In Nazi-Uniform zum Volksfest

In Nazi-Uniform zum Volksfest
Bei einem Heimatfest-Umzug in Colmnitz wurden auch Wehrmachtsuniformen getragen.

Nazi-Uniformen auf einem Umzug? In Österreich unvorstellbar. Im deutschen Sachsen gerade geschehen. Wie Spiegel online berichtet, marschierten am Sonntag im sächsischen Örtchen Colmnitz Vertreter von Militaria-Verbänden anlässlich des "Schul- und Heimatfestes 2016" in Wehrmachtsuniformen mit Hakenkreuzen und Fahrzeugen, die in Tarnfarben besprüht waren. Auf den Fahrzeugen waren Maschinengewehre montiert.

Fotografisch festgehalten wurde die Szenerie von Marcus Fischer, der Fotos davon auch via Twitter teilte. Gegenüber Spiegel online sagte er: "Manche der Schaulustigen haben die Militaria-Fans eher bejubelt und beklatscht." Er selber wurde von manchen Teilnehmern angeblich als Vertreter der "Lügenpresse" beschimpft.

Dürfen die das denn?

Wie in Österreich, ist auch in Deutschland das Zeigen des Hakenkreuzes im öffentlichen Raum verboten. Das war dem Verein, der das Fest organisierte, offensichtlich egal. Oder sie sind stolz auf eine ihrer bekannten Persönlichkeiten, wie Spiegel online mutmaßt. Denn mit Horst Böhme hat der Ort im "Dritten Reich" einen Oberführer der Schutzstaffel sowie Befehlshaber der Sicherheitspolizei in Prag hervorgebracht. Fakt ist, auf der Website des Vereins beschreiben die Mitglieder, ihr Ziel die "Heimatpflege, Heimatkunde und Heimatgeschichte sowie das heimatliche Brauchtum zu fördern und zu pflegen".

Hintergrund

Eigentlich wurde am Sonntag in Colmnitz nicht etwa das Militär oder die Nazi-Vergangenheit gefeiert. Gefeiert wurde anlässlich von 110 Jahren Rassegeflügelzuchtverein, 110 Jahren Rassekaninchenzüchterverein, 110 Jahren Freiwilliger Feuerwehr sowie 850 Jahre Kirche Colmnitz. Organisiert wurde der Festumzug vom Heimatverein Colmnitz, der unter anderem Militärvereine dazu eingeladen hatte. Prinzipiell müssen Nazi-Symbole wie Hakenkreuze nach Angaben der Polizei auch zu historischen Umzügen zumindest abgeklebt sein.

Ermittlungen

Nun ermittelt die Polizei wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Grundlage bilden Fotos und Medienberichte, nach denen ein als Wehrmachtssoldat verkleideter Mann beim historischen Festumzug zum "Schul- und Heimatfest" im Ort am Wochenende einen Koffer mit Hakenkreuz getragen hat. Die Ermittlungen erfolgten zunächst gegen Unbekannt, sagte ein Polizeisprecher am Montag. Vom zuständigen Veranstalter des Dorffestes, dem Heimatverein Colmnitz e.V., gab es bislang keine Stellungnahme.

Der bekannteste Bewohner des Ortes ist laut Zeit Horst Böhme, ein SS-Obersturmführer. Er war ein enger Mitarbeiter von Reinhard Heydrich, dem Chef des SS-Sicherheitsdiensts, wurde 1939 zum Sicherheitschef der Polizei in Prag und war in der Folge an der Deportation von jüdischen Studenten beteiligt.

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