Ausschlafen und Gleitzeit: Diese Schule tickt anders

Schläfrige Schüler, grantige Lehrer – das gibt's in Alsdorf nicht mehr
Im deutschen Alsdorf kommen die Schüler auch mal später – was Jugendliche, Lehrer und Eltern gleichermaßen begeistert.

Wilfried Bock ist angetan, ja, er ist sogar begeistert. Das ist nur verständlich, schließlich hört sein Telefon seit Tagen nicht mehr auf zu klingeln – und das wegen einer simplen Idee: Bock, Direktor des Gymnasiums Alsdorf, einer 46.000-Einwohner-Stadt am westlichsten Rand Deutschlands, lässt seine Schüler morgens einfach eine Stunde länger schlafen.

"Das Projekt läuft seit Anfang Februar", sagt Beck im KURIER-Gespräch; jetzt, nach der Probephase, habe man sich für eine Fortsetzung entschieden – weil es so gut angenommen werde. "Die Schüler reagieren alle positiv, und auch die Lehrer freuen sich, weil sie zum Teil nicht so früh kommen müssen", sagt er. Gelten würde die Regelung nur für die Oberstufe, also für die 16- bis 18-Jährigen; denn Grundlage des Modells seien Forschungen, wonach pubertierende Jugendliche in diesem Alter einen völlig anderen Schlafrhythmus haben als Jüngere. "Ein durchschnittlicher 17-Jähriger wacht gemäß seiner inneren Uhr um 8:15 Uhr auf", sagt Bock, dessen Projekt von der Universität München begleitet wird. Zu diesem Zeitpunkt habe aber die Schulglocke längst geklingelt – die Folge seien schläfrige und unaufmerksame Schüler in der Klasse. Darüber hinaus fördere das längere Schlafen den Wissenserwerb, sagt Bock. "Die Schüler werden durch das frühe Aufstehen um eine REM-Phase gebracht – das ist aber genau jene Zeit, in der Wissen verknüpft wird und in der man Zusammenhänge lernt."

Lerchen oder Eulen

Die Gleitzeit, eine kleine Revolution im Schulbetrieb also? Mitnichten. "Es hat sich nicht allzu viel geändert", sagt Bock; das war mit ein Kriterium für die Einführung des Modells. Schon bisher galt in der Schule ein Kurssystem, es wird nach Dalton-Pädagogik – eine Fortsetzung der Montessori-Schule – gearbeitet. Die Schüler hatten schon davor die Verpflichtung, sich ein Drittel des Lehrstoffs selbst beizubringen – ein Drittel ihrer Stunden konnten sie bei einer frei gewählten Lehrkraft verbringen. Diese Stunden können sie nun flexibler einsetzen und dafür nutzen, später zu kommen. "Sie können frei entscheiden, ob sie Lerchen oder Eulen sind."

Und die Eltern? "Die sehen das auch positiv", sagt der Direktor. "Viele meinen, wenn es in Betrieben Gleitzeit gibt, wieso nicht auch in Schulen." Da sich der Unterricht nicht in den Nachmittag verlängere und die Regelung nicht für kleinere Kinder gelte, gäbe es auch keine Betreuungsprobleme – mit diesem Argument wird die Gleitzeit für Schüler oft abgelehnt.In Falle der Alsdorfer Schule kann man durchaus annehmen, dass auch die Politik hellhörig wird – Schulen im Ausland sind es jedenfalls schon geworden: "Wir haben auch Anfragen aus Wien und Steyr", sagt Bock freudig.

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