Pamplona – der Tod läuft mit

Auch viele Touristen nehmen am Rennen teil
1,5 Millionen Touristen feiern acht Tage in der spanischen Stadt.

Die Holztore öffnen sich. Durch den Rauch der traditionell abgefeuerten Rakete stürmen die Stiere, die Glocken um ihren Hals läuten dumpf. Die Tiere biegen um die Ecke, 700 Kilogramm Muskelkraft treffen auf hunderte weiß gekleidete junge Männer. Einige rennen rückwärts. Für die meisten gibt es aber nur eine Richtung: Vorwärts, weg von den spitzen Hörnern der zehn Stiere. Sie rennen, drängen sich an die Wände der engen Straße im Herzen von Pamplona. Schreie vermischen sich mit dem Glockenläuten. Wer hinfällt, wird überrannt oder aufgespießt. Vereinzelt wendet sich ein Stier einem Läufer zu. An wem die Stiere vorbei sind, der heftet sich wieder an deren Fersen. Nun treiben die Menschen die Stiere. Weniger als drei Minuten dauert es, die 825 Meter lange Strecke zurückzulegen. Es brauchte nicht mehr als diese drei Minuten, um drei Schwerverletzte zu verursachen.

Am Freitag, dem ersten Tag des achttägigen Festivals in Pamplona wurden drei Männer schwer verletzt. Zwei Amerikaner wurden aufgespießt, am Bauch und am Hodensack. Der Dritte, ein 46-jähriger Spanier, ist nach Verletzungen an Kopf und Bein noch in einem kritischen Zustand. Für den spanischen San Fermin ist das Alltag. Jedes Jahr gibt es mehrere Dutzende Verletzte.

"Fest für die Familie"

Seit 1591 finden die "Encierras" vom 6. bis zum 14. Juli in Pamplona statt. Jeden Morgen versammeln sich Hunderte Läufer - und auch immer mehr Läuferinnen - auf der Suche nach dem ultimativen Adrenalinkick. Für viele Teilnehmer ist es ein einmaliges Erlebnis. So auch für die Stiere. Für sie endet der Lauf in der Arena, durch den Degen eines Torreros.

Das blutige Schauspiel sei "ein Fest für die ganze Familie", sagt Joseb Asirón , Bürgermeister von Pamplona. Was daran familientauglich sei oder Spaß mache,wollte er nicht erklären. Das muss er scheinbar auch nicht. Jährlich pilgern mehr als 1,5 Millionen Touristen nach Pamplona -und damit siebenmal so viel, wie in der spanischen Stadt wohnen. Die Anwohner verlassen die Stadt oft– nicht nur wegen des Gegröles und des Alkoholgelages, sondern weil sich Wohnungen mit Balkonen entlang der Strecke lukrativ vermieten lassen. Zwischen 70 und 140 Euro kostet ein derartiger Platz während des Festivals.

Ende in Sicht?

Genauso wie die Schaulustigen sind Proteste Teil der Feierlichkeiten. Tierschutzorganisationen protestieren gegen die ihrer Meinung nach sinnlose Tötung Dutzender Stiere. Immer mehr spanische Städte verbieten Stiertreiben und Kämpfe. In Pamplona ist davon offiziell vorerst nicht die Rede. Die nordspanische Stadt lebt von dem Volksfest - kulturell und finanziell.

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