Familiensynode: Zwei Welten prallen aufeinander

Franziskus und andere Bischöfe wollen wiederverheiratete Geschiedene zur Kommunion zulassen.
Outing eines polnischen Priesters vor dem Treffen, während Konservative auf Tradition beharren.

Mit Gebetswachen in römischen Kirchen ist die Bischofssynode zu Ehe und Familie (4. bis 24. Oktober), die heute im Vatikan beginnt, eingeleitet worden. 400 Kardinäle und Bischöfe aus aller Welt diskutieren drei Wochen lang über Fragen wie den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen und Homosexuellen, aber auch über Verhütung und Abtreibung. Österreich ist mit Kardinal Christoph Schönborn, Bischof Benno Elbs sowie dem serbisch-orthodoxen Bischof Andrej Cilerdzic vertreten.

Ein polnischer Priester war es indes, der dem Auftakt der Synode einen Trommelwirbel hinzusetzte. Nur einen Tag vor Beginn meldete sich der Vatikan-Kleriker und Vatikan-Theologe Krysztof Charamsa in einem Interview im Corriere della Sera zu Wort, indem er seine Homosexualität outete. Dabei ging er mit der Kirchenlinie hart ins Gericht. Er sei ein homosexueller Priester und glücklich sowie stolz darüber. Die Kirchenlinie der totalen Abstinenz vom Liebesleben nennt er schlicht "unmenschlich". Sein Outing bezeichnet er zudem als Pflicht gegenüber seiner Gemeinschaft, der Kirche und sexueller Minderheiten. Jeder Mensch habe das Recht auf Liebe. Und Liebe müsse von Gesellschaft und Gesetzen geschützt sowie von der Kirche gepflegt werden. "Christentum ist eine Religion der Liebe", so der Geistliche. Und: Er sei bereit, die Folgen dafür zu tragen. Der Vatikan verurteile das Outing in einer knappen offiziellen Stellungnahme als "verantwortungslos".

Papst Franziskus wünscht sich indes bei der Synode zu Ehe, Familie und Sexualität "konkrete Lösungen". Diese sollen den Umgang mit Personen stärken, deren Lebensentwurf von der kirchlichen Morallehre abweicht. Viele Gläubige setzen große Hoffnungen in einen Reformkurs des Papstes.

Aber auch wenn sich Franziskus in der Öffentlichkeit locker gibt, an der Unauflöslichkeit der Ehe mag der Pontifex genauso wenig rütteln wie am Nein zur Homo-Ehe. Ein Zeichen der Öffnung hat der 78-jährige Argentinier gesetzt, indem er den Prozess der Ehe-Nichtigkeitserklärung vereinfachte. Weiters ermahnte er Priester, im ausgerufenen Heiligen Jahr auch Abtreibung zu vergeben.

Lehre und Lebenswirklichkeit

Die Kluft zwischen kirchlicher Lehre und Lebenswirklichkeit von Gläubigen wird immer größer. Bereits bei der außerordentlichen Synode im vergangenen Herbst wurde über den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen, aber auch über gleichgeschlechtliche Partnerschaften diskutiert. Dabei sind Meinungen von Vertretern fortschrittlicher und konservativer Strömungen aufeinandergeprallt. Auch jetzt dürften die Positionen kaum zu vereinen sein.

"Im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen, die offiziell von der Kommunion ausgeschlossen sind, wird die pauschale Bewertung einer zweiten Verbindung als fortwährender Ehebruch der heutigen Lebenswirklichkeit nicht mehr gerecht", räumen Befürworter einer päpstlichen Familien- und Ehereform ein. Immer mehr Bischöfe wollen wiederverheiratete Geschiedene unter Bedingungen zur Kommunion zulassen.

Themen wie Homosexualität oder Scheidung sind dabei aber vor allem Sorgen Europas und Nordamerikas. In Afrika stehen andere Probleme auf der Tagesordnung. Angefangen von den negativen Auswirkungen der Globalisierung und Verstädterung auf Familien ist vor allem Armut bestimmendes Thema. Der Großteil der afrikanischen Bischöfe möchte keinesfalls am katholischen Ehe- und Familienverständnis rütteln.

Wiederverheiratete gehören dazu

Dass sich Papst Franziskus eine Öffnung etwa im Umgang mit Geschiedenen wünscht, machte er deutlich. "Die stärkste Aussage des Papstes dazu war, als er meinte, dass wiederverheiratete Geschiedene nicht als Exkommunizierte behandelt werden dürfen, weil sie das auch nicht sind. Die Kirche muss diese Aussage nun auch konkret in der täglichen Pastoralarbeit umsetzen", betont Vatikanexperte Francesco Antonio Grana. Personen, die sich in schwierigen Lebenssituationen befänden, hofften seit Langem auf ein klares Wort der Kirche, so Grana. Auch die österreichische Reformbewegung "Wir sind Kirche" fordert in einem offenen Brief Zeichen der katholischen Kirche, erneuerungsbereit und erneuerungsfähig zu sein.

In jedem Fall behält Franziskus das letzte Wort: Nach dem Abschlussbericht muss er den Kurs der Kirche vorgeben.

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