Erneut Erdbeben in Italien: Schnee erschwert Hilfe

Amatrice wurde erneut getroffen, der Schnee erschwert die Aufräumarbeiten.
Epizentrum in Mittelitalien zwischen L'Aquila und Rieti. Schnee bereitet Probleme. Auch in Kärnten und der Steiermark war das Beben zu spüren.

Erdbeben und heftige Schneefälle: Mittelitalien ist am Mittwoch ins Chaos gestürzt. Drei Erdstöße mit Magnituden zwischen 5,3 und 5,7 in kurzer Folge in Tiefen zwischen sieben und 40 Kilometern haben am Vormittag die Region erschüttertet. In dem Gebiet hatten sich bereits im August und im Oktober schwere Beben ereignet, bei denen rund 300 Menschen starben.

Erneut Erdbeben in Italien: Schnee erschwert Hilfe
Karte Mittelitalien, schwere Beben seit 2016 GRAFIK 0067-17, 88 x 55 mm

Die Epizentren lagen in der Region um die Stadt Amatrice, die im August großteils zerstört worden war. Damals kamen dort mehr als 200 Menschen ums Leben. Die Erschütterungen am Mittwoch waren bis nach Florenz und Rom deutlich zu spüren.

In Amatrice und in der 2009 von einem Erdbeben zerstörten Abruzzen-Hauptstadt L'Aquila kam es zu einigen Schäden. So stürzten in Amatrice die letzten Reste des mittelalterlichen Turms der dem Heiligen Augustin geweihten Kirche ein, die bei den Beben im August und im Oktober noch erhalten geblieben waren. Berichte über Verletzte lagen nicht vor. "Ich begreife nicht, warum wir so bestraft werden", meinte der Bürgermeister von Amatrice, Sergio Pirozzi, sichtbar mitgenommen.

"Neues Phänomen"

In Italien sei noch nie eine Serie von vier Erdbeben mit Stärke über 5 in einem Zeitraum von drei Stunden registriert worden. "Das ist ein neues Phänomen in der jüngsten Geschichte", berichtete der Seismologe Alessandro Amato von Italiens nationalem Institut für Geophysik und Vulkanologie (INGV).

Allein am Mittwoch seien über 100 Erschütterungen gemeldet worden

Schnee und Kälte erschweren Hilfe

Die Bevölkerung in der Erdbebenregion lief in Panik auf die Straßen. Erschwert wurde die Lage von heftigen Schneefällen und niedrigen Temperaturen. In den Marken war es am Dienstag wegen des Schnees zu Stromausfällen gekommen, mehrere Berggemeinden sind noch isoliert. "Das wahre Problem ist nicht das Erdbeben, sondern der Schnee", sagte der Bürgermeister von Amatrice. Er forderte Räumfahrzeuge, um die Straßen wieder befahrbar zu machen. Mancherorts liege zwei Meter Schnee. Drei Viehzüchter, die am Vormittag als vermisst galten, wurden bei einer Suchaktion gefunden.

Erneut Erdbeben in Italien: Schnee erschwert Hilfe
A soldier removes snow in Amatrice, after a series of earthquakes hit the town and parts of central Italy, January 18, 2017. REUTERS/Emiliano Grillotti FOR EDITORIAL USE ONLY. NO RESALES. NO ARCHIVES

Zur Schneeräumung sollen auch Soldaten eingesetzt werden. Der italienische Premierminister Paolo Gentiloni will die Präsenz des Heeres im Erdbebengebiet erhöhen. Soldaten sollen die Hilfsaktionen koordinieren. Mehrere Bahnverbindungen zwischen den Regionen Latium und Abruzzen waren unterbrochen, weil die Sicherheit der Linien geprüft werden musste.

Chaos in Rom

Erneut Erdbeben in Italien: Schnee erschwert Hilfe
People stand on the road after leaving buildings following an earthquake in Rome, Italy, January 18, 2017. REUTERS/Alessandro Bianchi

Die Erdbeben am Mittwoch sorgten für chaotische Zustände in Rom. In der italienischen Hauptstadt wurden vorsorglich U-Bahn-Stationen, Schulen und Bürogebäude evakuiert. Da die U-Bahn-Linien still standen, stürmten Passagiere Busse und Taxis. Die Lifte im Kolosseum waren aus Sicherheitsgründen ebenfalls außer Betrieb, Roms Wahrzeichen blieb jedoch weiterhin zugänglich.

In Südösterreich konnte man Erdstöße spüren

Die Erdstöße im Raum Amatrice waren auch im Süden Österreich zu spüren. Beim Erdbebendienst der ZAMG (Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik) sind Meldungen aus Kärnten und der Steiermark eingegangen, wonach Hängelampen geschwankt hatten.

Reaktionen

Solidaritätserklärungen mit der betroffenen Bevölkerung trafen aus ganz Europa ein. "Wir werden Italien nicht allein lassen", versicherte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die am Mittwoch in Berlin den italienischen Premier Gentiloni traf, erklärte sich zu konkreten Hilfen bereit. "Mit jedem Erdstoß wächst unsere Entschlossenheit, die Bevölkerung in Mittelitalien zu unterstützen", so Italiens Staatschef Sergio Mattarella.

August 2016: 300 Tote in Amatrice

Italien wird immer wieder von schweren Erdbeben heimgesucht. Am 24. August waren bei einem Beben der Stärke 6,2 in der Nähe von Amatrice fast 300 Menschen ums Leben gekommen. Es verursachte zudem große Schäden an Gebäuden und Infrastruktur. Seither wurden mehr als 45.000 Erschütterungen registriert, darunter ein Beben der Stärke 6,6 im Oktober. Mehr als 15.000 Menschen mussten danach in Hotels und Notunterkünften untergebracht werden.

Wie man die Stärke eines Bebens misst

Die Stärke von Erdbeben wird mit Seismographen gemessen. Sie zeichnen die Stärke von Bodenbewegungen auf, die sogenannte Magnitude. Weltweit kommen jährlich etwa 100.000 Beben der Stärke 3 vor. Rund 1.600 haben die Stärken 5 oder 6. Ein Großbeben hat mindestens den Wert 8 und tritt etwa einmal im Jahr auf. Erdbeben können je nach Dauer, Bodenbeschaffenheit und Bauweise in der Region unterschiedliche Auswirkungen haben.

Erdbeben-Stärke
Stärke 1-2 Nur durch Instrumente nachzuweisen
Stärke 3 Nur in der Nähe des Epizentrums zu spüren
Stärke 4-5 30 Kilometer um das Zentrum spürbar, leichte Schäden
Stärke 6 Tote und schwere Schäden in dicht besiedelten Regionen
Stärke 7 In weiten Gebieten stürzen Häuser ein, viele Menschen sterben
Stärke 8 Verwüstungen im Umkreis Hunderter Kilometer, sehr viele Opfer

Mit jedem Stärke-Punkt Unterschied steigt die Erschütterungsenergie um mehr als das 30-Fache. Ein Beben der Stärke 6 setzt rund 1.000 Mal so viel Energie frei wie ein Beben der Stärke 4. Die Energie eines solchen Bebens der Stärke 6 entspricht in etwa der Stärke der Atombombenexplosion in Hiroshima.

Früher wurde die Erdbebenstärke nach der sogenannten Richterskala bestimmt. Der US-Geophysiker Charles Francis Richter hatte die Skala 1935 speziell für Kalifornien ausgearbeitet. Die klassische Richterskala gilt jedoch bei großen Beben als nicht besonders genau. Erdbebenforscher verwenden deshalb heute modernere Magnituden-Skalen.

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