Burkini-Debatte: Nonnen-Foto sorgt abermals für Aufregung

Symbolbild
Der Imam Izzeddin Elzir, der auch Präsident der Vereinigung der muslimischen Gemeinde in Italien ist, stellte das Foto auf Facebook.

Mitten in der Debatte um ein Burkini-Verbot am Strand postete er planschende Nonnen am Meer: Ein Imam in Italien hat mit einem Foto der Frauen in Ordenstracht auf Facebook viel Aufsehen erregt. Izzeddin Elzir, der auch Präsident der Vereinigung der muslimischen Gemeinde in Italien ist, stellte das Foto mit den sieben Nonnen Mitte der Woche ohne Kommentar online und bekam gleich viele "Gefällt-mir"-Angaben.

Doch dann wurde sein Facebook-Account zeitweise blockiert, wie er der Zeitung La Repubblica erzählte. "Es ist absurd, dass man in Zeiten der Dauerkommunikation so ein Foto als Bedrohung ansieht. Es lädt doch zum Nachdenken ein."

Foto war keine Grund der Deaktivierung

Nach einigen Stunden war sein Account wieder erreichbar. Facebook erklärte, es habe nichts mit dem Foto zu tun gehabt, vielmehr habe jemand gemeldet, dass sein Account gefälscht sei. Das habe überprüft werden müssen.

Was auch immer die Beweggründe waren, das Foto war am Wochenende in fast jeder italienischen Zeitung gedruckt. Er habe, was das Foto betrifft, viel Solidarität und Verständnis von Katholiken bekommen, erklärte der Imam von Florenz, der generell in Italien den Dialog mit den Religionen sucht. "Auch die islamische Frau darf sich anziehen wie sie will." Neben der Diskussion über die Vollverschleierung im Öffentlichen Raum wird in Europa derzeit über den Sinn und die Anstößigkeit von Ganzkörper-Badeanzügen - Burkinis - für Musliminnen diskutiert.

Nachdem konservative deutsche Politiker bereits seit mehreren Tagen über ein Burka-Verbot debattieren, hat Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) die Diskussion über ein Verbot von Ganzkörperverschleierungen am Donnerstag auch in Österreich wieder angefacht. In Europa gibt es ein solches bisher in Frankreich und Belgien, in den Niederlanden sind Ganzkörperschleier teilweise verboten.

Auch in den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen entbrannte vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise eine Debatte über ein Burka-Verbot. Das Schweizer Parlament lehnte ein solches hingegen bereits im September 2012 ab.

Frankreich, das sich auf eine starke laizistische Tradition beruft und in dem Staat und Religion seit jeher strikt getrennt sind, führte als erstes EU-Land bereits im April 2011 ein Vollverschleierungsverbot ein. Bis zu 150 Euro Strafe droht seitdem Frauen, die sich in der Öffentlichkeit vollständig verschleiert zeigen - entweder mit der Burka, die die Augen hinter einem Stoffgitter verbirgt, oder mit dem Niqab, der die Augen freilässt.

Nach Angaben des französischen Innenministeriums wurde seither rund 1.600 Mal ein Bußgeld verhängt, mehrfach gegen dieselben Frauen. Laut Schätzungen tragen in Frankreich rund 2.000 Frauen Niqab oder Burka, was angesichts der etwa fünf Millionen Muslimen im Land nicht viel ist.

Überblick: Die Unterschiede zwischen Niqab, Hijab, Tschador und Burka

In Belgien trat ein Niqab- und Burka-Verbot nur wenige Wochen später, nämlich am 23. Juli 2011 in Kraft. Bis zu 137,50 Euro Strafe und in Extremfällen sogar bis zu sieben Tage Haft drohen seither all jenen, die sich vollständig verhüllt in der Öffentlichkeit zeigen - egal ob aufgrund muslimischer Kleidungsvorschriften oder aus anderen Beweggründe. Auch in Belgien ist die Zahl der Niqab- und Burka-Trägerinnen laut Schätzungen verschwindend gering: Gerade einmal 300 Frauen verhüllen ihren Körper, bei einer muslimischen Gesamtbevölkerung von einer Million.

Burkini-Debatte: Nonnen-Foto sorgt abermals für Aufregung
DieNiederlandesind das bisher letzte EU-Land, das 2015 ein teilweises Verbot der Vollverschleierung eingeführt hat. Anders als in Frankreich und Belgien gilt es jedoch nur in Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen sowie in Behörden und öffentlichen Verkehrsmitteln. Premierminister Mark Rutte betonte nach Einführung des Verbots, das Gesetz ziele auf "bestimmte Situationen, in denen es von Bedeutung ist, dass die Menschen gesehen werden". Religiösen Hintergrund habe das Verbot keinen.

Schätzungen gehen davon aus, dass in den Niederlanden rund 500 Frauen Burkas und Niqabs tragen. Ihnen droht eine Strafe von bis zu 405 Euro.

In Deutschland forderten kürzlich einzelne CDU-Innenminister ein vollständiges Burka-Verbot. Sowohl Innenminister Thomas De Maiziere als auch Bundeskanzlerin Angela Merkel erteilten diesem jedoch eine Absage. Kommen könnte jedoch ein teilweises Verbot, ähnlich wie in den Niederlanden. Das Gesetz könnte jene Bereiche betreffen, wo es nötig sei "Gesicht zu zeigen", sagte De Maiziere am Freitag: "am Steuer, bei Behördengängen, am Standesamt, in Schulen und Universitäten, im öffentlichen Dienst, vor Gericht."

Auch in Estland, Lettland und Litauen wurde vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise und einer von der EU-Kommission geforderten Aufnahme von Flüchtlingen, zuletzt vermehrt über eventuelle Verbote von Burka und Niqab debattiert. Begründet wurde dies vor allem mit Sicherheitsbedenken. Laut einer Umfrage sind etwa rund zwei Drittel der Letten für ein solches Verbot. Konkrete Gesetzesinitiativen gab es seit Beginn der Diskussion vor rund einem Jahr jedoch keine.

In der Schweiz stimmte das Parlament bereits im Herbst 2012 gegen ein Verbot der Vollverschleierung in der Öffentlichkeit - allerdings nur mit knapper Mehrheit. Argumentiert wurde die Entscheidung damals mit der Unverhältnismäßigkeit eines Verbots: Es gebe kaum Frauen in der Schweiz, die sich aus religiösen Gründen völlig verhüllten, zudem könnte der Schritt dem Tourismus schaden.

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