ansprach. Es folgte die Scheidung, nach der die "Königin der Herzen" mit ihren Söhnen im Palast bleiben durfte. William und Harry haben den Großteil ihrer Kindheit in Kensington verbracht.

Nach Prinzessin Dianas Unfalltod am 31. August 1997 strömten Zehntausende Menschen sowohl zum Buckingham als auch zum Kensington Palast, um an den Eingangstoren Blumen und Briefe als Zeichen der Trauer zu hinterlegen. 2011 kehrte William mit Ehefrau Kate an die Stätte seiner Kindheit zurück. Heute dienen dem Paar und seinen Kindern vier Stockwerke und 20 Zimmer des Palasts als offizieller Hauptwohnsitz. Die prominenten Bewohner bekommt man als Besucher des Royal Palace of Kensington natürlich nicht zu sehen – ihre in einem ganz anderen Trakt gelegenen Gemächer sind von den öffentlich zugänglichen Bereichen hermetisch abgeschirmt.

Derzeitiger Hauptanziehungspunkt des Kensington Palasts – der zu den schönsten Häusern Londons zählt – ist die Mode-Ausstellung "Diana – Her Fashion Story", in der mehrere Dutzend Originalkleider der Prinzessin gezeigt werden, darunter auch jenes tintenblaue Samtkleid, in dem sie 1985 bei einem Staatsbankett Präsident Reagans im Weißen Haus mit John Travolta tanzte. Und auch ein grünes Paillettenkleid, das sie bei ihrem Wien-Besuch 1986 trug.

Nur ein Paar Schuhe

Wenn man sich mit den Kuratoren der Ausstellung unterhält, erfährt man, dass die spätere Stilikone, als sie Prinz Charles kennen lernte, nur ein Kleid, eine Bluse und ein paar Straßenschuhe besaß – den Rest borgte sich Diana bei Freundinnen aus. Erst nach der Hochzeit begann sie sich für Mode zu interessieren. Und je größer ihr Selbstbewusstsein wurde, desto mehr füllte sich ihr Kleiderschrank.

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