Fall Bulger: Kindermörder kommt frei

Fall Bulger: Kindermörder kommt frei
Sie waren gerade einmal zehn Jahre alt, als sie den zweijährigen James Bulger in Liverpool zu Tode folterten.

Der Fall löste vor 20 Jahren weltweit Entsetzen aus: Am 12. Februar 1993 starb der zweijährige James Bulger in Liverpool – entführt und zu Tode gefoltert von zwei zehnjährigen Buben. Im November 1993 wurden Jon Venables und Robert Thompson für die Tat zu lebenslanger Haft verurteilt. Mindestens acht Jahre sollten sie in Jugendarrest verbringen, mit anschließend lebenslanger Bewährung.

2001 wurden beide zu ihrem eigenen Schutz mit neuen Identitäten ausgestattet und kamen auf Bewährung frei. Im Juli 2010 kam Venables wegen Besitzes und Verbreitung von Kinderpornos wieder ins Gefängnis. Nun soll der heute 29-Jährige erneut aus der Haft entlassen werden, erklärte ein Berufungsausschuss am Donnerstag.

Tathergang

Fall Bulger: Kindermörder kommt frei
Home Secretary David Blunkett has decided June 22, 2001, after consultation with the parole board that Robert Thompson and Jon Venables, the two boys jailed in 1993 for beating two-year-old toddler James Bulger (pictured in this undated handout photograph) to death, will be released from prison. Bulger's mother Denise has campaigned to prevent the release of Thompson and Venables who are now both eighteen. REUTERS/ HO REUTERS
Denise Fergus war mit ihrem Sohn James in einem Einkaufszentrum in Liverpool unterwegs. Einen Augenblick war sie in einem Geschäft abgelenkt, und bemerkte nicht, wie ihr damals zweijähriger Sohn hinausspazierte. Videoaufnahmen von Überwachungskameras zeigten später, wie Venables und Thompson das Kind aus dem Einkaufszentrum hinausführen.

Obwohl Bulger offenbar weinte und Widerstand leistete, und Passanten nachher aussagten, er habe eine Verletzung an der Stirn gehabt, brachten die beiden Burschen es fertig, ihn unbehelligt auf ein Bahngelände zu verschleppen. Sie bewarfen ihn mit Farblack, stopften ihm Batterien in den Mund, schlugen mit Steinen und einer Eisenstange auf ihn ein. Anschließend legten sie das sterbende Kind auf die Bahngleise, wo sein Leiche zwei Tage später entdeckt wurde – sein Körper war von einem Güterzug zerteilt worden. Zu diesem Zeitpunkt war Bulger bereits tot gewesen.

Fall Bulger: Kindermörder kommt frei
Denise Fergus, the mother of murdered toddler James Bulger, and her husband Stuart Fergus, leave the Old Bailey in London July 23, 2010. One of two men convicted as children of killing two-year old Bulger 17 years ago was jailed for two years on Friday after he admitted charges of downloading and distributing indecent images of children. Jon Venables, aged 27, appearing by video link from prison, pleaded guilty to three charges at London's Old Bailey, local media reported. REUTERS/Suzanne Plunkett (BRITAIN - Tags: CRIME LAW)

Die Obduktion der Leiche ergab, dass James 42 verschiedene Verletzungen an Kopf und im Gesicht, darunter allein zehn Schädelfrakturen, erlitten hatte. Alle Verletzungen wurden ihm zugefügt, als er noch lebte, stellte der Pathologe damals fest. Außerdem wurde ermittelt, dass die Misshandlungen sich über eine Stunde dahinzogen haben mussten.

Gerichtsvefahren

Die Hauptverhandlung sorgte für enormes Medieninteresse. Nicht nur die Tatsache, dass es sich um zwei so junge Mörder handelte, die offenbar kein Motiv für ihre Tat hatten, schockierte die Öffentlichkeit. Auch, dass insgesamt 38 Passanten das Trio gesehen hatten, und das grausame Verbrechen trotzdem nicht verhindert worden war, beschäftigte die Menschen über Großbritanniens Grenzen hinaus.

Hunderte Demonstranten versammelten sich am ersten Verhandlungstag vor dem Gerichtsgebäude in Preston, manche von ihnen gingen auf das Polizeiauto los, in dem Venables und Thompson saßen. Die Familie von Venables und Thompson sahen sich mit Morddrohungen konfrontiert und mussten mit einer neuen Identität die Stadt verlassen.

Das Gericht verurteilte die beiden Jungen zu lebenslanger Haft, und legte fest, dass sie mindestens acht Jahre hinter den Gittern einer Jugenstrafanstalt verbringen sollten.

Petition

Dies empfanden viele jedoch nicht als ausreichend. Über 300.000 Menschen unterschrieben eine Petition, die vom damaligen Innenminister Michael Howard eine härtere Strafe forderte. Howard erhöhte daraufhin die Strafe auf 15 Jahre Haft. 1997 wurde diese Entscheidung vom House of Lords jedoch revidiert und als rechtswidrig aufgehoben.

Fall Bulger: Kindermörder kommt frei
UK OUT, NO MAGS SALES ARCHIVES INTERNETPAP04 - 20030203 - LONDON, UNITED KINGDOM : EMBARGOED FOR USE AFTER 00.01 MIDNIGHT TUESDAY 4TH FEBRUARY 2003. A still taken from , REAL LIFE: A FATHERS STORY to be screened Tuesday 11 February 2003 10.30 at 11.30 pm ITV1. On the tenth anniversary of the death of two-year-old James Bulger, his father Ralph Bulger (pictured) talks at length for the first time about the murder which shocked the nation, in a Carlton documentary. During the programme, Ralph visits for the first time ever the railway track where his son's body was found. He also confronts the guilt he feels at having been unable to save James and tells of his hatred still contained within him, comparing it with a "cancer". EPA PHOTO PA/-/ms

Im Oktober 2000 wurde die Mindeststrafe für die beiden Täter wegen guter Führung nochmals auf acht Jahre verkürzt, womit das ursprüngliche Strafmaß von acht Jahren wiederhergestellt wurde.

Eltern "enttäuscht und bestürzt"

Dass Venables nun erneut freikommen soll, ist für die Familie von James Bulger ein Schlag ins Gesicht. "Venables kommt frei. Ihr könnt euch nicht vorstellen, was ich erneut durchmache", twitterte James' Mutter Fergus. Der Vater des Buben äußerte sich "enttäuscht und bestürzt". Für ihn gehe "der Albtraum weiter". Venables sei ein Sexualtäter, der schon einmal getötet und klar gemacht habe, dass für ihn der sexuelle Missbrauch von Kindern der "ultimative Kick" sei.

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