El Kaida: Eine Marke als Auslaufmodell

Was zehn Jahre nach den 9/11-Anschlägen vom internationalen Terror-Netzwerk blieb und wer es heute führt.

Es war der 9. November 2001. Der Schock nach den Attentaten in den USA knapp zwei Monate zuvor saß der westlichen Welt noch in den Knochen, als ein Video auftauchte. Osama Bin Laden, mit langem Bart und Camouflage-Jacke, bekannte sich zu den Anschlägen. Spätestens ab da kannte ihn die ganze Welt. Und jeder wusste, dass seine Organisation, die sich der Zerstörung westlicher Werte verschrieben hat, El Kaida heißt. Sie hatte sich 1998 einen Namen gemacht, als sie bei den beiden Anschlägen auf US-Botschaften in Kenia und Tansania 224 Menschenleben auslöschte. Aber jetzt, nach 9/11, war El Kaida eine Marke.

Die Anfänge

"El Kaida" heißt übersetzt "die Basis". Osama Bin Laden hat die Terror-Organisation in den späten Achtzigerjahren gegründet. Sie will die Welt "von westlichen Einflüssen säubern" und in muslimischen Ländern fundamentalistische islamische Regierungen einsetzen. Die El Kaida hat ihre Ursprünge in der internationalen muslimischen Brigade, die nach 1979 gegen die sowjetische Invasion in Afghanistan kämpfte. Sie rekrutiert, trainiert und finanziert Mudschaheddin (Heilige Kämpfer) aus Dutzenden Staaten.

Ein Hauptquartier von El Kaida gibt es in diesem Sinne nicht. In den ersten Jahren, etwa bis 1996, arbeitete das Terror-Netzwerk vor allem von Pakistan aus. Während des Taliban-Regimes in Afghanistan wanderte die Führungsriege ins Nachbarland, um in Folge des Afghanistan-Einmarsches nach 9/11 wieder nach Pakistan zu fliehen.

Heute sind die Filialen im Jemen, im Irak und in Nordafrika die wichtigsten Schaltstellen (siehe Hintergrund) . Zudem gibt es autonome Zellen in rund 100 Ländern. Etwa auch in Italien, Frankreich und Deutschland.

Die El Kaida ist auch mit anderen terroristischen Organisationen verbunden, darunter auch die Jemaah Islamiya in Südostasien, die sich etwa zu dem Anschlag in Neu-Delhi am Mittwoch bekannt hat.

Als am 1. Mai 2011 ein Sonderkommando der Navy SEALs in das Versteck des meistgesuchten Terroristen, El-Kaida-Chef Osama bin Laden, eindringt und ihn tötet, fällt der "Basis" die Spitze weg. Die Terror-Organisation war bereits geschwächt, aber durch den Tod des Terrorpaten fehlt ein wichtiger Zusammenhalt.

"Politisch irrelevant"

Zudem wurden seitdem etliche Bindeglieder der El Kaida gezielt beseitigt. Zuletzt die mutmaßliche Nummer 2, Attiyah Abd al-Rahman, am 22. August. Mit Drohnenangriffen haben die Amerikaner gemeinsam mit den Verhaftungen durch Pakistans Behörden die Führungsspitze erheblich geschwächt.

Die El Kaida als Organisation wankt. "Sie ist ganz, ganz stark geschwächt. Und es kann durchaus sein, dass sie verschwindet", sagt Terrorexperte Guido Steinberg zum KURIER. Zudem hätten die Umstürze in Tunesien und Ägypten gezeigt, "dass El Kaida politisch vollkommen irrelevant ist." Die Ideologie sei nicht mehr attraktiv, man sehe, dass ein Wandel auch anders herbeigeführt werden kann.

Publikumswirksame Aktion

Es sei fraglich, ob die Organisation das nächste Jahr überhaupt überleben kann, sagt Steinberg. Die australische El-Kaida-Expertin Leah Farrall glaubt, dass die neue Führung jetzt eine publikumswirksame Aktion braucht, um ihre Glaubwürdigkeit - und ihre heimlichen Geldgeber - nicht zu verlieren. Nach dem Tod Bin Ladens hat die Terror-Organisation Rache geschworen.

Aber, so Steinberg: "Die Ansätze in den vergangenen Monaten waren im professionellen Sinne enttäuschend." Das El-Kaida-Personal sei "nur von beschränkter Professionalität". Das liege an der Rekrutierung, deren Qualität in den vergangenen zehn Jahren stark nachgelassen habe. Er glaube nicht, dass "El Kaida eine Organisation ist, die noch jemandem Angst einjagen sollte."

Blutige Spur: El-Kaida-Terror-Anschläge

1998: Beim Doppelanschlag der El Kaida auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania kommen 224 Menschen ums Leben.

Nach 9/11: Beim Anschlag auf zwei Discos der Urlauberinsel Bali 2002 sterben 202 Menschen.

Istanbul, London, Madrid: Eine Serie von Selbstmordanschlägen in Istanbul im November 2003 fordert 62 Menschenleben. 191 Tote durch Bomben in Pendlerzügen in Madrid im März 2004, 52 Tote durch Selbstmordattentate im Londoner Verkehrsnetz.

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