Mittelmeer: 17 Migranten bei Überfahrt erfroren

Erneut schreckliche Tragödie bei Lampedusa. Italien ruft zu verstärktem Kampf gegen Menschenhändler auf.

Im Mittelmeer hat sich ein neues Flüchtlingsdrama abgespielt, das erste seit Beginn des EU-Einsatzes "Triton" unter Aufsicht der EU-Grenzschutzagentur Frontex. Die Leichen von 17 Migranten wurden 150 Seemeilen (278 km) südlich von Lampedusa geborgen. Die Migranten kamen voraussichtlich wegen Unterkühlung und Dehydrierung ums Leben, 76 Flüchtlinge konnten gerettet werden.

Die italienischen Behörden korrigierten Berichte, laut denen die Flüchtlinge wegen des Kenterns eines Schlauchbootes ums Leben gekommen seien. Einige der geretteten Migranten sind wegen Unterkühlung in kritischem Zustand und wurden mit einem Hubschrauber ins Krankenhaus von Lampedusa geflogen. Einer von ihnen erlag einem Lungenödem. Die anderen Überlebenden erreichten am Freitag den Hafen der sizilianischen Stadt Porto Empedocle. Insgesamt wurden 278 Migranten in den letzten Stunden von Schiffen der italienischen Marine vor Sizilien gerettet.

Kampf gegen Menschenhandel

Italiens Innenminister Angelino Alfano meinte, für ganz Europa müsse der Kampf gegen den Menschenhandel über das Mittelmeer prioritär sein. Alfano traf am Freitag mit EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos in Brüssel zusammen. "90 Prozent der Migranten, die nach Italien aufbrechen, stammen aus Libyen", betonte der italienische Außenminister Paolo Gentiloni. Italien sei sehr bemüht, Initiativen für die Stabilisierung der Situation in Libyen zu ergreifen.

Seit Anfang November ersetzt die Mission "Triton" Italiens Rettungs- und Hilfsprogramm im Mittelmeer. Seit dem 1. November kam es zu 47 Einsätzen zur Rettung von Flüchtlingen, berichtete Fabrice Leggeri, der ab Anfang 2015 zum neuen Frontex-Direktor aufrückt. Leggeri betonte, dass "Tritons" Aufgabe der Grenzschutz sei. Die im Rahmen der Mission eingesetzten Schiffe hätten jedoch im Einklang mit dem internationalen Seerecht die Aufgabe, Boote in Seenot zu retten.

Positive Bilanz

Die italienische Regierung zog zuletzt vor dem Parlament in Rom eine positive Bilanz des Einsatzes "Mare Nostrum", in dessen Rahmen 101.000 Migranten aus dem Meer gerettet wurden. 499 Leichen seien in einem Jahr geborgen worden. 728 mutmaßliche Schlepper wurden festgenommen, acht Schiffe wurden konfisziert. Seit Jahresbeginn seien in Italien 56.485 Asylanträge gestellt worden.

Nach Beginn der "Triton"-Mission seien die Einsätze der italienischen Marine um zwei Drittel zurückgegangen. Dadurch hätten sich die Ausgaben für Italien von neun Millionen Euro im Monat auf drei Millionen Euro verringert, für die die EU aufkommen werde, berichtete Alfano. Bis Jahresende wird "Mare Nostrum" komplett eingestellt.

Politikwechsel

Der SPÖ-Europaabgeordnete Josef Weidenholzer, Menschenrechtssprecher der europäischen Sozialdemokraten (S&D) im EU-Parlament, rief zu einem dringenden Politikwechsel auf: "Das Sterben vor den Toren Europas muss ein Ende nehmen. Wir dürfen uns an den Tod von Flüchtlingen nicht gewöhnen, sondern müssen alles dafür tun, Hilfsbedürftigen zu helfen. Such- und Rettungsmaßnahmen sind dringend zu verstärken." Weidenholzer erwartet sich vom derzeit in Brüssel stattfindenden Rat für Justiz und Inneres ein Maßnahmenpaket.

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