USA

Boston, "die starke Stadt", hat überlebt

Der Anschlag auf den Marathon von Boston ist ein Jahr her. Dschochar Zarnajew wartet auf seinen Prozess.

Boston Strong" - was mit einem T-Shirt-Aufdruck begann, ist zum Synonym geworden: Dafür, dass sich die Stadt nicht unterkriegen lässt. Genau ein Jahr nach dem Anschlag auf den stets am Tag der Patrioten stattfindenden Marathon gedenken die Menschen mit einer Schweigeminute der Opfer. Drei Leute starben beim Anschlag, rund 260 wurden verletzt, viele verloren Gliedmaßen.

Der Marathon lief am 15. April 2013 schon vier Stunden und neun Minuten lang, als die erste Bombe hochging. Die Brüder Dschochar und Tamerlan Zarnajew hatten Sprengsätze in ihren Rucksäcken versteckt, zusammengebastelt aus Kochtöpfen, Schwarzpulver und Splittern. Sie stellten die Taschen ab und ließen die Bomben hochgehen. Als das Chaos seinen Lauf nahm, waren die beiden jungen Männer längst untergetaucht.

Bild: Ein Vergleich 2013 und 2014

Es dauerte Tage, bis die Polizei auf die richtige Spur kam. Wiederholt gerieten die Ermittler auf die falschen Schliche, weil Tausende am Tatort geschossene Handybilder als Hinweise eingereicht wurden. Doch die Überwachungsbilder eines Geschäfts filmte die Brüder samt ihren Rucksäcken.

Tamerlan (links) und Dschochar Tsarnajew

Die Folge war eine Verbrecherjagd sondergleichen. Dschochar und Tamerlan wurden von der Polizei drei Tage nach dem Anschlag entdeckt, sofort lieferten sie sich eine brutale Verfolgungsjagd. Auf der Flucht erschossen sie einen Polizisten und entführten einen Unbeteiligten samt seinem Auto.

Tamerlan, der ältere Bruder, wurde von der Polizei angeschossen. Er starb, als Dschochar ihn beim Versuch zu fliehen, mit dem Wagen überfuhr. Ab da war der damals 19-Jährige auf sich allein gestellt. Das Großeinsatz-Kommando der Polizei drehte in der Kleinstadt Watertown jeden Grashalm um auf der Suche nach dem jungen Mann. Der Vorort wurde komplett abgeriegelt, aus der Festung konnte niemand raus noch rein. Ein Nervenkrieg für die Verfolger und den Verfolgten.

Schließlich wurde Zarnajew schwer verletzt und verschanzt gefunden: Ein Hausbesitzer hatte Blutspuren an seinem im Vorgarten aufgebockten Boot entdeckt und die Polizei alarmiert. Ein Roboter tastete sich schließlich an das Boot heran - man wusste nicht, ober der aus Tschetschenien stammende Mann noch bewaffnet war. Als er schließlich abgeführt wurde, herrschte große Erleichterung.

Watertown: Vergangenes Jahr eine Festung (oben) und heute

Heute ist Dschochar Zarnajew 20 Jahre alt und sitzt im Bundesgefängnis Fort Devens in Massachusetts ein. Sein Prozess soll am 3. November beginnen, das US-Justizministerium strebt die Todesstrafe an. Der Bundesstaat Massachusetts hatte die Todesstrafe 1982 zwar abgeschafft, das Verfahren gegen Zarnajew läuft aber vor einem Bundesgericht in Boston. Die Verteidigung könnte US-Medien zufolge versuchen, die Tat vor allem dem verstorbenen Tamerlan zur Last zu legen. Der ältere Bruder soll mit radikalen Islamisten in Kontakt gestanden haben, die US-Behörden hatten ihn bereits 2011 wegen möglicher Terrorverbindungen im Visier. Dschochar Zarnajew werden insgesamt 30 Anklagepunkte vorgeworfen, darunter der Gebrauch einer "Massenvernichtungswaffe". Bei seinem ersten Auftritt vor Gericht im Juli 2013 erklärte er sich für nicht schuldig.

Der diesjährige Marathon in Boston findet eine Woche später statt, unter strengen Sicherheitsmaßnahmen. Bereits am Montag wurde ein Charity-Lauf absolviert. Viele der letztjährigen Teilnehmer liefen mit.

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