Dalai Lama: "Wahrheit ist stärker als Waffen"

Dalai Lama: "Wahrheit ist stärker als Waffen"
Das geistliche Oberhaupt der Tibeter ist in Wien. Am Samstag lädt er zur Solidaritäts-Kundgebung.

Es wird still im Raum. Man hört nur noch die Blitzlichter der Fotografen, die den leeren Türrahmen fotografieren, durch den gleich "seine Heiligkeit" gehen soll. Mit fast einer Stunde Verspätung kommt dann der Dalai Lama mit dem tibetischen Exil-Premier Lobsang Sangay zur Pressekonferenz im Wiener Hilton Hotel. In der Lobby empfangen ihn Fans und Schaulustige. Nach einer herzlichen Begrüßung für seinen Freund, den Journalisten Heinz Nußbaumer, der die Pressekonferenz leitet, zieht der Dalai Lama seinen Premier an der Hand vor die Mikrofone.

Der "Boss" des Dalai Lama

"Der hier ist in Indien geboren", sagt das geistliche Oberhaupt der Tibeter stolz, immer noch Sangays Hand haltend. Der 77-Jährige tätschelt den 33 Jahre jüngeren Premier wie einen Sohn, spricht aber in höchsten Tönen von ihm. "Politisch gesehen – ist er mein Boss", sagt der Dalai Lama kichernd. 2001 hat er sich politisch zurückgezogen, Lobsang Sangay ist seit 2011 der gewählte politische Führer, der "Kalon Tripa", Tibets. "Aber spirituell gesehen – bin ich sein Boss", lacht der Dalai Lama. Es ist keine normale Pressekonferenz, das ist nach wenigen Augenblicken klar.

Bevor das Podium sich den Fragen der Journalisten stellt, plaudert der spirituelle Führer der Tibeter über seine Vorstellung vom Leben: "Ich bin nur ein Mensch unter sieben Milliarden", sagt er. "Wir sind soziale Wesen, erzählt er den rund 80 Menschen im Raum, die alle mucksmäuschenstill sind. Das Wohl des Einzelnen sei immer von der Gemeinschaft abhängig, schließlich sei jeder nichts als ein Teil des Ganzen.

Die Persönlichkeit und der Humor des Dalai Lama erfüllen den Raum, ein Blick in die Gesichter der Zuhörer verrät repräsentativ, wie viel Sympathie ihm die Österreicher entgegenbringen. Doch er sei nur ein einfacher buddhistischer Mönch, der versucht, die Harmonie zwischen den Religionen zu verbessern, die "alle gemeinsame Ziele verfolgen: Mitgefühl, Zuneigung, Toleranz, Selbstdisziplin und Genügsamkeit."

Bald geht es auch um die politische Situation in Tibet, zu der sich der Dalai Lama zwar äußert, aber immer wieder auf Premier Sangay verweist. Tibet verfolge immer noch eine streng gewaltfreie Politik, sind sich beide einig. "Die Macht der Wahrheit ist stärker als die der Waffe", sagt der Friedensnobelpreisträger. Vielleicht erreiche man mit der Waffe sein Ziel schneller, aber die Wahrheit sei nachhaltiger. Der Premier weist mehrmals auf die "unerträgliche Lage der Menschen in Tibet" hin (siehe Interview). Um auch in Österreich darauf aufmerksam zu machen, findet am Samstag um 14.30 Uhr auf dem Heldenplatz eine Solidaritätskundgebung statt, bei der auch der Dalai Lama und Lobsang Sangay auftreten werden.

Treffen mit Politikern

Dalai Lama: "Wahrheit ist stärker als Waffen"

Gestern Nachmittag traf der Friedensnobelpreisträger mit Außenminister Spindelegger am Rande der Veranstaltung in der Stadthalle zusammen. Bundeskanzler Werner Faymann will den Tibeter am Wochenende empfangen. China hatte vor Kurzem österreichische Politiker gebeten, keinen Kontakt mit dem Dalai Lama herzustellen. Das sei "nicht nützlich".

Eine Rückschau des Dalai-Lama-Besuchs finden Sie hier.

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