Das Geheimnis der "Jan Heweliusz"

Die polnische Passagier-Roll-on-Roll-off-Fähre "Jan Heweliusz" wurde 1977 gebaut. Am 14. Jänner 1993 sank das Schiff auf dem Weg von Ystad nach Swinemünde.
Vor 20 Jahren sank die polnische Fähre im Sturm vor Rügen. 54 Menschen ertranken, darunter auch sechs Österreicher. Bis heute ranken sich um das Schiff zahlreiche Spekulationen.

Es war eines der schlimmsten Unglücke in der europäischen Schifffahrt - und ist vielen längst vergessen: Am frühen Morgen des 14. Jänner 1993 kentert die polnische Ro-Ro-Fähre "Jan Heweliusz" im schweren Sturm vor der Ostseeinsel Rügen. 54 Menschen ertrinken, darunter auch sechs Österreicher. Nur neun Besatzungsmitglieder überleben das Unglück. Später stellt sich heraus: Die Fähre, die nach dem Danziger Astronomen Jan Hevelius benannt war, hätte wegen Sicherheitsmängeln gar nicht auslaufen dürfen.

Anders als etwa der Kapitän der im Vorjahr gesunkenen Costa Concordia hat der Kapitän der "Heweliusz", Andrzej Ulasiewicz, die Kommandobrücke damals nicht verlassen. "Er hat den Alarm zum Verlassen des Schiffes gegeben. Bis zum Ende versuchte er, die Menschen zu retten. Das Wasser kam immer näher an die Kommandobrücke. Er stand dort vom Anfang bis zum Ende mit einem Megaphon in der Hand, gab Anweisungen, rief immer wieder auf, Ruhe zu bewahren. Als das Wasser schon ganz dicht war, bat ihn der Offizier Janusz Lewandowski um Genehmigung, die Fähre zu verlassen. Der Kapitän blieb an seinem Platz", schilderte der Chefsteward der Fähre, Edward Kurpiel, damals der Nachrichtenagentur AP die dramatischen Stunden an Bord der "Heweliusz".

Das Geheimnis der "Jan Heweliusz"

Pannenserie

Kapitän Ulasiewicz trägt - ebenso wie die Reederei "Euroafrika" - dennoch die Hauptschuld an dem Unglück: Vor dem Auslaufen der Fähre in Swinemünde soll es Probleme mit dem Mechanismus der Ladetore gegeben haben. Tatsächlich hatte die Fähre erst in der Woche davor im Hafen der südschwedischen Stadt Ystad die Kaianlagen gerammt. 1982 war das 1976 auf einer norwegischen Werft gebaute Schiff im Hafen von Ystad sogar auf die Seite gekippt, weil die Besatzung Lastwagen und Eisenbahnwaggons falsch verteilt hatte. Ein Sprecher der Polizei in Ystad erzählte damals der Nachrichtenagentur dpa, in seinen Kreisen seien über die Sicherheit des Schiffes schon immer sarkastische Witze gemacht worden. In Polen war die Fähre im Volksmund auch unter dem Namen "Jan Hawareliusz" (von Havarie) bekannt.

Das Geheimnis der "Jan Heweliusz"

Flüchtlinge an Bord?

Wenige Monate nach dem Unglück berichtet Der Spiegel, dass es bei der Schiffskatastrophe womöglich mehr Opfer als offiziell angenommen gab. In plombierten Containern sollen sich blinde Passagiere befunden haben - Asylanten aus Osteuropa und dem Nahen Osten, die illegal nach Schweden geschmuggelt werden sollten. Zöllner des schwedischen Hafens Ystadt hätten bestätigt, immer wieder bei Stichproben in Eisenbahnwaggons auf der Fähre illegale Einwanderer aufgespürt zu haben. Die polnischen Behörden dementieren den Bericht umgehend - die Spekulationen und Legenden über das Wrack der "Heweliusz" halten sich aber bis heute.

Lage des Wracks der "Jan Heweliusz"

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