Der Unbequeme: Papst Franziskus in Polen

Das Religiöse ist politisch – dies gilt zumindest für den Besuch von Papst Franziskus.

Applaus von den 500.000 Pilgern brandete ihm entgegen, als das Oberhaupt der Katholiken auf dem Hellen Berg, dem Nationalheiligtum, die Polen ermahnt hatte. Maria solle den Polen das Verlangen einimpfen, nie der Versuchung zu erliegen, "sich zu isolieren und anderen ihren Willen aufzuzwingen". Doch waren die Pilger in Tschenstochau auch Franziskus’ Meinung? Denn die Anspielung des Papstes, der seit Mittwoch in Polen weilt, um mit jungen Menschen aus 187 Ländern den Weltjugendtag in Krakau zu feiern, war deutlich: Sie war Kritik an der politischen Führung in Warschau.

Durch die Weigerung, Flüchtlinge aufzunehmen, durch Eingriffe in das Justizsystem sowie Attacken gegen die Opposition steht die Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) international seit Monaten in der Kritik. Der Papst hatte bereits bei seiner Ankunft Ministerpräsidentin Beata Szydlo erklärt, es sei die "Bereitschaft zur Aufnahme derer notwendig, die vor Kriegen und Hunger fliehen".

"Einen Ausweg finden"

Bei der Messe auf dem Heiligen Berg holte sich der Argentinier im Land der Marienverehrung noch höheren Beistand. Polen solle einen "Ausweg aus dem Unrecht und den Wunden der Vergangenheit finden und eine Kommunion mit allen bilden", sagte er. Ein Sturz des Papstes auf dem Teppich hatte zuvor für kurze Aufregung gesorgt, doch der 79-Jährige dürfte sich nicht ernsthaft verletzt haben.

Bei einigen Polen scheint der Papst mit seiner Offenheit gegenüber Migranten und Minderheiten beliebt zu sein, unter einem Teil der Regierungsanhänger gilt er als "Linker" und "Grüner".

Bunt scheinen zumindest die Pilger zu sein – seit Dienstag ist die Stadt Krakau von mehreren Hunderttausend Menschen aus aller Welt bevölkert. Die Stimmung ist ausgelassen, die Gitarrendichte unter den jungen Menschen ist hoch, auch wurden schon Nonnen gesichtet, die zum Rhythmus einer afrikanischen Trommelgruppe die Hüften schwangen.

Nervöser erscheinen die Sicherheitsorgane – auch angesichts des stets volksnah erscheinenden Papstes, der mitunter spontan das Programm ändert. So entschied sich Franziskus am Mittwoch, den todkranken Kardinal Franciszek Marchawski im Krankenhaus aufzusuchen. Zudem ist das Papamobil offen – ein heranstürmender begeisterter Priester wäre darum beinahe von den Bodyguards angeschossen worden.

Straßenbahnfahrt

Zum Hellen Berg reiste Franziskus statt per Helikopter in einem VW Golf, der nur fünf Liter auf 100 Kilometer verbraucht. Zur Messe auf den Blonia-Wiese am Donnerstagabend demonstrierte er Umweltbewusstsein und Bescheidenheit mit einer Straßenbahnfahrt, zusammen mit jungen Behinderten.

Vor allem die polnischen Pilger versammelten sich am Mittwochabend vor dem "Papstfenster" des Bischofspalastes und leuchteten ihm mit ihren Smartphones entgegen– eine Tradition, die Papst Johannes Paul II. begründete, der Patron und Erfinder des katholischen Massenereignis. Damals wurden noch Kerzen gehalten. "Wir sind gerührt!", so viele junge Polen. Denn Franziskus gedachte am Fenster des jungen Helfers Maciej Ciesla, der am zweiten Juli mit 26 Jahren starb. Ciesla schmiss im letzten Jahr seinen Job als Grafiker, um den Weltjugendtag vorzubereiten, er soll für die wichtigsten Entwürfe verantwortlich gewesen sein.

Am Freitag besucht der Papst Auschwitz, 300.000 junge Pilger begleiten ihn.

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