"Exekution": Polizeigewalt-Video schockiert USA

Polizist erschoss einen Familienvater, Geschworene sprachen ihn frei.

Ein Video dreht Amerika den Magen um. Es zeigt den Tod des zweifachen Familien-Vaters Daniel Shaver. Und den vielleicht schlimmsten Machtmissbrauch der US-Polizei seit vielen Jahren.

Der 26-Jährige hatte in angetrunkenem Zustand in einem Hotel in Mesa/Arizona mit einem Luftgewehr hantiert. Andere Gäste alarmierten die Polizei. Die herbeigerufenen Cops beorderten Shaver, der mit einer Frau auf seinem Zimmer war, durch Rufe auf den Gang.

Von der ersten Minute an fixierte der Polizist Philip Mitchell Brailsford (27) sein späteres Opfer mit geladenem Sturm-Gewehr, während sein Kollege Charles Langley im rüden Befehlston teils widersprüchliche Anweisungen gab.

Beide Zielpersonen, erkennbar unbewaffnet, sollten sich bäuchlings auf den Boden legen, die Hände nach vorn ausgestreckt, die Unterschenkel überkreuzt. Danach wurde ihnen aufgegeben, sich auf Knien kriechend in Richtung Cops zu bewegen und die Hände dabei permanent über dem Kopf zu halten. "Wenn Du einen Fehler machst, ist es sehr wahrscheinlich, dass ihr beide erschossen werdet", heißt es an einer Stelle aus Polizeimund. Und kurz danach: "Wenn Du dich bewegst, betrachten wir das als Bedrohung und Du wirst das vielleicht nicht überleben."

Mit Nerven am Ende

Die Frau schafft es. Shaver, weinend und hörbar mit den Nerven am Ende ("Bitte, erschießt mich nicht") aber zu keiner Zeit eine echte Gefahr für die Beamten, nicht. Er lässt beim Kriechen die Hände einmal nach hinten gleiten, um sich die Hose hochzuziehen, und danach mehrmals vorne herunter, als Brailsford abdrückt. Fünf Schüsse. Shaver ist auf der Stelle tot. Nichts, kein gefährlicher Gegenstand wird bei ihm gefunden.

Die 18-minütige Video-Sequenz, aufgenommen von Brailsfords gesetzlich vorgeschriebener Körper-Kamera, datiert auf den 18. Januar 2016. Ans Licht der Öffentlichkeit kam das emotional aufwühlende Band auf richterliche Anordnung erst Ende vergangener Woche. Eine Gerichtsjury hatte den Schützen nach nur sechsstündiger Beratung vom Vorwurf des Mordes freigesprochen.

"Schrecklichste Erschießung"

In der Verhandlung sahen die Geschworenen die Aufnahmen, die aus Sicht von Polizei-Experten im US-Fernsehen an eine "Exekution" erinnern. Warum sie Brailsford nicht sofort ins Gefängnis schickten, ist Mark Geragos, Anwalt des Opfers, das zwei Mädchen (4 und 6) hinterlässt, schleierhaft. "Das ist die schrecklichste Erschießung, die ich jemals gesehen habe", zitiert das Blatt Arizona Republic den Juristen, "der tödliche Ausgang war absolut vermeidbar." Michael Piccarreta, Verteidiger des Polizisten, sagte dagegen, sein Mandant habe definitiv geglaubt, dass Shaver nach einer Waffe greifen wollte. "Er fühlte sich bedroht und hatte nur eine Sekunde Zeit, um die Entscheidung zu treffen."

Keinerlei Reue

Brailsford wurde zwei Monate nach der Tat von der Polizei entlassen. Im Prozess sagte er, er sei sich keines Fehlers bewusst: "Ich würde alles wieder so machen." Dass er an seinem zum Dienst zugelassenen Schnellfeuergewehr den Spruch "Du bist am Arsch" eingefräst hatte, verheimlichte der Richter den Geschworenen. Die Witwe Shavers will die Stadt Mesa auf Schadensersatz verklagen.

Der Freispruch für Brailsford kam zeitgleich mit einem Urteil in einem ähnlich gelagerten Fall. Michael Slager, Polizist aus South Carolina, hatte 2015 dem unbewaffneten Schwarzen Walter Scott nach einer Verkehrskontrolle in den Rücken geschossen und landesweit Proteste ausgelöst. Slager muss 20 Jahre ins Gefängnis. Brailsford ist ein freier Mann. Noch.

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