Misswahl mit dem Koran
Am 28. September findet das Finale der „Miss World“-Wahl 1000 km von Jakarta entfernt auf Bali statt, weil radikale Islamisten in Indonesiens Hauptstadt das ungläubige Spektakel mit Massenprotesten zur Hölle gewünscht hatten. Auch für den Religionsminister ist die Wahl anstößig, doch die Regierung hält daran fest, weil sie den „Ruf einer moderaten Nation nicht schädigen“ will.
Gegen schöne, kluge und fromme Frauen haben Indonesier nichts. Und so konnte Mittwochabend die „Miss Muslimah World“, ganz ohne Proteste, gekürt und im Fernsehen übertragen werden.
Die Jury, darunter auch 100 Waisenkinder, wählten die 21-jährige Studentin Obabiyi Aishah Ajibola aus Nigeria in einem wallenden Kleid zur schönsten und sehr vorbildhaften Frau.
„Gelobt sei Allah – ich hätte nie gedacht, dass ich gewinne“, sagte die zu Tränen gerührte Siegerin. „Ich widme den Preis allen Frauen in Nigeria.“ Sie bekommt umgerechnet 1600 €, darf eine Pilgerreise nach Mekka machen und wird als Botschafterin der World-Muslimah-Stiftung, die das fromme Spektakel ausrichtete, Hilfsprojekte unterstützen.
Rechtschaffen und klug
Bei der Misswahl halal mussten die hochgebildeten Kandidatinnen aus dem Iran, Malaysia, Nigeria, Brunei und Indonesien den Koran rezitieren, erklären, wie man eine gute Ehefrau und Mutter wird, anmutig und schön sein und sich in der Kunst der öffentlichen Rede üben.
Während die Proteste gegen die Miss-World-Wahl unvermindert weitergehen, sagt Eka Shanty: „Wir wollen nicht einfach Nein zu Miss World schreien. Wir wollen unseren Kindern lieber zeigen, dass sie eine Wahl haben. Willst du so sein wie die Frauen bei Miss World? Oder wie die bei Miss Muslimah?“
Ähnliche Diskussionen werden jetzt übrigens auch in Frankreich und Irland geführt. In einem Gesetz zur Gleichstellung von Mann und Frau soll ein Verbot von jeder Form von Schönheitswettbewerben für Kinder unter 16 Jahren eingeführt werden. „Wir wollen doch unsere Töchter nicht vom jüngsten Alter an glauben machen, dass sie nur wegen ihres Aussehens etwas wert sind“, sagte die Initiatorin des Verbots Chantal Jouanno von der Zentrumspartei UDI.
Miss Mini in Irland
Aus Angst vor Protesten hält die texanische Geschäftsfrau Annette Hill den irischen Veranstaltungsort ihrer ersten europäischen Miss-Mini-Wahl am Samstag geheim. „Solche Events fördern die frühe Sexualisierung von Kindern“, kritisierte Familienminister Frances Fitzgerald. „Das ist Kindesausbeutung“, warnte ein Dubliner Kinderpsychologe. Kein Verständnis für die Kritik hat Charlene Meegan, die ihre neunjährige Tochter Tori für den Wettbewerb angemeldet hat. „Jedes Mädchen träumt davon, einen Tag lang Prinzessin zu sein. Was ist daran falsch?“. In den USA sind die umstrittenen Schönheitswettbewerbe ein Milliardengeschäft, in Europa konnte Hill bisher nicht Fuß fassen. Die Show am Samstag soll das ändern.
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